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Quidditch in Dresden: Brooms up!

Quidditch ist eine junge Sportart und auch jenseits der Harry-Potter-Wellt auf der Überholspur. Wir haben den Dresden Deluminators einen Besuch abgestattet.

Petrus musste schlicht seine Finger im Spiel gehabt haben, denn das Wetter verlangte regelrecht an jenem Sonntag, dem Outdoorsport zu fröhnen. Das Quidditchteam der Deluminators Dresden hatte zum Freundschaftsspiel gegen die Jena Jobberknolls geladen und so sind einige zu dem provisorischen Quidditchfeld unweit der Dynamo-Trainingswiese im Großen Garten gepilgert.

Zwischen 30 und 40 Schaulustige haben sich platziert und warten gespannt, dass der Schiedsrichter das Match mit den Worten „Brooms up!“ eröffnet. Eine Zuschauerin hat sogar ihren rot-gold gestreiften Gryffindor-Schal aus dem Schrank gewühlt. Das war es dann aber auch schon mit dem Harry Potter-Merchandise, denn auch wenn das Spiel einem Fantasy-Jugendbuch entsprang, meint hier niemand, sich eine blitzförmige Narbe auf die Stirn malen zu müssen. Es geht nicht um Fan-Kult, sondern darum, bei einer Vollkontaktsportart mächtig ins Schwitzen zu kommen.

„Klar bringt Quidditch vor allem die Leute zusammen, die die Harry Potter-Welt lieben, aber viele haben auch einfach wegen der Sportart an sich Blut geleckt“, so Lea Scheuvens. Sie ist Team-Kapitän und Gründungsmitglied der Deluminators Dresden. „Im Grunde lässt sich Quidditch als eine Mischung aus Handball, Rugby und Völkerball beschreiben.“  Wobei hier zusätzlich noch vier Bälle zeitgleich im Spiel sind.

2005 machten zwei Studenten des Middlebury College in Vermont (USA) den fantastischen Sport auch für nicht magische Wesen spielbar. „Ich finde die Adaption wirklich sehr gelungen“, so Lea. „Auch der dritte Klatscher – den es im Orignal nicht gibt – ist wirklich essentiell. Durch das Ungleichgewicht kommt Spannung ins Spiel, da ein 2:1-Klatscherbesitz sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung unheimlich wertvoll ist.“

Auf dem Feld ist das Geschlecht egal

Durch einen Freund kam Lea, damals noch in ihrer Heimatstadt Bonn, zu den Rheinos, einem der ersten deutschen Quidditchteams. Mit ihnen bestritt sie internationale Turniere und wurde 2016 auch Deutscher Meister. Doch der Weg von Dresden nach Bonn ist weit und zunehmend wuchs der Wunsch eines Teams vor der eigenen Haustür heran. Schließlich trafen sich sechs Gleichgesinnte zum ersten Training im August letzten Jahres im Großen Garten. Nur Monate später gab es auch schon ein passendes Logo, Flyer waren gedruckt und auch das vor der Alten Mensa abgehaltene Schautraining brachte die erhoffte Aufmerksamkeit. „Wir wünschen uns noch ein paar mehr Leute im Team. Aber so langsam kommt es jetzt richtig ins Rollen“, meint Lea und deutet zufrieden auf einige erst kürzlich zum Team hinzugestoßene Neulinge.

Quidditch begeistert und wird auch zunehmend professioneller. Die International Quidditch Association zählt mittlerweile über 500 Teams in 26 Ländern. Auf europäischer Ebene seien die Sprünge in der spielerischen Qualität enorm, so Lea. Für sie birgt diese noch recht junge Sportart eine Menge Potential, auch weil sie ausschließlich in Mix-Form, Männer und Frauen stehen also immer gemeinsam auf dem Feld, gespielt wird!

Deluminators vs. Jobberknolls

Die Übertragung der Sportart aus dem Fantasybereich bringt es mit sich, dass in der Praxis manche Elemente mit einem Schmunzeln bedacht werden. Denn natürlich lässt sich der Ritt auf einem Besen lediglich simulieren, was einen durchaus gewöhnungsbedürftigen Anblick bietet, wenn jeder Spieler mit einem halbelastischen Stab zwischen den Beinen über das Feld hastet oder wenn der zu 100% nicht magische, sondern menschliche Schnatz, in fröhliches Gelb gekleidet, das Feld betritt. 

Das Belächelt werden, kennt Lea sehr gut, „das hält aber etwa nur so lange an, wie die Leute es noch nicht ausprobiert oder wenigstens mal zugesehen haben.“ Und tatsächlich, während Deluminators und Jobberknolls übers Feld sprinten, schauen die Gesichter am Spielfeldrand nur wenige Minuten amüsiert drein, bis stattdessen ein konzentriertes Starren einsetzt. Denn selbst wenn einem das Spielziel seit Harrys erstem Schuljahr mehr als klar ist, kann man den Vorgängen auf dem Feld nur mit Mühe folgen.

„Die Dynamik macht Quidditch aus“, ist eines von Leas Pro-Argumenten. Spätestens beim Zuschauen versteht man, was sie damit meint. Da der Jäger mit dem Quaffel, der gerade noch rechtzeitig den Pass auf seinen Mitspieler geben kann, bevor ihn der Klatscher erwischt und er kurzzeitig aus dem Spiel ist, woanders zwei Treiber, die einem verirrten Klatscher nachhechten, während ein paar Meter weiter ein Jäger versucht, seinen Gegenspieler in Rugbymanier aufzuhalten. Und all das mit Handicap, denn das ist es letztlich, was der rudimentäre Besen tatsächlich darstellt: Kein abgedrehtes Accessoire, sondern eine Beeinträchtigung, deren Umgang gelernt sein will und die der vielbeschworenen Dynamik des Spiels wirklich guttut.

Ziele für 2018 sind gesteckt

Ab Minute 17 betritt der Schnatzläufer mitsamt am Hosenbund befestigtem Schnatz das Feld. Eine Minute später folgen ihm die Sucher. Dann entwickelt sich zusätzlich zum restlichen Geschehen zwischen den dreien noch etwas, was entfernt an Ringkampf erinnert. 

Die Gesamtheit des Spiels mit nur einem Augenpaar zu erfassen, scheint schlicht unmöglich. „Stimmt schon, ganz so einfach ist es nicht. Im Spiel ist es eine Kombination aus Strategie, Körperlichkeit und man muss immer die Übersicht bewahren“, so Lea ein wenig schmunzelnd, „aber es macht eine Menge Spaß!“ 

Zurzeit sind die Deluminators beim Deutschen Quidditchbund noch Entwicklungsmitglied „und nach wie vor auf der Suche nach Leuten, die Bock haben, den Sport mal auszuprobieren“, ergänzt Lea augenzwinkernd. Mittelfristig streben sie aber bereits die Teilnahme bei der Deutschen Meisterschaft 2018 und die Meldung für die Ostdeutsche Liga an. Dort warten dann Gegner wie Leipzig, Berlin, Chemnitz und eben Jena auf sie. Dass sie allemal mithalten können, wird an jenem Sonntag offensichtlich. Mit 120:90 gewinnen die Deluminators das erste Spiel. Und als der Dresdner Sucher den Schnatz in Händen hält, lassen es sich die Zuschauer auch nicht nehmen, spontan zu applaudieren.  

+++ Lust mitzumachen? +++

Dann schau doch direkt mal beim Training vorbei. Vorerfahrung ist nicht zwingend erforderlich! 

Wann? Immer sonntags 16 Uhr im Großen Garten. 

Noch Fragen? Du erreichst die Deluminators Dresden unter www.facebook.de/QuidditchDresden

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