"Ich lebe meine Gefühle sehr extrem" Me And My Drummer über ihr Album „Love Is A Fridge“

Das Berliner Duo Me And My Drummer meldet sich mit ihrem zweiten Album „Love Is A Bridge“ zurück. In den letzten vier Jahren seit ihrem Debüt ist dabei einiges passiert.

© Sashberg
Vier Jahre nach dem Debütalbum und ihrer Indie-Hymne „You’re A Runner“ erscheinen Me And My Drummer mit „Love Is A Fridge“ zurück auf der Bildfläche. Dass ihr Sound sich verändert hat, offenbart es schon die erste Single „Blue Splinter View“. Im Interview erzählt uns das Duo von der schwindenden Liebe zu Instrumenten, Problemen, die mit Wahrsagerei einhergehen und warum sie ein komplettes Album unveröffentlicht in ihrer Schublade aufbewahren.

 

Durch das neue Album steht ihr wieder im öffentlichen Mittelpunkt, das kann auch anstrengend sein – vermisst ihr eure frühere Arbeit als Musiker am Theater manchmal?

Charlotte: Das würde mich bei dir mal interessieren, Matze, ich vermisse es voll.

Matze: Ich nicht, hätte aber trotzdem total Bock darauf. Es ist aber schon sehr anstrengend, du musst oft von null auf hundert da sein.

Charlotte: Aber du bist dort ein Sahnehäubchen auf dem Stück, du hast minimale Verantwortung, festes Geld und eine Community, in der sich alle für Kunst interessieren. Das hat eine große Kraft.

 

Im Sommer 2014 habt ihr die erste Version von „Love Is A Fridge“ verworfen, bevor ihr zu Olaf Opal (produzierte u.a. The Notwist, Die Sterne) fandet. Was ist damit passiert?

Charlotte: Das Album ist komplett wieder in der Schublade gelandet.

Matze: Viereinhalb Stücke sind übrig geblieben, „Pentonville Road“, „Grown Up Shape“, „Blue Splinter View“, „Traces In The Sand“ und die erste Hälfte von „Prague“.

Charlotte: Auf diesem Album klang alles viel hölzerner und unmoderner.

Matze: Es hatte keinen Glanz, es war angestaubt.

Charlotte: Aber nicht auf die gute, interessante Art.

 

Auf eurem Debüt kamen keinerlei Gitarren, sondern nur Klavier und Synthies zum Einsatz. War „Veränderung“ eine Entwicklung oder ein regelrechtes Credo für die zweite LP?

Charlotte: Entwicklung. Das kann man mit dem Verliebtsein vergleichen: Wenn man total inspiriert ist von einem Instrument, dann hat das seine Zeit. Irgendwann ist es vorbei, dann gibt es dir nichts mehr, weil du es in- und auswendig kennst. Deswegen habe ich dann die E-Gitarre zum ersten Mal in die Hand genommen und das war extrem inspirierend.

Matze: Das kann man natürlich nur, wenn man so schnell Instrumente lernt wie Charlotte.

 

„Love Is A Fridge“ hat seinen Titel auch einer Wahrsagerin zu verdanken, die sagte, du seist ein Kühlhaus. Bist du ein esoterischer Mensch, Charlotte?

Charlotte: Ich kann mich da nicht entscheiden, denn es ist dumm zu sagen „Ich glaube auf gar keinen Fall dran“. Es ist aber auch gefährlich zu sagen „Ich glaube grundsätzlich immer an Wahrsagerei.“ Dann kommt man schnell in paranoide Zustände und setzt jeden Alltagskram in große kosmische Zusammenhänge, was einfach hinderlich bei der Alltagsbewältigung ist.

 

 

Deine Texte sind oft sehr intim. Hast du manchmal Angst, zu viel preiszugeben?

Charlotte: Nein, ich bin eine sehr offene Person und sage es sofort, wenn mir was nicht passt. Ich lebe meine Gefühle sehr extrem. Davon zehre ich auch, noch tiefer in Gefühle hereinzugehen, damit noch dramatischere Stimmungen daraus erwachsen, die ich dann in Liedern verarbeiten kann. Denn Lieder überhöhen ja immer, das Leben ist normalerweise nicht so schwarz-weiß, nicht so radikal.

 

In einem Interview sagtest du kürzlich, dass du Songs als Ventil für Gefühle verwendest – gab es für die neue LP ein bestimmtes Gefühl, das dich getrieben hat?

Charlotte: Nein, es war eher ein neuer Filter. Ich bin noch tiefer eingetaucht in meine Leidenschaft für filmische Inszenierungen. Jeder Titel auf dem Album ist wie eine Szene aus einem eigenständigen Film. Nehmen wir den Song „Lancelot“: Nach der Artussage verliebt sich Lancelot in Artus‘ Frau und verlässt das Königreich samt all seiner Herzensmenschen, damit nicht noch etwas passiert. Die Szene, wo er dieses Schloss verlässt – ein einsamer Ritter reitet in einen Wald im Nebel –, das kam mir beim Schreiben in den Sinn. Der Text ist das, was in seinem Kopf vorgeht. Das war auch eine Situation, die ich so ähnlich erlebt habe.

 

Der Titel „Prague I & II“ ist ein musikalisch sehr stark segmentiertes Stück. Was hat euch zu solch einem Bruch inspiriert?

Charlotte: Es geht um einen Besuch in Prag und um eine Abschiedsszene zwischen zwei Freunden auf einem Bahnhof, außen und innen – deswegen eben der hörbare Bruch. Außen ist „Prague I“, es ist ein einziger Vorwurf gegenüber der anderen Person, die Essenz ist: Wir kommen hier nicht weiter und keiner ist gut genug für den anderen. „Prague II“ ist der Moment, als der Zug kommt und die Person geht. Es ist ihre Introspektive in diesen Sekunden, sie denkt: Was ist hier eigentlich los mit unseren Leben? Das ist der echte Herzensmoment: Manchmal kann man es nicht zeigen, dass man jemanden eigentlich mag, weil man glaubt, eine Linie ziehen zu müssen. Zusammenfassend ist es das perfekte Lied, was das Intimste über meine Person aussagt – dieses Ambivalente. Ich sage das Eine und ziehe es auch durch, wenn ich es muss, aber ich empfinde auch noch etwas anderes – doch das hat hier keinen Platz.

 

Infos: Me and My Drummer spielen am 12.2. im Columbia Theater (ausverkauft) 

Interview: Josphien Albrecht