Die Berlinerin vertritt uns beim BVSC in Bremen LARY aus Berlin beim Bundesvision Song Contest

In Gelsenkirchen geboren, dann New York, jetzt Berlin, mit einem kurzen Abstecher zum Bundesvision Song Contest nach Bremen – für LARY läufts! Für „die“ Stimme Berlins hält sie sich dennoch nicht, wie sie im Interview verrät

© Puria Safary
LARY Single „Bleib so wie du bist“ mit MoTrip klettert die Charts hoch und am 29.8. tritt LARY beim BVSC in Bremen für Berlin an. Zeit für ein Interview!

Urbanite: Hey LARY, mit der Teilnahme am Bundesvision Song Contest bist du jetzt quasi die Stimme Berlins. Wie findest du das? Du bist ja damit auf einen Schlag bekannter als Berlins Bürgermeister!
LARY: Ich fühle mich natürlich mega geehrt und bin schon stolz, die Stadt, die mir so viel bedeutet, vertreten zu dürfen. Ob ich deshalb jetzt die Stimme Berlins bin, weiß ich aber nicht. Berlin lebt ja irgendwie vom Individualismus.

Ich hab in einem anderen Interview gelesen, dass du Stärke und Schwäche als zwei Seiten einer Medaille siehst, und das kommt auch in deinen Songs und Videos zum Ausdruck. Die Kollegen von der „Ich hab die dickste Hose-Fraktion“ sind hingegen rein auf Ultrahärte gestrickt. Ist das musikalisch nicht unterdessen öde oder müssen Männer so rappen?
Nö, Männer müssen, genauso wie Frauen, gar nichts. Ein Künstler rappt, singt oder malt im besten Fall über das, was ihn halt beschäftigt. Ich finde, da darf es keine Regeln geben. Authentizität hat die größten Eier.

„Wer liebt uns, wenn wir nicht mehr jung und schön sind“, singst du in einem der Songs, aber auch „jung sein, alles mitnehmen“. Ist das die Rechnung: Wenn ich jung alles mitnehme, kann ich zufrieden alt werden?
Mit zufrieden alt werden hat der Song eigentlich nichts zu tun. Ich weiß noch nicht mal, wie man jung und zufrieden ist, aber fragt mich gern nochmal in 30 bis 40 Jahren. In dem Song geht es eher darum, die jugendliche Ignoranz zu feiern und auszuleben und gleichzeitig ohne Naivität darüber zu reflektieren. Machen wir uns nichts vor: „Forever young“ ist leider nur ein Song – oder vielleicht auch nicht leider, vielleicht ist älter werden auch super. Ein Abenteuer auf jeden Fall. Wir werden sehen!

Was ist die erste Lieblings-Lp deiner Kindheit?
Illmatic von Nas.

Dein Album heißt Future Deutsche Welle. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Eigenwillig und irgendwie sehr ich. Der punkt, an dem ganzen FDW-Ding ist, sich nicht auf eine Schublade limitieren zu müssen. Menschen sind doch viel zu komplex für sowas.

Was ist dein Berliner Lieblingskiez, warum? Neukölln. Meine Lieblingsmenschen und Lieblingsrestaurants sind da. Und wie sieht es bei dir zuhause aus, wie lebst du?
Also minimalistisch-stylisch, chaotisch oder … Hm, bei mir zuhause sieht es ein bisschen aus wie eine Kreuzung zwischen einem Second-Hand-Store und einem Musikladen. Überall Klamotten und Instrumente.

Du hast auch in New York gelebt. Was ist dort besser als in Berlin, was ist in Berlin besser als in New York?
 In NY pulsiert die Stadt und reißt einen irgendwie mit, Berlin ist gechillter und weniger oberfl ächlich. So richtig vergleichen kann man das irgendwie nicht. Ich glaube, das hängt davon ab, in welcher Phase seines Lebens man sich gerade befi ndet. Momentan ist Berlin für mich the place to be.

Was sind deine Lieblingsorte in Berlin, für welche Gelegenheiten?
Meine Wohnung. Ich ziehe mich echt gerne zurück und sitze mit `nem Kaff ee am Fenster. und alles, von wo man die Spree sehen kann. In Wassernähe fühle ich mich am wohlsten. Ich wette, ich war in `nem früheren Leben eine Meerjungfrau.

© Department Musik (Sony Music)
Rezension

LARY – Future Deutsche Welle 

Nicht nur mit der Motrip-Kollabo „Bleib so wie du bist“ geht Lary in den deutschen Singlecharts derzeit durch die Decke, auch dank ihrer Teilnahme am Bundesvision Song Contest darf sie mit weiterem Fame rechnen. Nach dem Studium in Düsseldorf, einiger Zeit in New York und kleineren Modeljobs ist Musik ihr Lebensmittelpunkt und Berlin ihre Wahlheimat geworden – für sie der einzige Ort, an dem es sich hierzulande inspirierend leben lässt. „Bedtime Blues“ als BuviSoCo-Beitrag bedeutet eine Rückkehr zu den Wurzeln, veröffentlichte Lary den Song doch bereits 2012 in Eigenregie.

Mit dem Albumdebüt im letzten Jahr hat sie ihren musikalischen Cocktail aus Pop, Soul, Trip-Hop und Elektro manifestiert und ihm mit der Genre-Bezeichnung „Future Deutsche Welle“ gleich selbst ein Denkmal gesetzt. Lary hat keine Angst davor, sich dem Schmerz bewusst hinzugeben, und so erzählt sie von ekstatischer Liebe und der einhergehenden Selbstzerstörung in Songs wie „Kryptonit“ oder „System“, wenn sie feststellt: „Mein Verständnis hört nie auf“. Selbstreflektiert thematisiert Lary nicht nur den Rausch der Jugend, sondern auch das Runterkommen, ein mögliches Ende des High-Gefühls – und dürfte damit gleich im Opener „Jung und schön“ dem Berliner Nachtvolk in melancholischen Momenten aus der Seele sprechen. Mit „FDW“ widmet sich Lary den dunklen Facetten ihrer persönlichkeit und zeigt nicht nur, dass aus Schwäche Kraft erwachsen kann, sondern auch, dass sie sich von der Angst nicht regieren lässt.
Text: Josephien Albrecht