Telmo Pires entstaubt den klassischen Fado Telmo Pires – Konzert in der Apostel-Paulus-Kirche

Der Fado-Sänger Telmo Pires schreibt und komponiert seine Songs selbst. Damit hat er sich sowohl in Portugal als auch in Deutschland großen Respekt erarbeitet.

Aufgewachsen im Ruhrpott faszinierte den gebürtigen Portugiesen die Musik aus seiner Heimat. So sehr, dass Telmo Pires beschloss, selbst zu singen. Heute ist er einer der bekanntesten Stars des Genres, sein Weg dahin war aber nicht immer einfach.

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Dieser Mann sieht aus wie ein Popstar und entspricht so gar nicht dem Klischee des portugiesischen Fadosängers: Barfuß steht Telmo Pires auf der Bühne, dunkelhaarig, bärtig, schwarze Hose, schwarzes Hemd. Sein Auftritt ist voller Eleganz, voller Energie und Hingabe. Hingabe an den Fado, die Musik, die ihn von Kindesbeinen an begleitet hat.

Ein tiefer Blick in die Seele der Portugiesen

Seine Lebensgeschichte ist ungewöhnlich: Geboren in einer Kleinstadt im Norden Portugals kam er im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern ins Ruhrgebiet. Sein Vater hatte dort einen Job gefunden. Dort wuchs er auf und verbrachte seine Jugend in dieser doch eher rauen Atmosphäre zwischen Bergwerken und Stahlkochern. Die Eltern hatten Heimweh und hörten portugiesische Musik. Und hier liegt die Wiege von Telmos Liebe zum Fado. Er lernte sehr früh, den Fado zu verstehen, die Größe der Gefühle zu empfinden. Also hatte er nie einen anderen Berufswunsch, als Sänger zu werden. Nach kurzen Ausflügen während der Pubertät ins Rock- und Popmusik-Fach mit eigener Band, reiste er im Alter von 20 Jahren zum ersten Mal allein ohne seine Familie nach Lissabon. Dort streifte er durch die Stadt, in der in fast allen Vierteln die Musik aus den Häusern klingt. Und hier reifte in ihm endgültig der Entschluss, den Fado zu seinem Beruf zu machen, denn er spürte ihn in sich, und dass dieser seine künstlerische Zukunft sein würde. Also nahm er alles mit nach Deutschland, was er über Fado bekommen konnte.

Fado, diese Musik, die meist von unglücklicher Liebe handelt, von verlorener Liebe, von gesellschaftlichen Missständen und vergangenen Zeiten, der Sehnsucht nach besseren Zeiten und natürlich der Saudade. Diesem tiefen Gefühl, das in der Seele der Portugiesen schlummert. Einer Mischung aus Traurigkeit, Wehmut, Sehnsucht und Fernweh. Und natürlich handelt der Fado von Lissabon, wo er seinen Ursprung hat. In den schummrigen Kneipen im Stadtteil Mouraria wurde er als erstes gespielt. Erst im 19. Jahrhundert erreichte er die bürgerlichen Salons. Und Telmo Pires? Der bringt uns den Fado jetzt nach Deutschland, und erlaubt uns so einen Blick in die Seele der Portugiesen. 

Mit Respekt nennen sie ihn inzwischen „den Deutschen“, „o alemão“

Der Weg zum einzigen international bekannten männlichen Fado-Sänger war lang. Doch Telmo gab nie auf. Gegen alle Widerstände setzte er sich durch, zog im Jahr 2000 nach Berlin, machte sich in Deutschland sehr schnell viele Fans. Seine Konzerte sind immer schnell ausverkauft. Doch er spürte, dass ihm die Nähe zu Lissabon fehlte, um dem Fado noch näher zu kommen, und um sich künstlerisch weiterzuentwickeln. Vor fünf Jahren begab er sich sozusagen in die Höhle des Löwen, in die Wiege des Fado, er zog nach Lissabon und lebt jetzt hauptsächlich dort. Vorurteile schlugen ihm zunächst entgegen. Man glaubte ihm nicht, dass er den Fado so singen könne, wie ein „echter“ Portugiese. Doch diese Kritiker hat Telmo inzwischen längst überzeugt. Er singt den klassischen Fado, begleitet von drei Musikern. Er ist der einzige Künstler in Portugal, der selber schreibt und komponiert. Dabei bedient er sich keiner Pop-Elemente, keiner modernen Instrumentalisierung. Als Außenstehender, der in Deutschland aufgewachsen ist, sieht er den Fado anders als die Portugiesen, sagt er.

Er versuchte, seine eigene Geschichte mit einzubringen. Und so wirkt seine Musik entstaubt. Mit Respekt nennen sie ihn inzwischen „den Deutschen“, „o alemão“! Er ist angekommen bei sich. Und nähert sich den Wurzeln dieser portugiesischen Musik immer mehr an. Und so wirkt sein neues Album „Ser Fado“ (Fado Sein) gereift. In Deutschland erscheint es Mitte März, es ist sein zweites in Portugal aufgenommenes und insgesamt fünftes Album. Seine Konzerte haben fast einen Show-Charakter: Telmo erklärt den Zuschauern auf Deutsch das jeweils folgende Lied, erzählt mit seiner warmen Stimme über Inhalte und Geschichten, er spricht von seinen persönlichen Erfahrungen und wie er sie einfließen lässt in seinen Songs. Und wenn er dann anfängt zu singen mit diesem einzigartigen Ausdruck in der Stimme, seiner totalen Hingabe zur Musik, die man geradezu körperlich spürt, dann versteht der Zuhörer auch, worüber er singt, ohne ein einziges Wort Portugiesisch zu können. Man fühlt mit diesem großartigen Künstler, der mit seiner Liebe zum Fado alle überzeugt und begeistert.

Autor: Michael Flotho

INFOS: Teile seines neuen Albums „Ser Fado“ stellt Telmo Pires bei einem Konzert am 12. März vor, in Berlin-Schöneberg in der Apostel-Paulus-Kirche, Akazien-Ecke Grunewaldstraße. Beginn ist um 20.00 Uhr. Begleitet wird er von Caje Garcia an der klassischen Gitarre, Sandro Costa an der portugiesischen Gitarre und Jorge Carreiro am Bass.