Tristesse trifft Ambition Hoodcheck: Eisenbahnstraße

Viertelcheck! Dieses Mal nehmen wir uns die Eisenbahnstraße vor. Eine Menge Sonne getankt und viel Schönes gesehen.

Die gefährlichste Straße Deutschlands, Brennpunkt, Gefahrenzone: Wie schlimm die Eisenbahnstraße sein soll, wissen wir bereits zur Genüge aus den Medien. Im Internet gibt es sogar eigens eine Seite, die negative Medienberichte über das vermeintlich heiße Pflaster im Leipziger Osten sammelt.

Ist also kein Wunder, dass der Ruf der Straße ihr immer ein Stück vorauseilt – Sanierung und ambitionierten Stadtteil-Projekten zum Trotz. Bei der Wohnungssuche rund um das Viertel begegnen dem Suchenden häufig Mietpreise, die fast zu schön sind, um wahr zu sein. Wenn da nicht die Lage wäre … Schade, dann eben weitersuchen.
So muss es vielen gehen – nicht umsonst sind die Mieten niedrig und der Leerstand enorm. Mit guten zwei Kilometern ist die Eisenbahnstraße nur unwesentlich kürzer als die KarLi oder die Karl-Heine-Straße. Nur warum floriert es hier nicht an jeder Ecke? Da, wo die KarLi vor Geschäften und kulturellen Einrichtungen fast zu platzen droht und die Karl-Heine ein kulinarisches und künstlerisches Intermezzo einmal um den Globus verspricht, herrscht in der Eisenbahnstraße höchstens Reichtum am türkischen Exportschlager Döner. Auf unserer Tour vom Friedrich-List-Platz in Richtung Bahnhof Sellerhausen verkaufen ganze fünfzehn Geschäfte das berüchtigte Fleisch im Fladenbrot-Mantel. Rekordverdächtig!
Doch es gibt sie. Die bunten Flecken. Und wir haben sie erspäht.

Café Harput

Eisenbahnstr. 100

© Anne Wihan
Fernab der Dönerbuden ist das Café Harput ein echter Blickfang. Islim Ince hilft in dem türkischen Tausendsassa aus Café, Bäckerei und Restaurant regelmäßig aus und ist stolz auf den Laden. „Mit dem Café haben wir einen Treffpunkt für Familien und junge Leute geschaffen. Solche Plätze gibt auf der Eisenbahnstraße kaum“, erzählt sie. Das liegt sicher nicht zuletzt am modernen Ambiente und der ausgewogenen Karte. Türkische Süßwaren stapeln sich in den Auslagen, es duftet nach frischgebackenem Brot und die Preise sind fair. „Die Leute haben sich gefreut, dass mal keine neue Dönerbude eingezogen ist.“ Der Laden öffnet täglich von 7/8 bis 23 Uhr seine Türen.

Kinder Erlebnisrestaurant 

Eisenbahnstr. 130

© Anne Wihan
Mitmachen ist besser als nur Mitessen! Im Erlebnisrestaurant können die Kleinen selber in den Töpfen rühren. Das Credo: Essen ist mehr als nur satt werden, es ist Genuss und Lebensfreude. Damit die Jungs und Mädchen vollkommen an den Lippen von Karin Fahnert und ihren Mitarbeitern hängen, werden die Koch-Angebote in Abenteuergeschichten und Spielen gebündelt – Erlebnisrestaurant eben! Ein bezauberndes Konzept und echter Farbtupfer rund um den kargen Torgauer Platz. Kunterbunte Fassade und ein blaugestrichener Zaun machen es möglich! Die Koch-Schnupperaktionen können im Gruppentarif genutzt werden und bieten von Pizza backen bis Gemüsekunde eine Menge Stoff für hungrige Feinschmecker.

Stadtteilpark Rabet 

© Lisa Schliep
Grüne Lunge im Betonpflasterwald! Der Rabet-Park hat sich nach den Umbauarbeiten zwischen 2004 und 2007 ordentlich gemausert. Inzwischen ist Platz für diverse Aktivitäten, wie Inlineskating oder Fußball. Die Kleinen können auf verschiedenen Spielplätzen turnen und Kulturhungrige versammeln sich regelmäßig zu Festen und Märkten. 


Kleine Stadtfarm

Eisenbahnstr. 131a

© Anne Wihan
Der Bauernhof im Leipziger Osten! Inmitten von Citytrubel und verlassener Altbausubstanz findet sich ein kleines Stückchen ländliche Idylle. Waschechtes city farming ist das Konzept von Kristin Schuster, die das Gelände zusammen mit ihrem Mann aus eigener Tasche aufgebaut hat. Die Idee für die kleine Farm auf der vermeintlich gefährlichsten Straße Deutschlands ist eine wirklich ehrenwerte: „Wir wollten den Kindern hier eine Alternative bieten und sie aus der doch recht tristen und problembehafteten Gegend holen. Hier können sie mit anpacken und sich frei entfalten.“

Anpacken ist das Stichwort. Die süßen Hängebauchschweine Biggy und Babe und auch alle weiteren Vier- oder Zweibeiner brauchen schließlich Futter und Pflege.   

Jeder, der will, kann fleißig füttern, bürsten und Heu stapeln oder was eben sonst so anfällt. Der kleine grüne Fleck an der Eisenbahnstraße ist ein Schlupfloch für alle, die mal wieder ein bisschen Lust auf Landpartie haben. Ideal für Familien mit Kindern. Der Bauernhof hat jeden Tag von 9 bis 19 Uhr geöffnet.


Peking Palast

Torgauer Platz 2

© Anne Wihan
Van Kiem Heerklotz ist seit über 20 Jahren eingefleischter Gastronom an der Eisenbahnstraße. Sein erstes Geschäft hatte er direkt an der vielbefahrenen Hauptachse, jetzt ist er Inhaber des zweistöckigen Restaurants am Torgauer Platz. Sein Geschäft sticht vor allem durch seine Größe hervor, denn der Peking Palast ist in unmittelbarer Umgebung der Eisenbahnstraße mit Abstand der dickste Fisch. „Direkt an der Eisenbahnstraße gibt es nicht viel Neubau, die Ladenflächen sind sehr klein“, erzählt er. Das Restaurant verfügt über einen herrlichen Außensitz mit Koikarpfen-Teich und einen Gastraum mit allem, was zu einer ordentlichen asiatischen Futterstätte dazugehört. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist top.

Das japanische Haus

Eisenbahnstr. 113b 

© Lisa Schliep
Das japanische Haus ist ein Projekt, mit dem das Architekten-Duo Noriko Minkus und Yu Ohtani den Leerstand im urbanen Raum den Kampf ansagen will. „Wir sind hier, um aktiv an der Stadtentwicklung mitzuwirken“, erklärt Yu Ohtani. Dafür öffnen sie ihre Türen für Ausstellungen, Vorträge oder Vernissagen. Noriko findet, dass das Viertel schon einen echten Sprung gemacht hat. „Es gibt inzwischen Investoren, die hier Wohn- und Gewerbefläche kaufen.“ Sahnehäubchen: Jeden Samstag ab 19 Uhr wird traditionell gegen eine Spende japanisch gekocht.  


Sachsen Ballooning

Eisenbahnstr. 111

© Anne Wihan

Klein und unscheinbar ist der Laden von Alina Tauchnitz-Scheinpflug. Wäre da nicht dieser kugelrunde Ballon auf dem Fenster und dem Aushängeschild. Sie und ihre Kollegen von Sachsen Ballooning haben den Heißluftballon zu ihrem Geschäft gemacht. Und das läuft! Für den schmalen Geldbeutel ist das luftige Vergnügen aber nichts. 189€ kostet das Abheben über der Stadt Leipzig. Ohne Frage aber auch ein einmaliges Erlebnis. Bis zu 10 Gäste können im Korb des Ballons die schöne Aussicht genießen und, wie die Inhaberin zu sagen pflegt, fliegen, „je nachdem wo der Wind sie hinträgt“. Eine gemütliche Tour über Leipzig aus der Vogelperspektive, sicher auch für Einheimische einen Blick wert. 

Weitere Locations auf der Eisenbahnstraße:

Café Bar ENJOY Eisenbahnstr. 4

Dost – türkische und arabische Spezialitäten Eisenbahnstr. 37

Favorit – Russische Lebensmittel und Videothek Eisenbahnstr. 108

OKIKI African Bar & Lounge Eisenbahnstr. 45

Retro Games – Der Flohmarkt der Videospielwelt Eisenbahnstr. 14

sagArt – Förderverein für Migration und Kunst Eisenbahnstr. 37

Shishabar Wunderlampe Eisenbahnstr. 98

Tattoo-Café Leipzig Eisenbahnstr. 8