EAT PAY LOVE – Digitalisierung in der Gastronomie

Digitaliserung ist in aller Munde. Oft spaltet sie aber in extreme Lager – von Überwachungsstaat bis hin zu großem Nachholebedarf. Wir picken einen Streusel aus dem Kuchen und schauen, wie Dresdner Gastronomen mit dem heutigen Stand der Digitaliserung umgehen, welch Segen und welch Fluch sie sein kann.

Wenn mein Kühlschrank leer ist, schickt er mir nach der Arbeit immer eine SMS. „Yevgeniya, du musst einkaufen gehen.“ Nur was? Auch auf diese Frage hin antwortet mir mein Kühlschrank mit einer Auswahl an Rezepten, die ich gegebenenfalls mit den Zutaten, die ich noch zu Hause habe, nachkochen kann. Zugegeben, diese „Yevgeniya“ wird diese SMS wohl erst in zehn Jahren erhalten. Denn was Digitalisierung anbelangt, ist Deutschland von Moderne wohl so weit entfernt, wie „Bauer sucht Frau“ von Reality TV. Dennoch versuchen Firmen zunehmend, Arbeitsabläufe zu digitalisieren. Facebook, Twitter, Instagram und Co. gehören bereits wie die dauerbetriebene Kaffeemaschine und leere Druckerpatronen vor der wortwörtlichen Deadline zum Standardrepertoire jedes Unternehmens. Analoge To-Do-Listen werden zum Hipsterrelikt und Collagen heißen heute Moodboard. Dass Digitalisierung aber nicht immer in die zwei Ecken eines Boxrings namens „Spielerei“ und „Totalüberwachung“ verbannt werden muss, zeigen Anwendungen, die beispielsweise Produktbestände oder Produktionsketten digital überwachen, sich mit-hilfe von Sensoren oder Codes kontrollieren lassen und damit unter die Gewichtsklasse „Nützlich“ fallen. Doch selbst, wenn wir im doppelten Sinne abschalten wollen, uns ein wenig „Digital Detox“ gönnen, kommen wir selbst unbewusst manchmal nicht drumherum. Und wenn der Kühlschrank schon mal leer ist und es keine App gibt, die einen daran erinnert, einkaufen zu gehen – warum dann nicht essen gehen?

Auch Dresdens Gastronomie profitiert von der Digitalisierung, insbesondere im Zusammenhang mit modernen Zahlungsmitteln. „Mobile Kassengeräte und Kartenlesegeräte sparen wertvolle Zeit“, meint Martin Heller, Gründer von Hellers Kuchenglocke, mit Sitz im Herzen der Neustadt. „Das System passt super in unser junges Unternehmen.“ – „Zahlungsmodalitäten sind ein nicht zu unterschätzender Faktor“, meint auch Marcus Blonkowski, der zusammen mit seiner Schwester Nicole das Genuss Atelier gründete. Dennoch gibt es auch hier einiges an Nachholebedarf: Besonders an Feiertagen, wie z.B. Silvester, kann das digitale System schon mal Lücken aufweisen – Ausfälle, doppelte oder gar nicht registrierte Buchungen sind bei der Zahlung nur der erste Dominostein, der eine Kettenreaktion an bürokratischen, wenn nicht sogar wirtschaftlichen Problemen auslöst, für die der Gastronom zwar nichts kann, welche aber auf ihn zurückgeführt werden. 

Neben diesen führen aber auch banale Probleme zu weniger Umsatz in der Küche: Meistens ist eine Kartenzahlung in Restaurants erst ab 10 € möglich oder wird gar nicht erst angeboten. Für den kleinen Appetit ist hierzu also erst einmal der Gang zum nächsten Bankautomaten nötig, wodurch die Nudeln mit Ketchup von zu Hause plötzlich Vorzug erhalten. Grund hierfür sind die Gebühren, die für Gastronomen mit der Kartenzahlung einherkommen. D.h. der Gastronom hat nun die Wahl, vom Gast zuzüglich zum Essen einen Aufschlag für die Kartenzahlung oder Mindestzahlbeträge einzufordern – weswegen die Mehrzahl der eigenständigen Gastronomen die Kartenzahlung vollends ablehnt. Es sind viele Vorzüge, die bspw. das System von orderbird mit sich bringt, mit welchem Kartenzahlungen auch über Smartphones möglich ist oder durch Funkbonierung Laufwege von Kellnern und damit auch die Zeit des Gastes gespart werden – aber die Digitalisierung der Gastronomie steckt noch in den Kinderschuhen. Prinzipiell sind Gastronomiebetriebe in Dresden, wie das Sprout, das Stullenbüro oder oben genannte der digitalen Möglichkeiten nicht abgeneigt, nur müssten hierfür bessere Bedingungen geschaffen werden, die den Kern des eigentlichen Zwecks der Digitalisierung treffen: Die Erleichterung des Arbeitsalltages.         

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