RB Leipzig-Spieler Oliver Burke im Porträt Porträt: Ein schottisches Naturereignis namens Burke

RB Leipzig empfängt den BVB. In der 69. Minute wird der schottische Neuzugang Oliver Burke eingewechselt. Er bereitet in der 89. Minute das erste Bundesliga-Tor im heimischen Stadion vor und verhilft Leipzig damit zum Sensationssieg gegen den Vizemeister Dortmund. Ein neuer Fanliebling war geboren.

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Es steht 0:0 gegen Borussia Dortmund. BVB- und RB Leipzig-Fans feiern ihre Mannschaften. Die einen wegen der Rückkehr des verlorenen Sohnes Mario Götze, die anderen, weil sie es kaum fassen können, nach 22 Jahren wieder 1. Bundesliga im ehemaligen Zentralstadion zu erleben. In der 69. Minute wird der schottische Neuzugang Oliver Burke eingewechselt, den Sportdirektor Ralf Rangnick als „körperliches Naturereignis“ bezeichnet. Eben jenes bereitet in der 89. Minute das erste Bundesliga-Tor im heimischen Stadion vor und verhilft RB Leipzig damit zum Sensationssieg gegen den Vizemeister Dortmund. Ein neuer Fanliebling war geboren.

Oliver Burke ist 19 Jahre alt und wurde in der schottischen Hafenstadt Kirkcaldy geboren. Aufgewachsen ist der 1,88 m-Hüne im englischen Leicestershire. Fast 10 Jahre spielte Burke für den Zweitligisten Nottingham Forest, bis Sportdirektor und Talente-Späher Ralf Rangnick auf die Insel düste und den Stürmer nach Leipzig holte. Er gilt mit einer kolportierten Ablösesumme von 15 Millionen Euro als derzeit teuerster schottischer Spieler. Vereine aus der Premiere League als auch Bundesliga-Primus Bayern München sollen an dem jungen Spieler interessiert gewesen sein. Die Gespräche mit Rangnick hätten ihn aber so beeindruckt, dass er schnell überzeugt war: „Er weiß so viel über Fußball und ist dazu fähig, dich besser zu machen. Er erzählte mir von meinem Profil als Spieler, und was die Philosophie und der Spielstil in Leipzig ist. Er zeigte mir meine Stärken, aber insbesondere meine Schwächen auf und wie ich besser werden kann.“ 

Ungewöhnlich, dass so junger Spieler die Insel verlässt

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Bei der Vorstellung des Neuzugangs betonte Rangnick, dass es eher untypisch sei, dass ein so junger Spieler die Insel verlässt – vor allem, weil sich dort wesentlich mehr Geld verdienen lässt. Auf die monetären Angelegenheiten angesprochen, reagiert Burke nonchalant: „Ich schere mich nicht um Geld. Ich bin 19 Jahre alt. Das Geld kommt von alleine, wenn ich ein besserer Spieler werde.“

Dass er damit zu einem Verein gewechselt ist, der innerhalb der deutschen Fan- und Fußballszene umstritten ist, wusste der Schotte nicht. Er kann aber auch nicht nachvollziehen, wo das Problem liegt: „Ich bin es gewohnt und für mich ist es normal, dass es Investoren im Profisport und Fußball gibt. Es ist ein hartumkämpftes Geschäft, so dass ich die Diskussion darüber nicht verstehen kann.“ 

„Gebt ihm ein bisschen Zeit. Er wird uns allen noch viel Spaß bringen“

 

Dieses hartumkämpfte Geschäft macht sich auch auf dem Platz bemerkbar. Auf allen Positionen herrscht ein hoher Konkurrenzdruck. Bisher wurde der Schotte in den meisten Spielen für etwa 20 Minuten eingewechselt. Ein Stammplatz ist sein Ziel. Doch der RB-Fußball ist ein anderer als der, den er gewohnt ist. Um diesen zu verinnerlichen, schaut sich Burke jeden Tag Videoanalysen an, nicht nur auf dem Trainingsgelände, sondern auch auf dem Handy, so oft er kann. „Ich merke, dass ich besser werde. Ich muss weiter hart im Training arbeiten, den Coaches und Mitspielern zuhören und all diese Verbesserungsvorschläge aufnehmen. Ich bin mir sicher, ich werde immer besser und lerne die Art Fußball zu spielen, die hier verlangt wird.“ Vor allem sein Defensivverhalten und das Spiel gegen den Ball muss er noch verbessern. Und alle warten darauf. Immer wieder wird RBL-Coach Ralph Hasenhüttl nach dem Schottenliebling gefragt und wann dieser mehr Einsatzzeiten bekommen wird. „Beim Spiel gegen den Ball braucht es gute Automatismen, das funktioniert nicht von heute auf morgen“, so der Österreicher. Besonders auf der 10 sei Burke eine Option – irgendwann. Bis dahin bittet Hasenhüttl: „Gebt ihm auch ein bisschen Zeit. Ich bin mir sicher, er wird uns allen noch viel Spaß bringen.“
 

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 Abenteuer, Familie und Zukunft

Viel Freude bringt er den Leipziger Fans jetzt schon – und das nicht erst seit der sogenannten „Schotten-Invasion“ beim Testspiel gegen die Glasgow Rangers, als etwa 6.000 Landsmänner von der Insel friedlich einfielen. Vom ersten Tag an ist er Liebling der Leipziger. Bei den bisher eher geringen Einsatzminuten kann sich das der Nationalspieler zwar nicht so recht erklären, „aber es ist toll, dass es so ist. Ich mag die Fans hier und deren Unterstützung ist unglaublich. Jedes Heimspiel ist ein Abenteuer und fühlt sich für mich wie ein Highlight an. Ich hoffe, dass ich ihnen das mit mehr Toren und guten Leistungen zurückgeben kann.“ 

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Bei solch einer Konstitution, der tiefen Stimme und unaufgeregten Art vergisst man schnell, dass es sich hier um einen gerade mal 19-Jährigen handelt, der das elterliche Nest, den Heimatverein, Familie und Freunde verlassen hat für einen neuen Verein in einem neuen Land. Das ist eine immense Herausforderung – so etwas entfällt dem einen oder anderen gerne im Milliardengeschäft Fußball, in dem die Rede von Spielermaterial ist – und weniger von Menschen. „Es ist ein großer Schritt für mich, in ein anderes Land zu gehen und Bundesliga zu spielen. Es ist eine Menge in den letzten Monaten passiert und ich muss viele Dinge schnell lernen.“

Damit sich Burke auch außerhalb des Platzes wohlfühlt, wird seine Familie bald nach Leipzig kommen und mit ihm hier leben. „Ich freue mich sehr darauf. Ich bin noch sehr jung und ich brauche sie um mich, um mich besser zu fühlen.“ Genau wie das Essen seiner Mom – denn das vermisst er am meisten. 

Den Wechsel zu RB Leipzig bezeichnet er als „perfekten Ort, um den nächsten Schritt in meiner Karriere zu machen und ein besserer Fußballer zu werden“. Und wer weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht wird ein gewisser 29-jähriger Schotte namens Oliver Burke bei der gerade beschlossenen Erweiterung der WM 2026 auf 48 Mannschaften nach einer abgesessenen Zeitstrafe den entscheidenden Shoot-out machen und Schottland damit ins Sechzehntelfinale der Weltmeisterschaft schießen. Zuzutrauen wäre dieses Szenario allen Beteiligten.