Berliner Sehenswürdigkeiten der besonderen Art Lost Places in Berlin entdecken

„Objektiv“-Blick auf Berlin: Verlassene Plätze mit Geschichte und Charme

© Michael Eichhammer – fotolia.com (#113558730)
Ob digital oder analog, die Fotografie gehört zum Alltag einfach dazu. In Berlin greifen Touristen täglich unzählige Male allein vor dem Brandenburger Tor zum Fotoapparat. Doch Hobbyfotografen – ob Berliner oder nicht – sind oft nach anderen und vor allem spezielleren Motiven aus. Wie nach den Lost Places, die fernab der Stadt hinter Gebüsch und Mauern liegen. Doch wo finden sich Lost Places, die einen Knipser wert sind?

Lost Places: Die vergessenen Orte 

Zunächst einmal: Was ist eigentlich ein Lost Place? Übersetzt wird Lost Place mit „vergessener/verlassener Ort“. Damit werden in der Regel Orte bezeichnet, die, nachdem sie für einen bestimmten Zweck genutzt wurden, mit den Jahren in Vergessenheit gerieten oder einfach nicht mehr benötigt wurden. Sie werden ihrem Verfall überlassen, erhalten so ihren ganz eigenen optischen Charakter und sind ebenso wie die bekannten Sehenswürdigkeiten der Städte auf ihre ganz eigene Art geschichtsträchtig. Einige sehen die Orte als Schandflecken an und für andere stellen sie grade aufgrund ihrer verfallenden Optik eine dankenswerte Fotolocation dar. Um bei der Foto-Tour nicht in Gefahr zu geraten, sollten bestimmte Verhaltensweisen in einem Lost Place beachtet werden.  

Mit der Kamera auf den Pfaden ehemaliger Militärgelände

© Joachim Martin – fotolia.com (#77404556)
Etwas außerhalb von Berlin im Brandenburger Wald nahe dem kleinen Dorf Vogelsang, in dem etwa hundert Einwohner wohnen, findet sich noch ein anderes kleines Dorf. Die verlassene Geisterstadt bot bis 1994 40 Jahre lang vor allem sowjetischen Soldaten und insgesamt 15.000 Menschen eine Heimat. Der Stützpunkt galt sogar als der größte außerhalb der Sowjetunion. Heute streift nur noch der eine oder andere Waschbär den Weg von Abenteuerlustigen. Denn dieser Lost Place bietet einige interessante Gebäude, die eine ganz eigene Geschichte erzählen. Zu finden sind dort unter anderem die einstigen Wohnhäuser der Soldaten. Die Unterkünfte und die Hallen weisen abgebröckelte Farben von Grau und Blau bis hin zu Gelb auf. Die Gebäude sind zwar in einem maroden Zustand, aber dennoch finden sich einige Überbleibsel aus der russischen Epoche, die für ein Bild lohnen. Auf der einen oder anderen Mauer haben sich zudem Graffiti- und Streetart-Künstler verewigt. Die Graffiti-Kunst findet sich auch andernorts und ist Teil spezieller alternativer Stadttouren. Hier treffen, wie auch an weiteren Lost Places, dann doch noch vergangene und heutige Welt aufeinander. 

Ein weiterer ehemaliger russischer Armeestützpunkt findet sich in Wünsdorf. Wünsdorf ist ein Ortsteil von Zossen und liegt etwa 50 Kilometer in südlicher Richtung vom Berliner Zentrum entfernt. Die ersten Militärgebäude wurden in Wünsdorf bereits im Jahr 1910 gebaut und zurzeit des Zweiten Weltkriegs war dort das Oberkommando des Deutschen Heeres untergebracht. Danach war das Gebiet Standort der russischen Armee, die sich ihre eigene kleine Stadt einrichtete. Neben Kasernen und Wohnblocks, wurden Kaufhäuser und auch ein Krankenhaus errichtet. Auf dem Areal finden sich zudem einstige Theatersäle und ein Schwimmbad, dessen Nutzung nur den Privilegierten vorbehalten war. Folgende Bilder geben einige Eindrücke von den Gebäuden auf dem ehemaligen russischen Armeestützpunkt. 

Verlasse Orte ablichten und ihre Geschichte kennenlernen 

Für einige sind die verlassenen Orte durchaus „nur Ruinen“, aber bei geführten Touren durch bestimmte Lost Places werden doch die einen oder anderen Schätze entdeckt. Dabei sind die Räumlichkeiten oft noch relativ gut erhalten und weisen einen bestimmten „morbiden Charme“ auf. Die Lost Places können nicht immer auf eigene Faust erkundschaftet werden, denn oft liegen die Motivrechte bei den Besitzern und somit wird eine Erlaubnis für das Ablichten des Geländes benötigt.

Zudem bestehen häufig Gefahrenquellen an den verlassenen Orten wie morsche Holzkonstruktionen oder Löcher im Boden. Wer sich den Charme einiger Lost Places dennoch nicht entgehen lassen möchte, kann an einer geführten Foto-Tour teilnehmen.  

Alte „Ruinen“ als nostalgische Sehenswürdigkeiten

© prstuhlmann – fotolia.com (#114847921)
Weitere Lost Places, die in der Berliner Umgebung zu finden sind, gehören mittlerweile sozusagen zum Inventar der beliebten Orte für Fotografen, die Orte mit Geschichte und nostalgischer Optik bevorzugen. Auf dem Teufelsberg haben sich zum Beispiel einige Graffitikünstler ausgetobt und auf dem Turm des Bergs ist unter anderem eine alte Abhöranlage zu entdecken. Der Teufelsberg ist mit etwa 114 Metern die höchste Erhebung Berlins. Vom Radarturm haben Besucher sogar einen Blick auf den Alexanderplatz, das Olympiastadion oder den Grunewald. Der umliegende Zaun der Anlage bietet an der einen oder anderen Stelle einen Durchschlupf, um zur Radarkuppel zu gelangen. 

 Der Spreepark ist ein verlassener Freizeitpark, der sich im Plänterwald befindet und zu DDR-Zeiten nach seiner Eröffnung im Jahr 1969 der einzige Freizeitpark war. Nach dem Mauerfall konnte sich der Park jedoch nicht mehr halten und wurde im Jahr 2002 letztlich geschlossen. Über manch einen Zaundurchschlupf lassen sich die nostalgisch anmutenden, stillgelegten Fahrgeschäfte begutachten. Der ganze Park hat eine durchaus mystische Aura, nicht zuletzt aufgrund der mit Grün überwucherten Gruselhäuser. Nach einem Brand im Jahr 2014 wurde der Park für die Öffentlichkeit unzugänglich gemacht. Seit Juli 2016 werden jedoch wieder Führungen durch den alten Spreepark angeboten. 

Ehemalige irakische Botschaft in Pankow: Seit 1991 steht dieser Lost Place in Pankow leer. Die Büros der ehemaligen Botschaft beherbergen immer noch ein wildes Durcheinander zwischen Papieren und offenen Schubladen. Daran ist noch zu erkennen, wie eilig es die Menschen nach dem Wissen über den Mauerfall wohl hatten. So sollen sich auf dem einen oder anderen Schreibtisch noch diverse Unterlagen und Fotos befinden, die in der Hektik zurückgelassen wurden. Im Jahr 2010 soll sogar auf einer Toilette noch Klopapier gehangen haben. Obwohl der Irak eine neue Botschaft in Berlin eingerichtet hat, besitzt die Republik weiterhin ein Nutzungsrecht an dem alten Gebäude. 

Das verlassene olympische Dorf aus dem Jahr 1936 liegt im brandenburgischen Elstal. Der Ort befindet sich in der Gemeinde Wustermark, etwa 15 Kilometer vom Olympiastadion entfernt. Mit den Jahren wurden sogar einige Gebäude auf dem Gelände renoviert. Die NS-Wehrmacht nutzte das Dorf, in dem sich die männlichen Sportler nach und vor den Spielen aufhielten, nach den Olympischen Spielen zur Aufrüstung. Neben den Wohnhäusern ist unter anderem die Schwimmhalle noch gut erhalten. 

Das Gesellschaftshaus in Grünau, welches 1890 erbaut wurde, lässt hinter dem bröckelndem Putz besonders im inne liegenden Ballhaus noch ein wenig von seiner einstigen Pracht erahnen. Früher wurde im und um das Haus von manch einem Berliner am Wochenende bei Feierlichkeiten oder beim Wassersport abgeschaltet.  

Heute ist das Haus denkmalgeschützt und im Besitz eines privaten Käufers. 

© Oliver Renter – fotolia.com (#88078228)
Ehemalige Gesundheitseinrichtungen sind unter anderem die Heilstätten in Beelitz, welche seit 1898 bestehen. In den Heilstätten wurden Lungenerkrankungen behandelt – auch Adolf Hitler hat sich dort behandeln lassen. Seit 1994 begrüßen die Heilstätten keine Patienten mehr. Das Gelände versprüht eine besondere Mystik, denn dort fand nach der Schließung nicht zuletzt die eine oder andere satanistische Zusammenkunft statt.

Eine weitere verlassene Gesundheitseinrichtung, in der Kinder und Säuglinge behandelt wurden, ist in Berlin-Weissensee. Die Klinik besteht seit 1911 und verfällt seit 1997 immer mehr. Dies macht jedoch den Charakter dieses Lost Places aus, dessen Fassaden und Innenräume mit Graffitis besprayt sind und in dem noch alte Krankenbetten zu finden sind. Der umliegende Zaun bietet an manchen Stellen einen Durchschlupf.  

Die Lost Places im besten Licht fotografieren: Vorbereitung der Foto-Tour

Bevor es auf die ganz eigene Foto-Tour zu den Lost Places gehen kann, sollte sich jedoch Gedanken gemacht werden, welche Motive interessant sind. Dazu bietet sich meist eine vorherige Online-Recherche an. So können die Wunschmotive notiert und die Tour effizient geplant werden. Dabei können dann direkt auch die Tageszeit, der Sonnenstand und die Wetterbedingungen mit einkalkuliert werden. Die Umgebungsbedingungen sind wichtig, um das Motiv perfekt inszenieren zu können. Denn bei einer Gegenlicht-Aufnahme bieten weder die beste Kamera noch das Bildbearbeitungsprogramm zufriedenstellende Endresultate. Dies gilt sowohl für Landschafts- als auch für Städtefotografie.

Neben Tageszeit und Wetterlage sollten bei der Planung städtischer Fotografie noch weitere, vorbereitende Maßnahmen getroffen werden, damit das Motiv wie gewünscht von der Kamera festgehalten werden kann. Nicht selten finden sich in städtischer Umgebung und an den Lost Places Baukräne oder Gerüste, die den Blick auf das Motiv versperren. Deshalb vorab einfach auf Erkundungstour gehen. Gut vorbereitet kann es dann auf die eigentliche Tour in Richtung verlassener und sehenswerter Berliner-Fotolocations gehen, die selbst dem einen oder anderem gebürtigem und zugezogenem Berliner einen nostalgischen Objektivblick auf ihre Stadt eröffnen.