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Antilopen Gang über ihre Dreiecksbeziehung und die Bundestagswahl

Wir sprechen mit Danger Dan von Antilopen Gang über die Dreiecksbeziehung seiner Band und warum Samy Deluxe lieber Songs übers Kiffen schreiben sollte.

Am 20. Januar 2017 ist „Anarchie und Alltag“ erschienen – in gewohnter Antilopen Gang-Manier nimmt die Band kein Blatt vor den Mund und streut lieber nochmal ’ne Extraportion Salz in die Wunde. Geradeaus und witzig – ein gewohnter Totentanz über Deutschland. Ein bisschen müde, aber wunderbar gut gelaunt und in ebenso üblicher albern bis ernster Art tritt Danger Dan ans Telefon und erklärt uns die dramatische Dreiecksbeziehung seiner Band und warum Samy Deluxe lieber Songs übers Kiffen schreiben sollte.             

Wie habt ihr den Jahreswechsel verbracht?

Wir haben den alle an verschiedenen Orten verbracht: ich in Berlin, Panik Panzer in Köln und Koljah in Düsseldorf. Panik Panzer hat ’ne Party gefeiert und wir waren nicht eingeladen, Koljah hat Käsefondue gegessen und wir waren nicht eingeladen und ich war in einer Kneipe um die Ecke. Habe aber auch keinen eingeladen (lacht). Wir haben gerade so viel miteinander zu tun. Wenn wir frei haben, freuen wir uns eigentlich voll, dass wir in verschiedenen Städten wohnen. Da wir sonst echt Tag und Nacht aufeinander rumhängen. Das ist wie so eine dramatische Dreiecksbeziehung – wenn man ab und an wieder Abstand nehmen kann, freut man sich auch wieder aufeinander. Und man ist dann auch produktiver.

Gibt‘s da ein fünftes Rad am Wagen in dieser dramatischen Dreiecksbeziehung?

Ja, mich vermutlich. Mal als Beispiel: Selbst jedes Facebook-Posting, was ich machen will, wird von Koljah und Tobi (Anm. d. Red.: Danger Dans Bruder „Panik Panzer“) nochmal doppelgecheckt. Ob die Kommas auch alle richtig sind und so. Aber sie haben ja auch recht, was meine Kommasetzung und Verpeiltheit angeht – ich bin eher so der kreative Typ (lacht).

Nun seid ihr ja aber eine Band, die sich auch im Punk daheim fühlt – für welches Genre würdest du dich denn entscheiden?

Das ist das Gute an der Antilopen Gang – wir können uns da nicht einigen. Bei mir wär‘s knallharter Punkrock. Bei Koljah wäre es klassischer Hip Hop mit hochgepitchten Vocalsampels und Tobi schlabbert irgendwo dazwischen herum. 

Ihr zieht keine Linie zwischen Musik und politischen Reflexionen. Wäre es nicht einfacher, unpolitisch zu sein? 

Wir haben uns nie vor die Entscheidung gestellt, ob wir politisch sein wollen oder nicht. Dennoch sehen wir uns in erster Linie als Band, die Musik machen will. Politische Menschen bleiben wir jedoch – aber das ist keine bewusste Entscheidung. Ich glaube aber, dass ein unpolitisches Leben auch sehr anstrengend sein kann. Damit kenne ich mich jedoch nicht so gut aus (lacht).

Findest du es verwerflich, wenn man sich als Künstler der Politik entzieht?

Nee, finde ich nicht. Das ist irgendwie ein Trugschluss, dass Künstler einen politischen Auftrag hätten oder noch viel wichtiger, dazu auch in der Lage sind. Es gibt Künstler und Politiker – und das muss nicht zwangsläufig einhergehen. Vor allem muss es nicht heißen, dass du vortreffliche gesellschaftliche Analysen machst und dann auch noch weißt, wie du darauf einzugehen hast. Es gab ja schon fast so einen Hype von Politrappern, und jeder Musiker versuchte ein politisches Statement zu machen. Ein super Beispiel ist Samy Deluxe. Der hat über Jahrzehnte darüber gerappt, wie gut er kiffen kann. Das war sehr unterhaltsam. Und dann machte er das Album „Männlich“ und war einfach nur super peinlich. Zudem hat er so ein Lied gemacht, eine versuchte coole Deutschlandhymne, wo er so was sagt, wie „Wir können doch auch nichts dafür, dass es irgendwann mal Hitler gab. Nun hört auf uns zu nerven“. Da macht der auf einmal irgendwie so einen Patriotenquatsch und meint das gar nicht böse. Mir ist es lieber, wenn er wieder übers Kiffen rappt – dann kann ich es mir wieder anhören. 

Was macht dich denn in Sachen Deutschland so wütend?

Wenn ich das konkretisieren und greifbar machen muss, dann die enorm vielen und ekelhaften Übergriffe auf Flüchtlingsheime. Dieser wahnsinnige Rassismus, der sich entladen darf. Der sich tarnt, als gehe es um Sorgen … Im allerbesten Fall machen die sich Sorgen um sich selbst und sind furchtbar egozentrisch. Man kann es sich nicht vorstellen – die Zahlen von Brandanschlägen im letzten Jahr sind im dreistelligen Bereich. Es gab mehr Übergriffe als es überhaupt Tage gab. Das macht mich sauer. 

Was würdest du denn eben beschriebener Personengruppe sagen, wenn du die Chance hättest?

Wenn ich solchen Leuten gegenüber stehe, steht da im Normalfall die Polizei dazwischen und verhindert, dass ich verprügelt werde. Somit besteht da nicht wirklich ein Kommunikationsfenster. 

Stell dir vor, von denen verirren sich nun welche auf euer Konzert – welches Lied würdest du spielen wollen?

Als erstes würde ich gerne „Atombombe auf Deutschland“ spielen. Ganz krumm und schief. Danach würde ich gerne ein Lied aus unserem neuen Album spielen – das heißt „Tinder-Menschen“. Da geht’s um einen Lutz und einen Dennis und zwei Biografien: Die eines Islamisten und die eines Pegida-Menschen. Diese werden nebeneinandergestellt und beleuchtet. Und wenn man sich die Parallelen anschaut, könnte man manchmal meinen, diese Pegida- Menschen sind eher neidisch auf die ISIS. Weil ISIS genau das auslebt, was die scheinbar wollen. Gerade, wenn wir folgendes in den Raum werfen: Homophobie, Familienbild, Ehre, Treue und Vaterland – und solche merkwürdigen Begriffe. Da sind die sich gar nicht so uneinig. Wäre wahrscheinlich ein guter Stammtisch.

Ist Anarchie die Lösung?

Anarchie ist eine herrschaftsfreie Gesellschaft, die nicht auf Kriegen, sondern auf Solidarität basiert. Dennoch eine Utopie – vermutlich keine real greifbare Lösung. Solche Utopien sind trotzdem nicht falsch, um sie im Hinterkopf zu behalten auf der Suche nach Lösungen.

Ein kleiner Ausblick auf 2017 – auf was freust du dich am meisten?

Ich freue mich auf die Tour! Ich gehöre auf Bühnen! Ich bin wahnsinnig und nur wenn man auf Bühnen steht, fällt das keinem auf, um für ein paar Minuten Normalität zu erlangen.

2017 – wovor graut es dir am meisten?

Vor der Bundestagswahl. Ganz klar. Wir wissen ja schon, wie viele Idioten da draußen rumlaufen, doch dort wird der Moment kommen, wo wir es empirisch nachweisen können. 

Live: erleben könnt ihr Antilopen Gang 

am 2. März 2017 im Alten Schlachthof Dresden und

am 3. März 2017 in Huxleys neue Welt in Berlin. 

Wir verlosen 2×2 Tickets zum Konzert in Dresden. 

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