Im Versuch, die Zeit zu dehnen Alexa Feser im Interview: „Aus dem Anders sein eine Tugend gemacht“

Alexa Fesers neues Album „Zwischen den Sekunden“ erscheint Ende Februar. Im Mai geht es auf große Deutschlandtour.

Alexa Feser gehört zu jenen Künstlern, die lange um die Gunst eines Labels kämpfen mussten. 2014 belehrte ihr Debütalbum „Gold von morgen“ alle Kritiker eines Besseren. Album Nummer zwei steht nun in den Startlöchern, ebenso wie ihre Tour, die sie am 17. Mai 2017 auch in den Beatpol und am 19. Mai 2017 ins Täubchenthal führen wird. 

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Alexa, wie geht’s dir? Aufgeregt, so kurz vor dem Album-Release? 

Tatsächlich bin ich immer vor Tour-Konzerten sehr aufgeregt, wenn ich also live spiele. Aber vor einer Veröffentlichung gibt es keinen spezifischen Moment, der vergleichbar wäre mit der Aufregung vor einem Auftritt. Natürlich bekomme ich das Feedback von Fans schon mit, aber es ist eben nicht so ein extremer Moment, wie bei einem Live-Konzert. Man sollte sich da auch nicht zu sehr in eine Aufregung reingeben… es würde nichts an dem ändern, was ich machen will und das ist nun mal auf der Bühne Musik machen. 

Man sagt das zweite Album sei oftmals das schwierigste, weil damit auch immer bestimmte Erwartungen verknüpft sind. Hast du das auch so empfunden? 

Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wie die Erwartungen von Außen sind.

Es kommt wahrscheinlich auch darauf an, was man für ein Typ ist. Ob man immer hohe Erwartungen in sich selbst setzt oder einfach immer weitermachen will. Und ich möchte einfach immer nur ein nächstes Album machen. Parallel nehm’ ich auch schon wieder Songs auf… Für mich ist das ein fortlaufender Prozess. Höchstwahrscheinlich haben alle um mich herum noch einmal ganz andere Erwartungen in das Album als ich. Aber darüber versuch ich mir keine Gedanken zu machen. 

Verständlich, aber deine letzte Platte schaffte es auf Platz 19 der Albumcharts. Das ist ja schon eine Hausnummer…

Für mich – und da sind wir jetzt wieder beim Live-Publikum – ist es total entscheidend, dass die Tour gut läuft, dass die Leute mich besuchen und sich meine Konzerte anschauen und ich was mit ihnen teilen kann. Na klar braucht man dazu ein gut laufendes Album. Aber ich mache das nicht anhand der Chart-Position so fest. Ich freue mich, wenn ganz, ganz viele Leute zu meinen Konzerten kommen. Das ist mir das Wichtigste. 

Dein neues Album heißt „Zwischen den Sekunden“. Zwischen welchen Sekunden?

Zwischen den Sekunden fasst für mich Momente zusammen, die sich innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde entscheiden. Ein Gefühl wie sich zu verlieben, jemanden sympathisch finden oder Gänsehaut, weil einen was so sehr berührt. Alles Momente, in denen man das Gefühl hat, Sekunden können zu einer Ewigkeit werden. Ich versuche dadurch die Zeit zu dehnen.

Man merkt auch bei diesem Album, dass du beim Songwriting nicht nur eine intrinsische Perspektive einnimmst, sondern dich auch viel mit deiner Umwelt auseinandersetzt.

Es hält sich ganz gut die Waage, denke ich. Es gibt sehr persönliche Songs, wie „Herz aus zweiter Hand“ oder „Nach Norden“. Aber ich lebe ja nun auch in Berlin am Alexanderplatz – bin für das Album her gezogen – und hab hier viele Menschen und Situationen kennenlernt, die es auch einfach wert sind, dass sie dokumentiert und aufgeschrieben werden. Für mich war der Ort sehr speziell, auf der einen Seite sehr inspirierend und schön und auf der anderen auch fremd und düster.

Ich bin zwar ein Beobachter, aber versuche schon durch meine eigene Brille zu beschreiben und letztlich auch zu singen. Dadurch sind alle Songs trotzdem irgendwie sehr persönlich. Manche sind einfach ein Zeitzeugnis, von dem was gerade so passiert. Auch was emotional in der Luft liegt.

Eine Zeile, die die Platte ganz gut beschreibt, lautet: „88 Tasten, 52 weiß. Manche von den schwarzen zeigen schon Verschleiß.“ Bist du eher ein nachdenklich-melancholischer Mensch? 

Ich trage die komplette emotionale Bandbreite in mir. Das eingrenzen zu wollen, würde nicht funktionieren

Ich glaube auch, dass fast alle Menschen diese Bandbreite haben, nur nicht alle diese Vielfalt ausleben, weil viele die Kontrolle über ihre Emotionen behalten wollen.

Ich fühle mich sehr frei in meiner Art mich meiner Gefühle hinzugeben und das in Songs zu verpacken. Ich würde daher dem Album auch die komplette Bandbreite zusprechen.

Der Übergang von guter Lyrik zu Kitsch ist oft fließend und obwohl du sehr bildhaft schreibst, ist es nicht unbedingt klischeehaft… aber mal ehrlich, bist du beim Songwriting nicht aus Versehen mal in die Kitschzone abgeglitten? 

Ich bin in meiner Sprache eher schlicht und urban, egal ob ich schreibe oder spreche. Ich bin mir da sehr treu und suche auch immer urbane Bilder. Kein Gefühl darf entwertet werden, nur weil man kein passendes Bild dafür gefunden hat und es dadurch Kitsch werden würde. In meiner Schulzeit war ich immer ein Außenseiter. Weil ich anders gesprochen und generell anders gehandelt habe. Ich habe aus meinem „Anders sein“ eine Tugend gemacht. 

Auf dem Album gibt es auch ein Feature mit Curse. Wie kam es dazu? 

Ich wollte ein Feature, aber kein klassisches Duett. Es sollte jemand sein, der etwas Gegensätzliches macht, aber trotzdem in irgendeiner Form in der gleichen emotionalen Welt stattfindet. Curse tut das absolut. Von daher haben wir uns ganz gut ergänzt. Das Lustige ist, dass ich eh schon immer Fan war und durch Zufall meine Produzenten auch eines seiner Alben produziert hatten. Die Möglichkeit war somit ganz nah und dazu kommt ja immer eine Form der Chemie. Und die hat bei uns wirklich gestimmt. Daraus ist dann „Wunderfinder“ entstanden.  

Dein letzter Bühnen-Besuch in Sachsen war zu den Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit. Das Konzert im Mai wird deutlich kleiner ausfallen. Wo fühlst du dich wohler?

Natürlich ist da nochmal ein Unterschied, ob man vor Menschen spielt, die nur wegen einem selbst gekommen oder eben generell da sind… Zwar habe ich schon auf großen Bühnen gestanden, aber eben als Teil eines Festivals oder Konzerts, wo Menschen wegen unterschiedlichen Künstlern dort sind.

Ein Ritterschlag ist es, wenn man natürlich auf grossen Bühnen steht und die Menschen nur wegen mir kommen. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es auch anonym sein kann, weil man sehr viel weiter weg vom Publikum steht. Der direkte Kontakt ist auch sehr schön. Das ist super emotional und sehr persönlich, wenn man den Leuten ins Gesicht schauen und auch ins Publikum gehen kann, was ich generell bei meinen Konzerten immer mache.

Verschwimmen Städte, in denen du gastierst eigentlich irgendwann zu anonymen Bühnen? 

Nein. Generell nie.

Und Leipzig und Dresden sind für mich schon besonders. Zum einen sind sie nah zu Berlin, wo ich ja wohne und mein Bassist kommt auch aus Leipzig. Dadurch bin ich auch ab und an mal dort und in Dresden sowieso. 

Das ist dann schon so ein bisschen eine Herzensangelegenheit. Ich habe auch die letzten beiden Auftritte, die ich in Dresden und Leipzig hatte, als sehr emotional empfunden. Die Menschen sind total offen und haben auch Bock auf Konzerte. Das ist manchmal in südlicheren Gefilden ein bisschen schwieriger. Also Leipzig und Dresden machen es mir besonders einfach, weil hier wirklich alle emotional so sehr dabei sind.

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