Eine Straße mit Tradition, Geschichte – und jeder Menge Stammgäste

Denken wir an Striesen, denken wir an Familien, Omis und schöne Altbauten. Irgendwie klingt das doch ein bisschen spießig, oder? Tatsächlich steppt auf der Schandauer Straße nicht so wirklich der Bär wie in der Neustadt und auch Touristen verirren sich eher selten hierher. Und doch hat die Schandauer Straße vor allem zwischen Pohlandplatz und Altenberger Straße einiges mehr zu bieten. Hier treffen Kultur und Tradition aufeinander und ergeben eine gemütliche Mischung mit Wohlfühlcharakter.

Hier kämpft man gegen die Tristesse

Zugegeben, die ersten hundert Meter der Schandauer Straße wirken etwas trist. Einige Neubauten säumen die Straßenränder und statt imposanter Gebäude oder cooler Locations erstrecken sich momentan diverse Großbaustellen bis hin zum Pohlandplatz. Nichtsdestotrotz gibt es auf der Schandauer Straße einiges zu entdecken.

Kleine Cafés und Restaurants, wie man sie aus der Neustadt kennt, sind hier zwar eher Mangelware, doch im Café Lino kann man auch auf der Schandauer ganz gemütlich Kaffee trinken. An der Haltestelle Bergmannstraße eröffnete das etwas unscheinbare Café, das im Sommer bis zu 18 italienische Eissorten anbietet, vor ungefähr drei Jahren. Das gemütliche, aber moderne Ambiente und der leckere Kuchen vom Bäcker des Vertrauens laden zum Verweilen ein. Kaffee, Chai Latte oder Cappuccino gibt‘s selbstverständlich auch to go. Die echten „Hotspots“ der Schandauer liegen jedoch zwischen Pohlandplatz und Altenberger Straße.

Kultur vs. Technik

Vom Pohlandplatz aus erblickt man so zunächst den 62 Meter hohen Kirchturm der Versöhnungskirche, die als Station auf dem Dresdner Revolutionsweg zu den wichtigsten Orten der Dresdner Wendezeit ’89 zählt. Genau gegenüber sieht man die Technischen Sammlungen, wo Technik und Wissenschaft zu einem wahren Erlebnis werden. Das Museum selbst befindet sich im Gebäude der ehemaligen Ernemann-Kamerafabrik, eines der vielen zur Jahrhundertwende erbauten Fabrikneubauten auf der Schandauer. Der 84 Meter hohe Ernemannturm gilt auch heute noch als Wahrzeichen der Dresdner Fotoindustrie. Kleiner Geheimtipp: Ab 12 Uhr ist freitags (ausgenommen von Feiertagen) der Eintritt frei!

Einige Meter weiter schließt sich das Medienkulturzentrum Dresden an, das sich seit 20 Jahren als Institution mit zahlreichen medienpädagogischen, -künstlerischen sowie kulturellen Angeboten und Projekten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene etabliert hat. Im selben Gebäude befindet sich im obersten Stockwerk das Kino im Dach (kid). Kinoleiter Bernhard Reuther bedient mit seinem ausgewählten Programm aus vielen kleinen Independent-Produktionen, Dokumentar-, Musik und Queerfilmen sogar im Bereich des Progammkinos eine Nische. Ein Blick ins aktuelle Programm lohnt sich also. Wer nicht fündig wird, schaut einfach ein paar Meter weiter im Programmkino OST an der Ecke Altenberger Straße vorbei. Um den Besuchern ein noch breiteres Programmspektrum bieten zu können, wurde das 1936 erbaute Kino 2009 komplett saniert und durch einen Anbau auf ins-
gesamt fünf Säle erweitert. Wer eher auf Home-Kino steht, begibt sich gegenüber vom kid ganz oldschool in eine Video-World-Filiale. In der Videothek ist besonders am Wochenende trotz Netflix & Co. viel Betrieb. Normale Filme gibt es ab 1,62€ pro Kalendertag und auch mit klass-
ischen Kinosnacks kann man sich hier selbst zum Sonntag eindecken. Im Stückwerk nebenan könnt ihr passend für einen Couchabend seit einem knappen Jahr Pizza und Pasta to go ergattern.

„Man kennt sich“ – Stammkunden und familiärer Flair

Die meisten Läden, Restaurants und Imbisse auf der Schandauer Straße haben ihre Stammgäste- und kunden. Das gilt auch für den 1999 eröffneten Pub und Restaurant Paddy Foley‘s an der Ecke Lauensteiner Straße, wenige Meter vom Progammkino OST entfernt. 120 Whiskey- und fünf Biersorten vom Fass sowie die hochwertige Küche (urbanite berichtete) locken jedoch nicht nur die knapp 1.200 Stammgäste ab 15 Uhr in den Pub. „Wir profitieren auf jeden Fall vom Kino, aber als Restaurant und Kneipe haben wir hier auch Alleinstellungsmerkmal“, verrät einer der drei Restaurantleiter, „daher sollte man auch unter der Woche reservieren.“ Wer lieber schnell, lecker und günstig essen möchte, findet ein paar Schritte vom Pub entfernt den Asia Imbiss Mekong. Geschäftsführer Phan Van Xuyen und seine Frau führen den Laden seit knapp 20 Jahren und auch sie setzen auf Stammkunden – wie die jungen Männer vom Beruflichen Gymnasium. „Wir essen einmal die Woche hier“, erzählt einer von ihnen. Den besten Döner gibt es übrigens beim Kebab Haus Istanbul gegenüber vom kid; und wie sollte es anders sein, kennt man sich auch hier. „Ich arbeite seit 13 Jahren hier. Bei 60% der Gäste wissen wir, was sie bestellen werden“, so der stellvertretende Geschäftsführer Bülent Kaya. Er begrüßt Attila, der seit zehn Jahren Freund des Hauses ist, sofort mit Tee und einem herzlichen Wangenkuss. Dieser lobt: „Hier stimmt nicht nur die Qualität des Essens, sondern das ganze Team hinter der Theke. Der Chef ist hier immer mit dabei!“.

Striesener Urgestein und junge Keramikkunst

Das vermutlich älteste Gewerbe auf der Schandauer Straße 61 ist die Fleischerei Otto, in der seit 1903 hoch-
wertige Fleisch- und Wurstspezialitäten nach altem Fami-
lienrezept hergestellt werden. Künstliche Zusatzstoffe kommen bei Otto nicht in die Wurst. „Wir verwenden nur Salz und Naturgewürze und setzten statt auf Massenproduktion auf Qualität und Regionalität, was besonders in den letzten Jahren auch bei jungen Leuten gut ankommt“, so die Angestellten. Im Gegensatz zum traditionellen Familienbetrieb Otto befindet sich das MadeByYou vier Häuser weiter erst seit 4 Jahren auf der Schandauer Straße. Hier kann man ab 3€ kleine Figuren, Tassen und anderes selbst bemalen und brennen lassen. Da der Laden immer gut besucht ist, solltet ihr auch hier vorher einen Malplatz reservieren. Wen danach der Süßhunger überkommt, der wird in der Schaubäckerei Ullrich an der Ecke Hofmannstraße, einige Meter hinter dem Programmkino Ost, fündig. Hier kann man den Bäckern nicht nur seit zwölf Jahren live über die Schulter schauen, sondern bekommt vor allem leckeren Kuchen, Brot und Brötchen nach selbst kreierten Traditionsrezepten. Auch setzt man bei der Herstellung auf Rohstoffe aus der Region. Das kommt gut an und so wurden Ullrichs, als eine der wenigen lizenzierten Stollenbäckereien, in diesem Jahr sogar vom Feinschmecker als „Beste Bäckerei Deutschlands 2017“ ausgezeichnet.

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