Egotronic im Interview C64 Sounds der allerhöchste Klasse

Egotronic – das sind fette Beats, gepaart mit Texten über Parties, Drogenkonsum und deutsche Leitkultur. Egotronic – das sind Torsun, Endi und KT&F aus Berlin. Am 14. November erschien ihr mittlerweile drittes Studioalbum „s/t“. Mit urbanite sprachen sie über das neue Album, Entwicklungen in der elektronischen Musik und ihr Leben in 10 Jahren.

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Wir finden, dass euer neues Album nicht so gut geworden ist. Warum? Auf der Platte sind so wenig neue Tracks und die alten sind kaum bearbeitet worden.

Torsun:

Meinst du? Ich finde das interessant, weil ich komplett anderer Meinung bin. Gerade die beiden alten Stücke „Tanzen Gehen“ und „Es muss stets hell für Gottes Auge sein“ haben wir komplett überarbeitet.

Endi:

Gerade diese beiden Songs haben wir völlig neu erarbeitet. Die gab es bisher nur in einer Low-Budget-Version.

Torsun:

Meine Intention dabei ist gewesen, die älteren Sachen neu zu releasen. Das sind ja vor allem Sachen, die bisher nur die hartgesottenen Fans kannten. „Tanzen Gehen“ und „Es muss stets hell für Gottes Auge sein“ waren meine ganz persönlichen Favoriten.
Das neue Album ist eine Mischung aus neuen Tracks und alten Sachen, an denen mir viel lag. Aber ich kann euch beruhigen: Das alte Material ist jetzt komplett aufgebraucht. Auf der nächsten Platte werden nur neue Sachen drauf sein.

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Uns ist aufgefallen, dass der Sound sich immer weiter vom C64 wegbewegt.

Torsun:

Das hat einfach den Grund, als alles angefangen hat, war das mit den C64-Sounds gerade frisch. Ich empfehle euch, einen Blick auf micromusic.net zu werfen. Dort wird komplett mit 64-Sounds gearbeitet. Ich war da lange Zeit Mitglied.
Anfangs waren dort immer neue Melodien- auch vieles darunter was echt nach vorne geht und begeistert- aber irgendwann wiederholt sich durch die geringen technischen und handwerklichen Möglichkeiten alles. Deshalb werden wir das zwar weiter als Stilelement, aber nicht mehr als tragendes Element benutzen. Das wird langsam langweilig.

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Beschreibt doch mal euer neues Album in einem Satz.

KT&F:

Es könnte geil sein, ist es aber nicht.

Torsun:

Es könnte eine Mischung aus dem ersten und zweiten Album sein. Ich wollte vermeiden, ein zweites und ein drittes Album zu machen, was genau so ist wie das erste. Ich höre selber viel und vor Allem sehr viele unterschiedliche Arten von Musik. Dadurch kommen immer wieder andere Einflüsse hinzu und deshalb möchte ich, dass jedes Album anders klingt.
Nach dem recht stark vom Minimal-Techno geprägtem Lustprinzip, wollten wir wieder mehr einen Sound haben, in dem es wieder mehr Flächensound gibt.

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Mittlerweile werden eure Shows auch von einem ganz normalen Party-Publikum besucht. Wie geht ihr damit um?

Torsun:

Der Vorteil ist natürlich, dass sich dadurch finanziell alles eher regelt und man von der Musik leben kann.
Der Nachteil ist, dass Situationen wie auf dem Dockville entstehen, wo Leute erst zu „Raven gegen Deutschland“ feiern, und sich danach diesen Schlagerspacken Alexander Marcus angucken, der auf der Bühne mit Deutschland-Winkelementen rumturnt. Meine persönliche Antwort darauf war „Kotzen“, die erste Single aus dem neuen Album.

Endi:

Ich find das nicht so krass. Viele Konzerte werden nach wie vor von Leuten aus der Szene gemacht, besucht und dominiert, nur die Läden sind größer. Prinzipiell haben wir für uns beschlossen: Wir scheißen darauf. Wir werden nie unserer Meinung ausweichen oder für den kommerziellen Erfolg andere Aussagen machen. Wir haben uns in diesem Punkt nicht geändert.

Torsun:

Was mich freut ist, dass viele Leute kommen, die nach Tanzpublikum aussehen, aber vor ein paar Jahren selbst noch Punks waren. Es gibt auf jeden Fall eine Menge Bewegung in der elektronischen Musik, speziell im Techno. Crews entstehen, anders als früher gibt es langsam auch viele fitte Leute in den entsprechenden Subkulturen. Prinzipiell können wir uns als Künstler unser Publikum nicht aussuchen.


Das neue Album „s/t“

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Mit „Weg zu Zweit“ befindet sich auf dem Album eine Cover-Version der NDW-Band Grauzone, die ihr auch schon seit Längerem auf euren Shows spielt. Wie ist es zu dem Song gekommen?

Torsun:

Ich hab in den 90ern in mehreren Punk-Bands gespielt. Ich hatte unter anderem eine Band, VSK, mit der wir das schon gespielt hatten. Als letztes Jahr Endi und KT&F neu dazu kamen, mussten wir live was drauf schaufeln. Da kam uns die Idee, das Grauzone-Ding zu machen.

Endi:

Ich fand den Song auch schon immer geil. Er hat ab Januar fest zu jeder Egotronic-Show gehört – und den Leuten sichtlich gefallen.

Torsun:

Es ist eine persönliche Hommage an Grauzone- das ist insgesamt eine großartige und total unterschätzte Band. Jeder kennt ja eigentlich nur ihr bekanntestes Stück „Eisbär“

Endi:

Wenngleich es von der musikalischen Struktur das wohl unrepräsentativste Grauzone-Stück ist.

Torsun:

Ich find es gut, dass es so viele noises hat. Es ist ein Liebeslied, aber wir haben alle eine sehr spezielle Bindung dazu.

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Wo seht ihr euch in 10 Jahren?

Torsun:

Das fünfte Mal in der Entzugsklinik. (lacht) Nee, keine Ahnung, vielleicht ist es irgendwann mit dem Electro-Zeugs vorbei. Wichtiger ist, dass es jetzt funktioniert. Es gibt Künstler, die im Alter unheimlich peinlich sind. Die Ärzte waren die erste Band, von der ich mit 12 Jahren Fan war. Die sind mittlerweile alle Mitvierziger und immer noch unpeinlich. Also wie gesagt, keine Ahnung. Vielleicht ist man auch ein seniler alter Sack, der in der Ecke sitzt und auf die guten alten Zeiten schwärmt.

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Wie sieht eure Planung für kommendes Jahr aus?

Torsun:

Unser Plan ist erstmal, den Hype auszunutzen und so viel wie möglich zu spielen. Mein persönlicher Plan ist es, anzufangen mit neuen Tracks. Ich habe zusammen mit Rampue ein Projekt, das nennt sich „1 Foot In Da Rave“. Im Januar sollen die ersten Tracks erscheinen, geplant sind dann zwei bis drei Auflege-Vinyls.

Interview: Martin Schöler

Weiterführende Links

Homepage der Band
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