„Essen, wo es hingehört“ Ein Tag mit der Leipziger Tafel

In unserer neuen Reihe „Ein Tag mit …“ haben wir uns diesmal an die Fersen der Leipziger Tafel gehängt. Begleitet uns auf eine Reise mit viel Herzlichkeit, Engagement und jeder Menge Lebensmittel.

 In unserer neuen Reihe „Ein Tag mit …“ heften wir uns an die Fersen bestimmter Leipziger Berufe, Organisationen oder Menschen. Diesmal haben wir uns die Leipziger Tafel angeschaut, einen Leipziger Verein, in dem die Menschen mit Herzblut anderen helfen wollen. Begleitet uns auf eine Reise mit viel Herzlichkeit, Engagement und jeder Menge Lebensmittel. 

© Leonie Jankowski
© Leonie Jankowski
Für einige Mitarbeiter beginnt der Tag bereits um 6 Uhr morgens. Fünf Kühltransporter rollen dann Richtung Ausgangstor des Tafelgeländes und machen sich auf den Weg. Das Ziel: Die Leipziger Supermärkte und ihre Lebensmittel. Bekannte Ketten wie Rewe, Aldi, Lidl oder Kaufland spenden ihre vom Vortag noch übrig gebliebenen Lebensmittel wie Obst oder Gemüse, die – nebenbei gesagt – meistens noch tadellos sind. Was trotzdem nicht mehr verwertet werden kann, wird direkt vor Ort aussortiert. Bis 15 Uhr sind die Fahrer unterwegs, bevor sie sich wieder auf dem Tafelgelände einfinden. „Wir entsorgen die Supermärkte mit gebrauchsfähiger Ware“, scherzt Vorstandsvorsitzender Dr. Werner Wehmer, der mit Herzblut an seinem Job hängt und auch gerne mithilft, wenn es einmal brenzlig wird. „Wir sorgen dafür, dass das Essen dorthin kommt, wo es hingehört.“

Die Lebensmittelausgabe – ein wohldurchdachtes System

© Leonie Jankowski
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Während die Fahrer noch auf Touren sind, wird auf dem Tafelgelände bereits fleißig gearbeitet. Die Waren – Obst, Gemüse, Käse- und Wurstwaren, Brot oder Kuchen – müssen sortiert und überprüft werden, schließlich wird auch hier nichts herausgegeben, was nicht mehr genießbar ist. Die Lebensmittel werden in Stapelkisten für die Ausgabe an die Tafelkunden vorbereitet, auch hier gibt es ein wohl durchdachtes System. Die Lebensmittelausgabe findet täglich von 12–16 Uhr statt, wobei die Tafelkunden in vier Gruppen eingeteilt werden und jeder eine Nummer erhält, damit er weiß, wann er an der Reihe ist. „Jeder soll die gleiche Menge Essen erhalten, auch wenn er in der letzten Gruppe ist“, erklärt Werner Wehmer. Damit keine Ungerechtigkeit aufkommt oder sich die Tafelkunden benachteiligt fühlen, rotieren die Gruppen wöchentlich. „So kann jeder einmal im Monat in der ersten Gruppe sein.“ Die Lebensmittelausgabe findet in einem Raum statt, der aussieht wie ein kleiner Supermarkt. Werner Wehmer zeigt uns ein kleines einlaminiertes Kärtchen am Eingang. 2+1 steht darauf. „Das sind die Karten, die jeder Kunde am Anfang der Lebensmittelausgabe bekommt, damit wir wissen, für wie viele Personen eingekauft wird.“ Das +1 steht dabei für ein Kind. Zusätzlich zu den Karten, die nach jedem Einkauf wieder abgegeben werden, erhält jeder Kunde seinen eigenen Tafelpass. Mit dem sind sie berechtigt, einmal in der Woche bei der Tafel einkaufen zu gehen. Erwachsene zahlen für jeden Einkauf 2€, Kinder 1€. Auf die Frage, wer berechtigt sei, die Tafel zu besuchen, erklärt uns Wehmer: „Die Kunden müssen sich anmelden. Dabei wird der Sozialstatus geprüft. Berechtigt sind Leute mit einem Leipzig-Pass.“

Täglich warme Küche

Es ist bereits 13 Uhr und die Lebensmittelausgabe ist in vollem Gange. Auf dem idyllischen Innenhof der Tafel, der passend zur Jahreszeit bereits mit Kürbissen geschmückt ist, duftet es himmlisch nach Vanille und warmem Teig. Kein Wunder, denn bei der Tafel gibt es täglich eine warme Mahlzeit – frisch zubereitet natürlich. Heute gibt es Eierkuchen. „Bei uns werden sogar noch die Kartoffeln mit der Hand geschält“, erzählt Wehmer stolz. Für nur 1,50€ können sich hier Erwachsene und für 0,75€ die Kinder bedienen. Von diesem Geld und dem Geld aus der Lebensmittelausgabe finanziert sich die Tafel, denn sie wird nicht vom Staat unterstützt, sondern trägt sich selbst. 

Ungefähr 11–12.000 „Tafler“ aus Leipzig und der Umgebung nutzen monatlich die Tafel. Ein Drittel davon sind Kinder. „Wir haben alle Gesellschaftsschichten hier, auch Akademiker, die zum Beispiel einen Schicksalsschlag hinter sich haben.“ Für die 80–100 Mitarbeiter der Tafel, teils geförderte Jobs oder Bundesfreiwilligendienst, ist der Arbeitstag ungefähr um 17 Uhr zu Ende. Sobald alle Tafler nach Hause gegangen sind, fängt das ganze Spiel wieder von vorne an.

Infos:

Leipziger Tafel e.V.

Dr. Werner Wehmer (1. Vorsitzender)

Tel.: 0341/689 84 81

E-Mail: wehmer@leipziger-tafel.de

Internet: www.leipziger-tafel.de

© Leonie Jankowski