Einfach Rockmusik | Alltagsfeingeist | Mehr ist mehr 3 x neue Musik aus Berlin: LeVent, Bonaparte und 2Raumwohnung

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zuammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Juni 2017…

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zuammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Juni 2017…

LeVent: LeVent

© Joe Dilworth
Bei all den hippen und progressiven Sound- und Song-Experimenten, die unsere Stadt zur kreativen Wundertüte macht, die sie nun mal ist, bereitet ein Stück weitestgehend traditionelle Gitarrenmusik doch einen angenehmen Kontrapunkt. LeVent bestehen aus der ursprünglich aus den USA stammende Wahlberlinerin Maryna Russo (bisher u.a. Jawbones und Hit) am Bass, Heike Rädeker (Ex-18th Dye) am Gesang und Frank Neumeier hinter den Trommeln und spielen versiert referenzangereicherten Indierock, den sie selbst, so munkelt man, „Dream Severe Space Doom“ nennen, was auf alle Fälle viel spannender klingt und doch mehr nach Hauptstadt. Trotzdem: Die elf Songs des selbstbetitelten Debütalbums, dem lediglich eine vier Tracks starke, auf Kassette veröffentlichte EP vorausgegangen ist, pfeifen aufs Experiment und machen richtig, was richtig zu machen ist: knarzend mahlender Gitarren-Sound, solides Songwriting, starke Stimmung. Cool.

Bonaparte: The Return Of Stravinsky Wellingston

© Melissa Jundt
Weniger ist mehr, das git auch für das neue, tatsächlich bereits fünfte Album von Tobias Jundt alias Bonaparte: Statt tolldreister, regenbogenbunter Zirkuszauberstückchen zwischen Punk und Vaudeville zelebriert das zumindest im Titel gewohnt-geliebt gespreizte „The Return Of Stravinsky Wellingston“ die Kunst der feingeistigen, feingliedrigen Songschreiberei. Oder wie es Jundt selbst ausdrückt: „Meine bisherigen Platten waren vor allem für die Nacht konzipiert, diese passt zu allen Situationen des Alltags“. Wobei dieses Statement die Idee anklingen lässt, die Platte sei vielleicht etwas für nebenbei und zwischendurch. Das Gegenteil ist der Fall, nicht nur wegen kluger, unprätentiös frischer Texte über Themen wie Liebe auf Entzug oder Sex ohne Anfassen, sondern auch wegen der im besten Wortsinn leisen Töne, die es anschlägt. Bonaparte ganz leise – sicherlich eine der Überraschungen des Berliner Musikjahres. Live am 20.10.2017 im Festsaal Kreuzberg!

2Raumwohnung: Tag und Nacht

© Astrid Grosser
Weniger ist mehr, das git auch für – pah, Pustekuchen! Aber wo wir schon bei der Dichotomie von Tag und Nacht sind, die liegt auch dem jüngsten Album von 2raumwohnung zugrunde. Doch wo Tobias Jundt sich um einen Perspektivwechsel bemüht, machen Inga Humpe und Tommi Eckart einfach – beides. Zweimal zehn Stücke finden sich auf den zwei Scheiben von, genau  „Nacht und Tag“, das nach einem Abstecher zum Major nun beim hauseigenen Label It Sounds erscheint. CD1 beinhaltet dabei die clubbigeren „Nacht“-Versionen, während die gemeintauglicheren „Tag“-Versionen.auf CD2 untergebracht sind. Das führt zu einigen wirklich hübschen Überraschungen, wenn beispielsweise das eigentlich recht stramm gebürstete „Lucky Lobster“ (mit UMAMI!) zu einer sommerlichen Schunkelnummer wird, während andere Tracks, etwa der sexy augenzwinkernde Hit „Ich bin die Bass Drum“ („…du bist der Bass“!!), Nacht-Nummern bleiben. Das ist spannend, verlangt aber auch nach einer Menge Zeit. Aber hey, sind ja bald Sommerferien!