Rückbesinnung In den Kochtopf geschaut: Mondschein Restaurant Leipzig

Es wird im Dunkeln diniert – im Stockdunkeln. Tritt der erste Sinn erstmal zurück, dürfen wir uns von unserer visuell geprägten Sichtweise verabschieden, uns wieder mehr aufs Riechen, Hören, Tasten und vor allem Schmecken konzentrieren. Das taten wir – im Mondschein Dunkelrestaurant Leipzig.

© Carolin Schreier

Rückbesinnung … damit hat unser Besuch im Mondschein Restaurant einiges zu tun. Vorab ganz knapp das Konzept: Es wird im Dunkeln diniert – im Stockdunkeln. Und schon kann man sich vorstellen, was mit Rückbesinnung gemeint ist. Tritt der erste Sinn erstmal zurück, dürfen wir uns von unserer visuell geprägten Sichtweise verabschieden, uns wieder mehr aufs Riechen, Hören, Tasten und vor allem Schmecken konzentrieren. Das taten wir!

© Carolin Schreier
Zuerst betritt man im Mondschein Restaurant eine Lounge, in der der Gast mit Aperitif und ein paar einführenden Worten empfangen wird. Da das 4-Gang-Menü komplett im Dunkeln stattfindet, sind diese einführenden Worte sehr wichtig. Daniela (eine der vier Kellner(innen), die im Dunkelbereich des Restaurants servieren) erklärt: „Die Gäste sind es natürlich nicht gewohnt – die vollständige Dunkelheit. Das kann schon sehr beklemmend wirken. Daher ist es sehr wichtig, dass keiner der Gäste unerwartet aufsteht. Nicht, dass wir das noch nicht hatten – nur taten uns beiden danach eben die Köpfe weh. Nähere ich mich einem Tisch, signalisiere ich dies auch immer mit bestimmten Lauten, damit sich keiner erschreckt!“ Wurde der Dunkelknigge soweit geklärt, darf der Gast zwischen vier Menüs (Fleisch, vegetarisch, Fisch und Überraschung) wählen. Dabei bekommt er durch eine abstrakte Beschreibung eine Ahnung, was ihn erwartet. 

„Mit oder ohne Sehwahrnehmung – am Kochen ändert sich nichts“

© Carolin Schreier
Wir hatten das Glück, nochmal einen Blick in die Küche zu werfen, bevor wir ins Dunkle abtauchten. Dort ist irgendwie alles ganz „normal“. „Wir kochen, wie wir es gelernt haben. Es macht keinen Unterschied, dass die Gäste das Essen nicht visuell wahrnehmen. Unsere Speisen werden immer liebevoll kredenzt! Auch am Kochen, Würzen und Kombinieren ändert sich nichts. Am Ende muss es schmecken, mit oder ohne Seh-Wahrnehmung“, erzählt uns Daniela. 

„Das Schmecken bekommt wieder mehr Bedeutung, da es nicht durch Reizübervisualisierungen überschattet wird“

© Carolin Schreier
Nachdem wir selber ein paar Handgriffe erledigten und zum Beispiel ordentlich das Beil zum Knochenhacken für eine Soße schwangen, geleitete uns Daniela nun in den Dunkelbereich. Dort nahmen wir mit ihr Platz und mussten uns erstmal ein paar Minuten an das völlige Schwarz gewöhnen. Wo man hinsah, man sah nichts. „Ich selbst bin auf einem Auge blind und sehe auf dem anderen Auge 30%. Bei meinen Kollegen im Dunkelservice ist es noch weniger. Ich kann mich hier sehr sicher bewegen und laufe in meinem normalen Lauftempo. Und auch bei meinen Gästen muss ich feststellen, dass nach einer Eingewöhnungszeit und ein paar umgekippten Gläsern ein recht natürlicher Umgang mit der Umgebung gepflegt wird. Vielleicht würde ich sogar sagen, dass die Hemmschwelle sinkt. Gespräche werden lockerer, man kann beim Essen sitzen wie man will, alles wird ein wenig haptischer. Auch das Essen wird anders genossen – das Schmecken bekommt wieder mehr Bedeutung, da es nicht durch Reizübervisualisierungen überschattet wird“, erzählt uns Daniela. Und in der Tat: Selten hat ein Dessert so facettenreich geschmeckt. Vor allem sind es die Adjektive, die sich herausemanzipieren können. Auf unserem Teller: Kaltes Erdnusseis, heißer Pudding, cremiges Schokoladenmousse und ein knuspriges Schokoladenstückchen. Und inmitten der Dunkelheit steht zwischen Tellern und Gewürzen sogar eine kleine Vase mit drei Tulpen auf unserem Tisch.
  

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