Durchdesignt von Hohlkopf bis Pappfuß Blick hinter die Kulissen: Paper Dudes

Wir öffnen uns für Design Thinking, treffen Handwerk mit Herz und lauschen der Philosophie der Pappkumpels.

© Bianca Rositzka
„Und was macht man dann damit?“, lautet die Frage, die Studenten der brotlosen Kunst gerne mal aufs Brot geschmiert wird. Auch den Paper Dudes könnte man auf den ersten Blick mit diesem Dolchstoß kommen. Machen wir aber nicht, sondern öffnen uns für Design Thinking, treffen Handwerk mit Herz und lauschen der Philosophie der Pappkumpels.

Eine eckige Figur aus Papier, innen hohl, außen bunt, so groß wie ein Smartphone, Tablet oder als 1,20-bis-2-Meter-Megadude-Ausgabe … und nun? Na gut, jetzt haben wir doch gefragt. Doch zugegeben: Als uns in der „Dude Company“, die zugleich Dudevater Marcels Wohnung ist, u.a. die Pulp-Fiction-Jungs Vincent Vega und Jules Winnfield, Mr. T., Walter White in Unterhosen und Eigenbrötler Deadpool schön aufgereiht willkommen heißen, sind wir sofort angetan. „Haben wollen!“, ruft das innere Kind und kann die Augen nicht von den Dudes wenden. Sofort schießen tausend Gedanken in den Kopf, was man eigentlich alles mit den Figuren anstellen könnte … die Presse mittels Dude-Gimmick auf jeder Konferenz gnädig stimmen, zum Beispiel …

Aber etwas zurück: Marcel hatte damals mit ein paar Kumpels ein Klamottenlabel gegründet und es wurde überlegt, wie man für die Sachen kostengünstig Werbung machen könnte. „Models konnten wir uns als kleines Label nicht leisten. In den USA habe ich kleine Pappfiguren gesehen – die allerdings waren völlig fehlkonstruiert –, die mich auf die Idee gebracht haben, den Dudes unsere Klamotten anzuziehen. Wir sind das ganze also etwas entspannter angegangen und viel einfacher … Aber die ersten Dudes sahen auch dementsprechend aus (lacht). Die waren größer, unhandlicher und aus schlechtem Papier. Wir sind mit den Klamottendudes auf ein paar Verkaufsmärkte, zu Konzerten und Festivals gefahren – und die Leute wollten nicht unsere Shirts, sondern die Dudes kaufen! In dem Moment haben wir natürlich nicht Nein gesagt, aber das war eigentlich nicht unser Ansinnen …“
Also erst mal wieder fort mit den Dudes.

© Pressefoto

„Ja, es war auch Bier im Spiel“

Im Laufe der Zeit war allerdings auch das Label Geschichte, man ging unterschiedliche Wege. „Irgendwann – wir sind alle Snowboarder – saßen wir mal wieder auf der Hütte in Österreich und hatten Lust auf ein neues Projekt. Wir haben uns an die Pappfiguren erinnert und natürlich war auch Bier im Spiel. Zu der Zeit hatte ich mich schon eine Weile mit Grafikdesign beschäftigt und nach einem guten halben Jahr haben wir begonnen, den Dude von der Pike auf zu entwickeln, das Schnittmuster patentieren zu lassen, uns um 100% nachhaltig produziertes Material und die sogenannte Dude-Statik zu kümmern … und 2014 stand dann alles.“ Teil der Dude Company sind heute zum einen Anna, die sich als Germanistin um die Texte und das Marketing kümmert, die „aber auch sehr gut basteln kann, viel besser als ich …“, gesteht Marcel. Jeder Dude wird nämlich in liebevoller Handarbeit designt, ausgeschnitten und zusammengeklebt – wovon wir uns später selbst noch überzeugen dürfen. Marcel kümmert sich derweil hauptsächlich um das Design und den Vertrieb. „Das habe ich mir, seit ich 16 bin, alles im Selbststudium erarbeitet. Ich habe auch ein paar Jahre als Freelancer im Textilmerchandising gearbeitet, was mich natürlich vorangebracht hat. Auch das Label früher lief ganz gut und brachte Erfahrung dahingehend, was Business heißt – auch wenn das damals alles andere als professional war. Da hatten wir echt mehr Glück als Verstand (grinst).“

The Big Dude Theory

© Pressefoto
Ein Lean Startup nennt sich das, was Anna und Marcel betreiben – organisch wachsen, reinvestieren, schlanke Prozesse, wenig Entscheidungsträger, viel selbst machen. Klingt nach geringem Risiko für den Geldbeutel. „Ja, tief fallen können wir nicht. Das heißt jedoch auch, dass wir (noch) nicht davon leben können. Aber wenn ich eine Idee habe, für die ich brenne, ziehe ich die auch durch.“ Das mit der nicht sofort ersichtlichen Funktion hat die Dude-Eltern nicht davon abgebracht, ihre Schützlinge auf Messen zu schicken, einen Online-Shop aufzubauen und sich Zukunftsgedanken zu machen. Der Versuch gibt ihnen recht: So haben sie z.B. für Viva con agua einen Spardude erstellt und besonders die Breaking-Bad-Dudes, die Crew der „The Big Dude Theory“, „Spiderdude“ oder „Superdude“ aus der Collectors Edition erfreuen sich großer Beliebtheit.
Eine weitere Säule im Privatkundensektor ist außerdem der individuelle Dude, den ihr euch aus euren Fotos oder anderen Wünschen anfertigen lassen könnt. „Bald soll es den Dude-Generator geben, bei dem man sich aus zahlreichen Formen und Farben seinen Dude zusammenstellen kann“, freut sich Marcel. Aber auch in andere Gebiete will die Dude Company vordringen: Nach einem Jahr voller Selbstexperimente (also mit den Dudes) soll eine Herbal Edition erscheinen, bei der dem Dudekopf Samen und Erde eingepflanzt werden, die dann z.B. zu haarartig wuchernden Küchenkräutern werden. Von wegen keine Funktion!
„Ein anderer, wichtiger Bereich ist das Merchandising. Wir sehen da Werbedudes als Ablösung des Firmenkulis, Film- und Comicdudes sowie Sportmerchandising.“ Einige Fußballkumpels gibt es schon online.

 

Ein Low Tech Gadget für Dudes und Denker

Zum Schluss stellt uns Dudevater Marcel höchstpersönlich noch unseren „urban Dude“ zusammen. Währenddessen regnet es wie aus Eimern – vielleicht schaut der sommerbereite Dude deswegen ja etwas skeptisch. Schließlich fügt Marcel mit höchster Sorgfalt, Genauigkeit und entschleunigender Ruhe alles zusammen. Gedruckt, geschnitten, geklebt, getrocknet – und wir dürfen unseren Dude mitnehmen. Nicht ohne dass er noch ein Fotoshooting in der Lichtbox bekommt und in einen kleinen Reisekarton verpackt wird. So viel Liebe zum Detail steckt an! Was wir jetzt damit machen? Lassen wir es die Schöpfer doch selbst zusammenfassen: „Achtung! Fachchinesisch: Wir sehen den Dude als Low Tech Gadget mit einem immens hohen Symbolwert. Aufgrund seiner optischen Flexibilität ist er außerdem ein umwerfendes Kommunikationstool. Oder wie wir sonst immer antworten: Hinstellen, sammeln oder verschenken.“  

WEB: www.paperdudes.de