Leipziger Stadtrat bewilligt Antrag über die Abschaffung der Sperrzeit Ausgesperrt! Aktueller Stand zur Sperrstunde in Leipzig

Durch ein Votum im Stadtrat wurde Ende Februar 2018 die Verwaltung beauftragt, eine rechtsverbindliche Regelung zur Abschaffung der Sperrstunde vorzulegen.

Durch ein eindeutiges Votum im Stadtrat wurde am Mittwoch, den 28. Februar 2018 die Verwaltung beauftragt, eine rechtsverbindliche Regelung zur Abschaffung der umstrittenen Sperrstunde in Leipzig vorzulegen. 55 der Stadträte votierten für den Antrag, niemand dagegen. Sechs Mitglieder der Ratsversammlung enthielten sich ihrer Stimme.

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Seit Monaten geistert die Sperrstunde unaufhörlich in den Köpfen der Leipziger Clubbesitzer. Das historische Gesetz, das ursprünglich eine entspannte Nachtruhe und gesundheitliches Gemeinwohl gewährleisten sollte, entpuppt sich als veraltet und führt stattdessen zu unruhigen Nächten ­ – vor allem unter Clubbesitzern. Doch jetzt sorgt die Sperrstundenregelung, beziehungsweise ein gemeinsamer Antrag von SPD, Linken und Grünen, der die endgültige Abschaffung des Paragrafen fordert, auch unter Politikern für reichlich Gesprächsstoff. In einem ersten Schritt stimmte die Leipziger Ratsversammlung dem eingereichten Antrag, der maßgeblich durch die IG Livekommbinat und DEHOGA Sachsen unterstützt wird, zu. Nun wird sich zeigen, ob die Forderung vor der Landesdirektion als kommunale Kontrollbehörde auch in nächster Instanz Bestand hat. Dazu muss allerdings die Rechtsicherheit des Paragrafen sichergestellt werden. Wichtig und entscheidend für den Erfolg des Vorhabens wird sein, ob die eindeutige Darlegung eines öffentlichen Interesses an der Abschaffung der Sperrzeit gegeben ist. Im besten Falle steht am Ende der Prüfung eine geänderte Rechtsverordnung, welche die Sperrzeit in Leipzig generell aufhebt, sodass in Zukunft nicht länger zwischen „kulturellen Einrichtungen“ sowie „Gaststätten und öffentlichen Vergnügungsstätten“ in Hinblick auf die Schließung zwischen fünf und sechs Uhr unterschieden werden muss. Im schlimmsten Fall aber müssten Clubbesitzer weiterhin auf eine Einzelfallgenehmigung hoffen, die es ihnen erlaubt ihren Club durchgehend zu öffnen, obwohl er im Sinne einer „öffentlichen Vergnügungsstätte“ der Sperrstundenregelung unterliegt.

Ein Bürokratiemonster!“

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„Ein enormer Verwaltungsaufwand und noch dazu ein Bürokratiemonster“, meint Steffen Kache, Geschäftsführer der Distillery. Stattdessen fordert er, dass das gesellschaftlich und zeitlich längst überholt Gesetz einfach geändert wird. Er betont, dass die betroffenen Clubs gleichzeitig eine Plattform für Kultur und junge Künstler sind, da sie neben Tanzveranstaltungen auch Lesungen, Filme und Konzerte anbieten würden. „Zudem wünschen wir uns, dass anerkannt wird, dass es hier nicht um das Abspielen von Musik geht, sondern dass Clubnächte eigene Kunstformen sind, die ebenso ihre Existenzberechtigung haben.“ Sollte die Sperrstunde aufrechterhalten und weiter durchgesetzt werden, befürchten die Betreiber nicht nur Schließungen, sondern auch den Untergang der Leipziger Clublandschaft, die dann – beispielsweise der Berliner Konkurrenz  – einfach nicht mehr gewachsen sei. Auch Holm Retsch, der sich stellvertretend für die DEHOGA Sachsen zu Wort meldet, unterstreicht, dass Touristen grundsätzlich an kultureller Vielfalt interessiert seien – also ein Gesamtangebot bevorzugen, das einen Clubabend nach einem Messe- oder Konzertbesuch definitiv miteinschließt. „Es geht hier nicht nur um die Clubs. Die Sperrstunde hat auch negative Auswirkungen auf die Umgebungswirtschaft, angefangen bei Taxiunternehmen bis zur Gastronomie und Hotels. Es wäre also insgesamt für die Stadt deutlich negativ an einer solchen Regelung festzuhalten.“

Es war einmal ein kleiner Brief …

Ein großes Problem, das im Sommer 2017 zunächst mit einem kleinen Zettel im Briefkasten des Instituts für Zukunft begann. Darauf enthalten die Bitte, den Club zwischen fünf und sechs Uhr – auf Grundlage der Sperrstundenregelung – zu schließen. Laut Alexander Loth, dem Geschäftsführer des Clubs, waren es Lärmbeschwerden, die zur Maßnahme des Ordnungsamtes führten. „Die Sperrstunde wird als Sanktionsmittel eingesetzt und das, obwohl damit geworben wurde, dass es in Leipzig keine Sperrzeit gebe.“ Tatsächlich sind die brisanten Themen Lärm- und Gesundheitsschutz, die fälschlicherweise häufig mit der Sperrstundenregelung in Verbindung gebracht werden, in anderen Gesetzen normiert und stehen damit grundlegend in keinerlei Verbindung. Nichtdestotrotz mussten Clubbetreiber und Liebhaber der Leipziger Elektroszene feststellen, dass das Sächsische Gaststättengesetz generell für „Gaststätten und öffentliche Vergnügungsstätten“ eine Sperrzeit vorsieht. Seitdem setzen sich die IG Livekommbinat, eine Organisation der Leipziger Musikclubs, das Institut für Zukunft und die DEHOGA Sachsen geschlossen und unaufhörlich für eine Aufhebung der Sperrzeit ein. Denn Gemeinden und Kommunen sind zwar zur Kontrolle angehalten, können aber mit einer eigenen Rechtsverordnung die Regelung aufheben. Dies ist aufgrund der Entscheidung im Leipziger Stadtrat nun geschehen. „Hätten wir einfach hingenommen, dass unser Club zwischen fünf und sechs Uhr eine Zwangspause einlegen soll, hätte uns das mit Sicherheit die Existenz gekostet”, gesteht Alexander Loth. Inwiefern die Argumente der einzelnen Vertreter, sowie die rund 8.300 Stimmen, welche die Online-Petition im vergangen Jahr verzeichnete, ausreichen, um die Landesdirektion davon zu überzeugen, dass der Bestand der Leipziger Clubszene im öffentlichen Interesse liegt, gilt erneut abzuwarten.