Ein Kompendium der Kritik an der Musik. Buchrezension: „3000 Plattenkritiken“

Musikredakteur Matthias Wagner fasst in seinem Buch Kritiken von guter und schlechter Musik aus drei Jahrzehnten zusammen.

© Elisabeth Graf Gatterburg
Der Titel ist ja recht unmissverständlich: das vorliegende, nur als E-Book verfügbare Machwerk fasst das Schaffen von 25 Jahren musikjournalistischer Tätigkeit zusammen, genauer gesagt die 3.109 Plattenrezensionen von Matthias Wagner, seines Zeichens Film-, Kultur- und Musikredakteur.

Nach der vom Autor selbst verfassten Einführung folgt ein recht persönliches Vorwort von Selig-Sänger Jan Plewka, der hier die Rolle von Musikkritikern aus der Sicht eines Musikers reflektiert. 

 

Es taucht jedes Genre auf – auch Elektro aus Ostdeutschland und Japanese Psychedelic

Anders als erwartet, langweilt uns das Buch anschließend erst einmal mit Statistiken. Tabellarisch-trocken werden hier die Rangfolgen der am häufigsten rezensierten Labels, Genres und Künstler aufgeführt. Geschenkt. Die folgenden Rezensionen sind chronologisch sortiert und umfassen die Zeit der Wende (1989) bis in das Jahr 2016. Und hier taucht wirklich jedes Genre auf. Angefangen bei etablierten Protagonisten wie Bob Dylan und Co. bis zu Kuriositäten wie etwa „Looking East – Elektronik aus Ostdeutschland“ (1991) oder „Japanese Psychedelic Music“ (2001). Wusstet ihr, dass Kevin Costner eine Parallelkarriere als Rocksänger verfolgt?

Die Rezensionen sind allesamt flott geschrieben und meist recht überschaubar. Sobald man sich an den sehr metaphorischen Schreibstil gewöhnt hat („…, als tauchte man in einen See aus Honig.“), wird man gut unterhalten. Und noch mehr als das. Matthias Wagner stellt auch mal zeitlose Fragen wie „Was macht ein Kunstwerk aus?“. Immer wieder ertappt man sich dabei, das eine oder andere Album bei YouTube abzuchecken und entdeckt so manche Perle. 

Der Autor muss sich allerdings vorwerfen lassen, eine gewisse Scheu vor härteren Klängen an den Tag zu legen. Rammstein fehlende „kompositorische Tiefe“ vorzuwerfen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Es ist doch gerade der stumpfe Mittelfinger gegenüber dem, was die vornehme Welt als Raffinesse bezeichnet, der dieser Musik ihren Reiz verleiht. Aber Journalismus ist eben nie objektiv, und so hätte wohl jeder Schreiberling etwas anderes zu bemängeln.

© Presse

Zeugnis menschlicher Kreativität

Auch wenn dieses Buch nur die Perspektive eines kritischen Kopfes repräsentiert, ist eine so umfangreiche Zusammenstellung auch ein spannendes Zeugnis menschlicher Kreativität und der Hartnäckigkeit der Industrie, aus allem Geld zu machen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Man schaue nur auf das a-ha-Album „Hunting High and Low – 30th Anniversary“, das bescheidene 10 (!) Versionen von „Take on me“ verwurstet. 

Unterm Strich bekommt ihr hier für 2,99€ viel Content und ordentlich Futter für das Feuer musikalischer Neugier. Sicher lohnenswerter als sich eine weitere Best-Of-Ausschlachtung ins Regal zu stellen! 

Infos: Das E-Book ist zum Beispiel auf Amazon und in allen gängigen Formaten für Tablet, Reader und Co. erhältlich.

ISB-Nummer: 783741869433  2,99€

Über den Autor: Matthias Wagner arbeitet seit Ende der 80er als Musikjournalist. Seit 2005 betreibt er zudem das Weblog „Die Rückkseite der Reeperbahn“, welches sich (nicht nur) umd das Leben auf St. Pauli dreht: rueckseitereeperbahn.blogspot.de/