Interview mit einer Schauspielschülerin der renommierten Ernst-Busch-Schule „Atmen ist die Lösung für alles“

Die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ hat zahlreiche Schauspieler hervorgebracht. Wir haben mit Schauspielstudentin Sonja Viegener über ihre Schule gesprochen.

© Hendrik Rohling
Stars wie Jan Josef Liefers, Nina Hoss oder Lars Eidinger brachte sie hervor – die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ (HFS). Wie man an die Schule kommt und was einen dort erwartet, haben wir Sonja Viegener (23) gefragt. Sie studiert im zweiten Jahr Schauspiel.  

Wann hast du erkannt, dass Schauspiel dein Ding ist?

Ich stand schon früh und gerne auf der Bühne. Mit fünf habe ich angefangen, Ballett zu tanzen. Einmal habe ich zu meiner Mutter gesagt, dass ich Kommissarin werden will. Sie meinte, Kommissarin sei ein langweiliger Beruf. Aber was wäre denn mit Schauspielerei? Dann könne ich Kommissarin spielen und vieles andere. Sie hat mich im Grunde auf den Weg gebracht. Später habe ich Schultheater gespielt. Richtung Abi lief es immer mehr darauf zu, dass ich das sogar studieren wollte.

Und dann wolltest du nach Berlin?

Zuerst nicht. Nach dem Abi bin ich aus dem Sauerland nach München gezogen. Ich hab mich erst dort und dann auch in anderen Städten beworben – ohne Erfolg. Nach zwei Jahren habe ich gemerkt, es reicht jetzt. Ich war aber noch an der „Ernst Busch“ in der Endrunde. Wenn es nichts geworden wäre, hätte ich nie wieder vorgesprochen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, hier in Berlin zu sein. Von der Stadt her, aber auch von der Schule.

Von über 1000 Bewerbern werden nur 25 genommen. Da braucht es schon viel Talent?

Die Talentfrage ist, glaube ich, relativ. Wille und Ehrgeiz zählen.

© Jan Hellerung
Mit welchen Texten hast du überzeugen können?

Ich habe Maria Stuart, Petra von Kant und die kleine Hushpuppy aus dem Kinofilm „Beasts of the Southern Wild“ dargestellt. Diese drei starken, aber ganz verschiedenen Frauenrollen zu spielen, hat Spaß gemacht.

Man muss auch etwas vorsingen. Wie entscheidend sind musikalische Fähigkeiten?

Wir haben an der Schule im zweiten Jahr Einzelunterricht in Musik und erarbeiten die Lieder mit dem Dozenten szenisch und musikalisch. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, sich auch musikalisch auf der Bühne zu präsentieren. Man muss aber nicht gut singen können, um angenommen zu werden. 

Zu den Fächern an der Schule gehören auch Fechten und Akrobatik. Wie körperlich fordernd ist der Unterricht?

Total! Diese Fächer sind die Grundlage für die Szenenarbeit auf der Bühne, aber auch ein guter Ausgleich. Der Körper ist letztendlich das Instrument eines Schauspielers. Ich persönlich liebe das Bühnenfechten. Es ist wie eine Konversation ohne Text. Bei Akrobatik geht es um das Vertrauen zum Partner und darum, die Angst vor dem Raum, vor dem Boden und allen anderen Gefahren zu verlieren.

Du stehst bereits regelmäßig mit erarbeiteten Szenen vor Publikum auf der Bühne. Wie wichtig sind diese Auftritte? 

Das Publikum ist echt wichtig. Das ist der Spielpartner, der in den Proben fehlt. Man teilt einen Konflikt mit und bekommt immer etwas zurück.

Hast du vor solchen Auftritten Lampenfieber?

Ja, immer knapp vorher geht es los. Eine Einheit Tai-Chi hilft und die richtige Atemtechnik. Atmen ist ohnehin die Lösung für alles. Ein Stück, was man spielt, ist im Grunde eine Atemübung.

Wie bereichernd ist das kreative Umfeld mit den angehenden Theater-Regisseuren, -dramaturgen, Puppenspielern und Tänzern an der Schule?

Ganz toll. Leider studieren alle verteilt in Berlin. Wir kommen häufig gar nicht zusammen.

Das soll sich bis 2018 mit dem neu entstehenden Zentralcampus in der Zinnowitzer Straße ändern.

Die Schule rückt näher zusammen. Das ist ohnehin die Zukunft für das Theater, dass sich die unterschiedlichen Disziplinen vereinigen. Wie toll es doch wäre, sich schon an der Schule auszutauschen. Ich werde dann schon fertig sein, aber ich gönne es den Studenten.

Wodurch lässt du dich jenseits des Unterrichts inspirieren?

Alles inspiriert einen. Gerade das Beobachten. Da muss man nicht nur ins Theater gehen. Oft ist es viel schöner, die Straße, die Menschen allein in Schöneweide zu beobachten. Die Leute, die hier herumlaufen – großartig!

Du bist im zweiten Studienjahr. Vier Jahre dauert die Ausbildung. Denkst du schon daran, was danach kommt?

Ich darf ja träumen und würde gerne an die Schaubühne hier in Berlin. Eventuell klappt das schon im dritten Jahr, wenn wir am Theater spielen dürfen. Dort fasziniert mich das Tanztheater. Leider kommt das an der Schule ein wenig zu kurz. Straßentheater wäre das krasseste, was ich ausprobieren möchte. Da bleibt niemand stehen, weil er 50 Euro für eine Theaterkarte gezahlt hat. Du musst die Leute halten.

Zahlreiche Absolventen der HFS wie etwa Simone Thomalla, Mark Waschke oder Devid Striesow haben später auch als Film- und Fernsehschauspieler reüssiert. Wie sehr reizt dich die Filmbranche? 

Theater und Film zu vereinbaren ist, glaub ich, nicht so einfach. Ich hab bisher keine Erfahrungen mit Film gemacht, würde es aber gerne ausprobieren. Es ist Luxus neben einem Theaterengagement noch zu drehen. 

Matthias Schweighöfer hat nach einem Jahr die Ausbildung an der HFS abgebrochen aus dem Gefühl heraus, ihm würde die Zeit wegrennen. Wie beurteilst du das?

Das Entwickeln einer Szene – wenn man das jetzt so vergleichen kann – dauert im Theater viel länger als beim Film. Die Schauspielkunst, zu verstehen, zu lernen und auszuführen, braucht Zeit. Wenn man für vier Jahre an die Schule geht, sollte man sich klar sein, dass man Ups und Downs erlebt. Es ist nicht nur cool. Man muss sicher sein, dass man das machen möchte, sonst steht man es nicht durch.

Info: Am 7. Mai veranstaltet die HFS einen Tag der offenen Tür. Ein Programm findet sich unter www.hfs-berlin.de

Interview: Hendrik Rohling