Identitätsanker Westberlins, geschichtsträchtig, mit eigenem, aber sich immer wandelndem Gesicht: Der Bahnhof Zoo in unserer Reihe "Berlin historisch" Von Berliner Geschichte gezeichnet: Der Bahnhof Zoo

Der Bahnhof Zoo war schon immer etwas Besonderes. Wir werfen einen Blick zurück auf die Geschichte des Verkehrsknotenpunktes.

Ende 2016 wurden die überholten historischen „Terrassen am Zoo“ eröffnet. Bei Burger und Fritten kann man den Blick nun wieder über das geschäftige Treiben des Knotenpunktes schweifen lassen. Im sich wandelnden Zentrum West hat der Bahnhof Zoo ein Stück Tradition zurückbekommen – er war schon immer etwas Besonderes.

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Beim Einkauf im alteingesessenen Berliner Bahnhofssupermarkt Ullrich in der Hardenbergstraße scheint die Welt sich kaum verändert zu haben: Menschenmassen schieben sich durch die Gänge und das krisenerprobte Verkaufspersonal fertigt gleichmütig Hundertschaften ab. Sonntags in Berlin. Tritt man jedoch vor die Tür dieser nostalgischen Konsumstätte, drängt sich mit einem Schlag der ganze brachiale Wandel des Zentrums West auf: Mittlerweile ist die Hardenbergstraße nur noch über umständliche Routen überquerbar – überall, so scheint es, ist man von Baustellen und ihren Ergebnissen umgeben.

Das Gebäudeensemble aus Aschinger- und Leineweber-Haus mit dem legendären Burger-King-Treffpunkt und dem Beate-Uhse-Museum hat einer Steppe hinter Zäunen Platz gemacht. Die einst so dominante Gedächtniskirche ist neben den neuen Vielgeschössern zu einem Zwerg unter Riesen zusammengeschrumpft. In den letzten Jahren hat sich im alten Westen viel verändert. Der geschichtsträchtige Bahnhof Zoo ist jünger geworden und doch zur Freude vieler Liebhaber er selbst geblieben.

Vom Ostbahnhof nach Charlottenburg

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Aus gutem Grund steht der bald 140 Jahre alte Bahnhof Zoo unter Denkmalschutz, denn er ist in vielerlei Hinsicht von Berliner Geschichte gezeichnet. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hatte sich der Zoologische Garten mit seinen mannigfaltigen Tierarten zu einem florierenden Ort des Amüsements entwickelt. Eine eigene Haltestelle für die vielen Besucher war naheliegend und so wurde die Station in die zwischen 1875 und 1882 errichtete Stadtbahn integriert. Noch heute deckt diese historische Strecke zwölf Kilometer zwischen Ostbahnhof und Charlottenburg ab.

Der Bahnhof Zoo war dabei in der Tat schon immer ein besonderer Halt: Sehr zügig wurde er von der betuchten und damals noch unabhängigen Stadt Charlottenburg an die junge U-Bahnstrecke (heute U2) angebunden und auch als Fernbahnhof in Betrieb genommen. Um die Station herum erblühte ein geschäftiges Viertel. Ausdruck dieses Aufschwungs ist auch der Bau der gewaltigen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Der einzige Fernbahnhof Westberlins 

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Mit der Eingemeindung Charlottenburgs 1920 wuchs das Netzt an Verbindungen vom und zum Zoo weiter. Als der Bahnhof 1934 anlässlich der Olympischen Spiele umfangreich ausgebaut wurde, war er bereits zu einem der wichtigsten Knotenpunkte der Stadt changiert, ein Status, welcher besonders durch die Teilungsjahre Berlins untermauert werden sollte. Ab der Grenzschließung verengte sich nämlich der Verkehr zwischen West- und Ostteil der Stadt immer stärker auf „Interzonenzüge“, die die Strecke der Stadtbahn befuhren.

Andere Querverbindungen wurden bis auf Weiteres gekappt. So kam es, dass der Bahnhof Zoo durch seine besondere Infrastruktur, aber auch aufgrund der Stilllegung alternativer Bahnhöfe von 1952–1976 zum einzigen Fernbahnhof Westberlins wurde. 

Bewegte Jahre zwischen Glanz, Protesten und Drogen

Mitte des 20. Jahrhunderts noch vom Glanz der nahe gelegenen Flaniermeile Kurfürstendamm bestrahlt, wurde die Umgebung des Bahnhofes Zoo ab den 1960er Jahren auch von der Studentenbewegung genutzt, die ihre Kritik ins Zentrum des Westens trug. Ein Jahrzehnt später bestimmten andere Akteure die Wahrnehmung: Der Zoo galt als Treffpunkt allerlei zwielichtiger Gestalten aus Subkultur und Drogenszene. Wer in den 1980ern „Bahnhof Zoo“ hörte, der mag zuerst an Christiane F. gedacht haben, jenes Mädchen, dessen persönlicher Niedergang so eng mit dem Ort verknüpft ist, an dem sie sich prostituierte und im Drogensumpf verirrte. Lange ist das her.

Mittlerweile hat der Zoo mit dem Fernverkehr einen Teil seiner exponierten Rolle zugunsten des Hauptbahnhofes vorerst eingebüßt. Das allerdings ändert nichts daran, dass er ein äußerst bedeutsames Reisezentrum bleibt und heute wie schon immer die Massen bewegt – als Monument und Identitätsanker eines ganzen Viertels.