Voy! 1. FC Lok Leipzig Blindenfußball

Wi besuchten die Blindenfussballer des 1. FC Lok Leipzig und staunten nicht schlecht über den Sportsgeist und den Zusammenhalt innerhalb .

Die Fußball-Uhren scheinen sich in Leipzig etwas schneller zu drehen. So wie just RB Leipzig einen rasanten Aufstieg aus der Oberliga in die Bel Etage des Fußballs hinlegte, gelingt es nun auch zwei Spielern vom 1. FC Lok Leipzig – Saisonstart erstes Maiwochenende.

© Florian Eib
Dann startet die Blindenfußball-Bundesliga und erstmals werden auch zwei Leipziger mitspielen. Darauf haben Britt und Falko lange hingearbeitet. Endlich können sie sich mit den großen Fußballvereinen der Republik messen. „Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass ich das schaffe“, freut sich Britt auf die Herausforderung. Im Oktober 2015 war sie zusammen mit Falko die erste Spielerin bei einem Probetraining des 1. FC Lokomotive Leipzig Blindenfußball. Viel ist seitdem passiert. Die Halle, in der sie damals trainiert haben, ist mittlerweile vom stumpfen Kunstrasen befreit, ein neuer saftig grün leuchtender Rasen ist verlegt. Akribisch trainieren Britt und Falko ein bis zwei Mal pro Woche, fahren dafür jeden Dienstag extra nach Chemnitz, um zusammen mit den Blindenfußballern vom Chemnitzer FC zu kicken.

So viel Engagement zahlt sich aus: „Die persönliche Entwicklung von jedem in der Mannschaft ist wirklich groß. Mittlerweile können wir das Spiel ganz gut, aber man kann immer noch etwas verbessern“, gibt Falko selbstkritisch zu. „An Dribbling und Ballkontrolle muss ich noch weiter arbeiten.“ Tatsächlich ist das Führen des Balles eng am Körper und wechselnd zwischen den beiden Fußinnenseiten hin und her die größte technische Herausforderung beim Blindenfußball. Mal abgesehen davon, dass man sich überhaupt erst mal auf dem Spielfeld zurechtfinden muss.

Blindes Verstehen auf dem Rasen

Beim Blindenfußball spielen Spieler mit unterschiedlich starker Sehbehinderung gemeinsam. Alle tragen Dunkelbrillen, sodass sie sich komplett blind über das Feld bewegen müssen. Eine Blindenfußballmannschaft besteht insgesamt aus fünf Spielern – vier Blinde, ein sehender Torwart. Britt und Falko werden gemeinsam mit den Blindenfußballern vom Chemnitzer FC auf dem Feld stehen. Eine Mannschaft aus zwei Städten, Chemnitz und Leipzig – eine Spielgemeinschaft, die im Sehenden-Fußball wohl undenkbar wäre: „Im Blindenfußball ist sicherlich Einiges möglich, da existieren solche Feindschaften nicht“, weiß Trainer Frank Kayser. Sein Name ist mit dem Blindenfußball in Leipzig mittlerweile eng verbunden. Vor fast genau drei Jahren zog es den gebürtigen Kölner in die Messestadt. Aus einer Stellenausschreibung erfuhr er vom Projekt Blindenfußball beim 1. FC Lok und meldete sich. Für den ausgebildeten Fußball-Lehrer, der früher auch selbst in der 2. Fußball-Bundesliga kickte, war es der erste Kontakt mit dem Sport: „Ich habe mir das auch nicht träumen lassen, als ich 2015 nach Leipzig kam“, sagt der 53-Jährige heute.

© Florian Eib

Ursprünglich war das Ziel innerhalb eines Jahres, eine gesamte Mannschaft in der Blindenfußball-Bundesliga zu melden: „Ich habe es mir leichter vorgestellt, eine Mannschaft aufzubauen. Dann wurde ich Realist und habe gesehen, wie schwer es eben auch ist, Fußballer ran zu holen, die Lust haben sich zu bewegen, Lust haben, Fußball zu spielen – und eine entsprechende Sehschwäche haben“.Kayser wertet es als ein Teilerfolg, dass mit Britt und Falko zwei Spieler aus seiner Mannschaft in der Blindenfußball-Bundesliga zum Einsatz kommen. Von seiner eigentlichen Zielstellung weicht der Rheinländer allerdings nicht ab – er möchte den 1. FC Lokomotive Leipzig als Team irgendwann in die Blindenfußball-Bundesliga führen. Was ihn an dieser Sportart so fasziniert? „Es ist Wettkampf da, es ist Siegeswille da, es ist Zweikampf da, aber man hilft sich untereinander. Das ist etwas im Blindenfußball, was ich vom Sehenden-Fußball nicht kannte. Man bekommt außerdem auch menschlich sehr viel von den Spielern zurück.“ 

„Hauptsache es macht Spaß“

Nach wie vor freut sich der 1. FC Lok Leipzig Blindenfußball über jedes neue Gesicht. Nebenbei gehören zu einer Blindenfußball-Mannschaft nicht nur Spieler auf dem Feld. Fester Bestandteil des Blindenfußball-Spiels ist die Kommunikation zwischen Sehenden und Blinden. Torhüter, Trainer und Tor-Guide können über Kommandos Einfluss auf das Spielgeschehen und die Aktiven nehmen. Insofern seien Interessierte jederzeit herzlich eingeladen, so Kayser. Der Fokus liegt im Moment aber auf dem Saisonstart. Ein Saisonziel wolle man dabei allerdings nicht so recht ausgeben. „Es geht erst einmal darum, Erfahrungen und Spielpraxis zu sammeln. In der Bundesliga ist es knallhart, wir haben bisher bei Freundschaftsturnieren mitgespielt und da wird alles noch etwas lockerer gesehen. Sonst machen wir uns aber keinen Kopf, es kommt, wie es kommt“, schmunzelt Falko nur und Britt ergänzt: „Hauptsache es macht Spaß“.

Die Blindenfußball-Bundesliga …

… geht 2018 in die elfte Saison. Mit dabei sind sieben Teams, unter anderem der FC Schalke 04, Borussia Dortmund und der FC St. Pauli. An fünf Wochenenden von Mai bis August treffen sich alle Mannschaften an wechselnden Orten zum Spieltag. Im vergangenen Jahr feierte der 1. FC St. Pauli vor über 400 Zuschauern auf dem Marktplatz in Halle (Saale) den Meistertitel. Der Chemnitzer FC beendete die Saison auf dem vierten Rang.

Wie spielt man Blindenfußball?

Blindenfußball ist eine der beliebten Sportarten für Menschen mit Sehbehinderung. Seit 2004 ist der Sport paralympisch und hat sich spätestens seitdem über die ganze Welt verteilt. Das Spielfeld beim Blindenfußball ist 20 x 40 m groß. Gespielt werden 2 x 20 Minuten. Den Spielerinnen und Spielern werden mit Dunkelbrillen die Augen verdeckt. So haben alle die gleichen Voraussetzungen, sie sehen nichts. Ausgenommen davon ist der Torwart, der nicht nur das 3,66 m breite und 2,14 m hohe Tor bewacht, sondern seinen Mitspielern auch Anweisungen geben kann. Er darf sich nicht frei über das Feld bewegen, sondern muss sich in einem Zweimeterraum vor dem Tor aufhalten.

Blindenfußballer müssen sehr genau hören können. Der Spielball ist im Inneren mit Rasseln präpariert, um gefunden zu werden. Die meisten anderen Regeln sind ähnlich wie beim Sehenden-Fußball auch. Es gibt einen Strafraum, einen Strafstoß, Eckbälle, Mauerstellung, Auswechslungen. Hinter dem gegnerischen Tor gibt es außerdem einen so genannten „Guide“, der den Angreifern seiner Mannschaft Hinweise gibt. Damit die Spieler beim Blindenfußball nicht ineinanderlaufen, machen sie sich durch Rufen des Wortes „Voy“ bemerkbar. Voy ist Spanisch und heißt so viel wie „Ich komme“.

Übrigens: Wer Bindenfußball in Leipzig erleben möchte: Im Oktober findet zum 7. Mal der Sächsische Blindenfußball-Cup in der Sporthalle am Rabet statt. Das Turnier ist traditionell mit internationaler Beteiligung.

weitere Informationen: www.blinden-fussball.de

Trainingszeit des 1. FC Lok Leipzig: Montags 18:30 Uhr auf dem Gelände des Bruno-Plache-Stadions: www.lok-leipzig.com/breitensport/blindenfussball