Russische Restaurants Gastro-Test: Deftig, fleischig, mit Wodka

Die russische Küche ist deftig und oft fleischig.Wir haben fünf verschiedene russische Restaurants in Berlin besucht und das Angebot getestet.

Ob Borschtsch, Teigtaschen oder Braten – die russische Küche ist deftig und oft fleischig. Der Wodka darf dabei nicht fehlen. Wir haben uns fünf verschiedene russische Restaurants in Berlin besucht und das Angebot getestet. Prost!

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Testsieger: SAMOWAR

Speisen und Getränke: 5 von 5

Ambiente: 5 von 5

Service: 4 von 5

Angefangen bei den gekochten Teigtaschen Pelmini und Wareniki – erstere sind mit Fleisch gefüllt, letztere vegetarisch mit Kartoffelfüllung – bis zu den kleinen russischen Bliny-Pfannkuchen muss man auf der Karte des ältesten russischen Restaurants in Berlin weder Keta-Kaviar noch Schaschlik oder die Rote-Beete-Suppe Borschtsch vermissen. Der Wildschweinbraten „po Wostochnomu“ ist ein ganz besonderer Schmaus und wird mit knusprig auf den Punkt gebratenen Kartoffeln und feinen, in Essig eingelegten und mit Nelken aromatisierten Birnen dargereicht. Nicht nur dieses Gericht, sondern auch der Einrichtungsstil mit seinen altrosa Stofftischdecken, dunklen Vertäflungen und smaragdgrünen Samtmöbeln entstammt der Zarenzeit – hier isst das Auge zwischen Zar Nikolaus dem II. und Matroschka-Puppen mit. Die etwas übereifrige, in Trachten gekleidete Bedienung reicht größeren Gruppen den Tee sogar im echten Samowar, einer russischen Teemaschine – ein wahres Erlebnis, gekrönt von einer großen Wodka-Auswahl.

FAZIT: Wo ist Essen schon noch ein Fest für alle Sinne? Im Samowar!

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PASTERNAK

Speisen & Getränke: 4 von 5 

Ambiente:  4 von 5

Service: 5 von 5

Weiße Tischdecken, ovale Spiegel, Kristalllüster, ein Klavier: Das Russland, das hier heraufbeschworen wird, ist eindeutig vorrevolutionär-bürgerlich. Dazu passend: die servilen, echt russischen Kellner. Das Pasternak lockt viele internationale Touristen an, die am eigenen Leib erfahren wollen, wie tief der Ostteil der Stadt im ehemaligen Ostblock verwurzelt ist. Der Borschtsch leuchtet dunkelrot in der strahlend weißen Porzellan-Terrine. Serviert wird er in zwei Versionen: der russischen, großen Portion, und der kleinen, genannt die „schwäbische Portion“ — soviel Spaß muss sein. Eine echte Rarität ist der „Gefillte Fisch“. Die Zubereitung der jüdisch-osteuropäischen Karpfen-Spezialität ist so aufwendig, das sie eigentlich nur zu hohen Feiertagen serviert wird. Beide Gerichte können überzeugen: Schmackhaft und sehr traditionell, auch wenn es ihnen ein wenig an Pfiff fehlt. Ganz so, als wäre man im Wohnzimmer seiner hochrespektablen russischen Großmutter zu Besuch.

FAZIT: Bürgerliche Nostalgie mit jüdisch-russischen Spezialitäten

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GORKI PARK

Speisen & Getränke: 4 von 5 

Ambiente: 5 von 5

Service: 4 von 5

Dass es die Café-Bar Gorki Park schon gab, als der Rosenthaler Platz noch im Dornröschenschlaf lag, merkt man sofort. Alles atmet eine nostalgische Patina: Kyrillische Schriftzüge, Devotionalien aus Sowjetzeiten, gleich haufenweise Lenin-Statuen. Viel heimeliges Holz ist kombiniert mit Tapeten und Lampen im schicken sozialistischen Design. Hier kriegt man Heimweh nach Mütterchen Russland, selbst wenn man dort noch nie war. Schon nachmittags genießen am Tresen echte Russen das frischgezapfte Moskwa-Bier. Uns überzeugt eher der Borschtsch mit seiner angenehm ausbalancierten säuerlichen Note und den knackigen Rote Beete-Streifen. Die Spezialität des Hauses sind russische Teigtaschen. Wählen kann man zwischen gekocht und gebraten, fleischig oder vegetarisch. Die „Moskauer Pelmeni“ erfreuen mit einer ordentlichen Füllung saftigem und gut gewürztem Rinderhack. An sozialistische Mangelwirtschaft erinnert einzig der winzige Beilagensalat. 

FAZIT: Melancholisches Eintauchen in eine glorreiche Sowjiet-Vergangenheit

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GRÜNE LAMPE

Speisen & Getränke: 3 von 5 

Ambiente: 3 von 5

Service: 3 von 5

Die Grüne Lampe hat in der Vergangenheit schon viel mediale Aufmerksamkeit genossen, was nicht zuletzt auch an ihrer charismatischen Besitzerin Julia Gutsch liegt. Erst kürzlich errang die Kunstgeschichtsabsolventin den Sieg beim „Mein Lokal, Dein Lokal Spezial“ mit ihrem Borschtsch – Grund genug für uns, diese traditionelle Suppe mit roter Bete in Wilmersdorf zu probieren. Und in der Tat ist der Eintopf mit zartem Hühnerfleisch hier eine wahre Gaumenfreude, die sehr geschmacksintensiv ist, aber nicht zu erdig mundet. Auch die Wareniki schmecken gut, eine große Enttäuschung sind aber leider die Tschebureki – diese frittierten Teigtaschen gefüllt mit Lamm und Koriander sind nicht nur übermäßig fettig, sondern an den Rändern auch so fest, dass sie kaum zu kauen sind. Die Bedienung ist höflich, aber zurückhaltend, und die Atmosphäre erinnert eher an eine gepflegte Hotel-Lounge als ein gemütliches Lokal.

FAZIT: Für Borschtsch-Liebhaber einen Besuch wert.

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DATSCHA

Speisen & Getränke: 4 von 5

Ambiente: 4 von 5

Service: 4 von 5

Kleinen Ausflug in die gute alte 70er-Jahre-Datscha gefällig? In Friedrichshain kein Problem! Im gleichnamigen Café soll der gestresste Großstädter bei leckeren russischen Köstlichkeiten und verschiedensten Wodka-Sorten gemäß dem Recht auf Erholung ausspannen. Das Interieur weckt wohl eher Assoziationen mit einer typischen Berliner Szenebar denn mit einem Wochenendhäuschen, gemütlich ist es aber allemal. Mit Witz und Selbstironie wird in der Karte zunächst ein „Aufruf an das Volk“ unternommen, der zahlungskräftige Kunden fordert, die gefälligst keinen Mucks machen, wenn der Kellner nicht kommt. Die bestellten Wareniki mit Spinatfüllung stehen dann dennoch ohne Nachfrage auf dem Tisch und schmecken ausgezeichnet. Besonders zu empfehlen sind neben den Süßspeisen (Bliny mit Mandelquark, ein Träumchen für Augen und Gaumen!) auch die Tschebureki mit Lammfleisch-Koriander-Füllung. Diese handflächengroßen Teigtaschen werden knusprig angebraten und sollten von jedem Liebhaber der russischen Küche unbedingt getestet werden!

FAZIT: Russisch schlemmen, preisintensiv aber dafür im stylischen Bar-Flair!

 Texte: Carsten Bauhaus, Josephien Albrecht