urbanite präsentiert: Beatsteaks in Leipzig und Dresden 2018 Beatsteaks im Interview: „Viele Songs sind Polaroids von Momenten, die sich gut angefühlt haben“

Bevor sie den Osten im Frühjahr und Sommer in Schutt und Asche spielen, haben wir mit Sänger Arnim Teutoburg-Weiß über das Dies und Das der Beatsteaks gesprochen.

Sie sind wieder auf Tour, die Beatsteaks. Diesmal haben sie ihr achtes Studioalbum „Yours“ im Gepäck und zudem gleich noch TURBOSTAAT als Support im Koffer. Bevor sie am 13. April die Arena Leipzig und am 22. August den Alten Schlachthof Dresden in Schutt und Asche spielen, haben wir mit Sänger Arnim Teutoburg-Weiß über das Dies und Das der Beatsteaks gesprochen.

© Timmy Hargesheimer

Leipzig – hier wart ihr schon oft. Erst letztes Jahr im Conne Island, dieses Jahr mit dem 2. Teil eurer Tour im April dann wieder in der Arena. Wie bereitet ihr euch mental auf so einen Auftritt vor und was macht mehr Spaß – große oder kleine Location?

Wir sind in der glücklichen Lage, beides machen zu können und das macht auch total viel Spaß. Im Kleinen kann man ein bisschen mehr aus dem Geschichtsbuch spielen und mal Songs zeigen, die jetzt nicht unbedingt

Singles sind. Oder eben ganz, ganz alte Sachen. Und in der großen Halle kommt es ein bisschen mehr auf die Dynamik der Setliste an, finde ich. Da dauert es immer eine Weile, bis alles bei den Leuten ankommt. Und deswegen spielt man da auch ein bisschen anders. Aber auch das ist eine Disziplin, die eine totale Herausforderung ist und echt Spaß macht. Wenn ich das jetzt zurückschraube als Sänger von den Beatsteaks, habe ich da keinen Favoriten. Beides ist sehr unterschiedlich, aber sehr herausfordernd und toll.

Also geht es in der großen Halle eher darum, Stimmung machen zu „müssen“?

Naja, da sind wir ein bisschen verwöhnt, sag ich mal. So ein Beatsteaks-Konzert spielt sich zu 50 % auch im Publikum ab. Von daher ist es immer toll, was da so bei unseren Konzerten passiert. Ich muss jetzt nicht so den mega Animateur machen. Das ist eigentlich oft schon von alleine ziemlich heftig.

Das liegt aber vermutlich auch daran, dass ihr direkt ab der ersten Sekunde von Null auf Tausend geht, wenn ihr auf die Bühne kommt.

Ja, das kommt wahrscheinlich aus unseren Punk-Tagen. „Keine Gefangenen machen!“ war glaube ich der erste Spruch, den wir uns gesagt haben vor Konzerten.

© Paul Gaertner

Nun sind ein paar Tage vergangen seit der Veröffentlichung eurer 8. Platte „Yours“ (erschienen am 01.09.2017). Die Euphorie über dieses doch sehr experimentelle Werk war groß. Kann man damit rechnen, dass es in ähnlicher Arbeitsweise weitergeht, was die Kooperation mit diversen Künstlern und Produzenten angeht? Gibt es schon Pläne? 

Nee, wir haben da eigentlich noch keine Pläne. Wir sind immer noch dabei, unsere zuletzt gemachte Platte live selbst zu entdecken. Wir spielen z.B. gerade „Summertime“ und „Yours“ im Proberaum und das macht total Spaß. Unsere Platten sind ja immer eine Reaktion auf die davor. Von daher wird die nächste mit „Yours“ gar nichts zu tun haben.

Also ist es wirklich immer so, dass ihr mit jedem fertigen Album einen Cut macht?

Auf jeden Fall. So haben wir das eigentlich immer gemacht. Deswegen sind unsere Platten ja auch so

unterschiedlich. Beatsteaks-Musik wird sich bei der nächsten Platte wieder irgendwie anders anfühlen und auch Leute verschrecken und dazugewinnen. Das gehört bei uns immer irgendwie dazu. Ich weiß, dass wir es den Leuten, die uns total mögen, nicht immer einfach machen. Aber deswegen kann man bei uns eben immer eine ganze Menge entdecken – denk ich mal.

Ja, man muss sich aber auch als Fan von bestimmten Erwartungen freimachen, um ein neues Album der Lieblingsband anzuhören.

Ja, wahrscheinlich. Bei den Ramones hat man immer genau das gekriegt, was man erwartet. Bei uns ist es eben ein bisschen anders. Ich kann den Leuten auf jeden Fall versichern, dass alles, was wir machen, mit vollem Herzen und vollster Überzeugung ist. Und dann ist es auch okay, wenn es den Leuten wichtig ist zu sagen, dass ihnen eine Platte nicht so gut gefällt. Auch das ist toll. Für mich zählt immer das Wichtige. Die Leute konzentrieren sich immer sehr auf negative Sachen. Das finde ich ein bisschen komisch. Es ist doch toll, wenn wir mal für irgendjemanden ganz wichtig waren. Das ist doch Hammer (lacht), dann haben wir unseren Job getan. Das heißt ja nicht, dass man ein Leben lang wichtig für jemanden ist, sondern manchmal waren wir eben für irgendeinen Zeitpunkt einen Sommer lang durch einen unserer Songs wichtig.

Hauptsache ihr bleibt euch wichtig, oder?

Ja, auf jeden Fall. Und damit haben wir schon genug zu tun (lacht). Wir sind alle Väter und haben auch noch ein privates Leben und müssen es für uns selber spannend halten. Weil: nichts ist schlimmer als ein Alltag.

Hört das Songschreiben eigentlich jemals auf, z.B. zwischen Album-Release und dem Live-Spaß, oder rattert im Hinterkopf immer irgendwie dieses Songmonster und spuckt Ideen aus?

Thomas und Bernd machen immer einfach Musik, also konstant. Bei Torsten, Peter und mir passiert das eher so in Phasen, wenn wir uns dann denken: „Wir müssen jetzt mal wieder Musik machen“. Das ist also bei jedem unterschiedlich. Aber das ist auch das schöne an einer Band. Wir sind ja eher so eine Ostler-Demokratieband und deshalb ist es oft nicht so einfach, weil wir wirklich viel diskutieren. Aber die Vorteile sind eben, dass jeder auf seine Weise für die Sache ganz viel macht. Wenn dann zum Beispiel so eine Phase losgeht, in der man mal wieder ein paar neue Lieder machen müsste, dann drücken Peter und Torsten meistens schon auf Play, um uns ihre Demos vorzuspielen. Ich komme jetzt gerade zum Beispiel mit Ideen für die Live-Shows in den Proberaum. So versuchen wir gegenseitig die Stärken des anderen zu nutzen. 

Wie kritisch ist man selbst, wenn man einen fertigen Song anhört? Achtet man sehr auf Details oder muss man den Perfektionismus schlicht und ergreifend ablegen, um einen Song im Ganzen betrachten zu können?

Im Proberaum achte ich sehr auf die Gesangstechnik. Live zählt für mich noch eine andere Ebene. Ich bin nicht nur da, um alles richtig zu singen. Da kommt dann wieder der Punker in mir durch. Bei einem Konzert sind für mich viele andere Aspekte wichtig, als immer alles richtig machen zu müssen – denn das wäre zu langweilig. Ich glaube, wenn man gut probt, dann kann man das live auch gut zelebrieren.

Also ist ein Song quasi nie fertig?

Nee, Songs sind nie fertig. Unsere Songs sind Polaroids von Momenten, die sich gut angefühlt haben. Gerade bei uns wachsen Songs mit den Live-Auftritten über sich hinaus. Wir sind jetzt nicht so eine gute Plattenband (lacht), wir sind eher eine gute Live-Band. Unsere Platten sind immer Momente und die klingen manchmal auch etwas schräg. Live ist es dann oft so, dass man rumprobiert und merkt: „Ah! Jetzt find ich das Lied geil.“ Weil man dann eben mehr Zeit mit den Songs hatte, wenn wir bereits ein paar Konzerte gespielt haben.

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Würdet ihr nach Anbetracht von 23 Jahren Beatsteaks den ein oder anderen Song gern neu arrangieren? Gerade jetzt, wo ihr euch in einer Art musikalischer Freimachung, fernab von festen Definitionen, seht?

Ja, da gibt es auf jeden Fall Sachen und das passiert öfter mal. Ich weiß nicht, ob wir mal was neu aufnehmen oder in der neuen Version spielen, aber im Proberaum gibt es diese Momente. Weil Songs, wie gesagt, nie fertig sind. Also ja, ich kenne sowas.

Was inspiriert dich?

Zum Beispiel auf Netflix gerade „The End of the Fucking World”. Das hat mich umgehauen von der Musik und den Bildern her. Danach habe ich mich an die Gitarre gesetzt und angefangen Musik zu machen. Es haut mich außerdem um, wenn meine Tochter singt. Das inspiriert mich! Auch, wenn ich eine Band live sehe, die ich nicht kenne und es diesen Überraschungsmoment gibt. Ansonsten inspiriert mich noch das gleiche wie damals. Es ist eben nur noch etwas dazu gekommen – wie meine Tochter beispielsweise.

Warum liebst du diese Band?

Weil sie mein Zuhause ist. 

EDIT:

Bernd Kurtzke zur EP „Fever Deluxe“, die am 20. März 2018 erschienen ist. Auf ihr finden sich mit „You In Your Memories“, »40 Degrees« und »Fever« drei Songs vom aktuellen Album „Yours“, außerdem „She Was Great“ (2008) und „Demons Galore“ (2007). 

Sind dies eure ersten Aufnahmen aus den Hansa-Studios?

Ja, wir haben allerdings schon mal mit Michael Ilbert ein paar Songs gemischt. Der sitzt ja auch im Hansastudio.

Wie habt ihr die ja gewaltig geschichtsträchtige Atmosphäre dort erlebt?

Zu wissen, wer da schon alles aufgenommen hat, erfüllt einen mit Ehrfurcht. Daneben ist der Ort aber auch ein guter Platz um aufzunehmen.

Wie habt ihr die Songauswahl getroffen – insbesondere mit Blick auf die zwei Nummern aus dem Backkatalog?

Das war schon eher spontan. Aber alles Songs, die wir gerade in unserem Repertoire haben.

Ihr plant auch eine eigenverlegte Vinyl-Ausgabe – warum?

Warum nicht? Für Sammler ist es toll, so etwas als limitierte Auflage zu bekommen.

Wird sie gemäß First-Come-First-Serve verkauft oder habt ihr euch etwas Besonderes überlegt? 

Nein, die Auflage ist limitiert, wer zuerst kommt, malt zuerst.

BEATSTEAKS YOURS TOUR 2018

13.04.2018 | Arena Leipzig

09.06.2018 | Waldbühne Berlin

22.08.2018 | Alter Schlachthof Dresden