Wir ernten, was wir säen. Ernte-mich: Zu Besuch im Selbsterntegarten

Pünktlich zum Frühlingsanfang statteten wir den Selbsterntegärtnern von Ernte-mich einen Besuch ab, um ihnen beim Pflanzen über die Schulter zu schauen.

Gärtnern macht glücklich: Und da es bekanntlich keinen besseren Zeitpunkt als den Frühlingsanfang gibt, um mit dem „Beeten“ anzufangen, zog es uns an den idyllischen, grünen Stadtrand von Leipzig, um sowohl Hobbygärtnern als auch langjährigen Selbstversorgern beim Säen, Hacken und Gießen über die Schulter zu schauen. 

© Anne Gahlbeck
Angekommen in „Wolks“, wie der kleine Ort Liebertwolkwitz am Rand von Leipzig von den Alteingesessenen liebevoll bezeichnet wird, empfangen uns nicht nur Richard, Susann und Birgit, die drei wichtigsten Menschen hinter dem ökologischen Landbauprojekt ernte-mich, sondern gleichzeitig eine Schar Hühner sowie ein munter vor sich hin summendes Bienenvölkchen. Neben dem stattlichen Hühnerpalast, in dem locker 220 Tiere Platz finden, entdecken wir auf dem insgesamt viereinhalb Hektar großen Land gemütliche Rückzugsmöglichkeiten, Grillplätze, Streuobstwiesen und reichlich unbestellte Ackerflächen, die zum Zeitpunkt unseres Besuches auf tatkräftige Selbsterntegärtner und all die Pflanzlustigen warten, die es noch werden wollen. Denn es ist nicht nur das traumhafte Frühlingswetter, das uns an diesem Wochenende antreibt, dem Stadtleben den Rücken zuzukehren: Uns ist zu Ohren gekommen, das wir in Wolks – mit dem Rad rund 40 Minuten vom Leipziger Zentrum entfernt – 100% nachhaltig und ohne naturfremde Zusätze mit einem eigenen Stück Land zum Selbstversorger werden können.

Und tatsächlich: Ab 190€ im Jahr könnt ihr euch eine Saison lang, vom Frühjahr bis zum Dezember, an einem der drei ernte-mich Standorten in Liebertwolkwitz, Thekla und am Kulki nicht nur mit eigenem Bio-Gemüse ausstatten, sondern gleichzeitig fachkundig von der fünfjährigen Erfahrung der ernte-mich-Crew beratschlagen lassen.

© Anne Gahlbeck
So auch wir und weitere unerfahrene Neugierige, die sich während des Saisonstarts rings um ein noch jungfräuliches Beet versammelt haben, um von Richard mehr über das Anbauen von Kräutern, Kartoffeln, Tomaten, Möhren und vielem mehr zu erfahren. Schon immer war er besonders engagiert in der Gartenarbeit. Im Jahr 2013 hat Richard diese Leidenschaft wieder aufleben lassen und sich im Selbststudium auf die Existenzgründung im ökologischen Landbau vorbereitet. Dabei kam ihm die Idee für ernte-mich

Das Beet zum Mieten

Das Schöne und noch dazu äußert Praktische an diesem Projekt: Beratung, Werkzeug, Wasser, Pflanzen und Nachsaat sind für die zukünftigen Selbstversorger komplett inklusive. Mithilfe des interaktiven Beet-Konfigurators fällt es selbst uns unerfahrenen Möchtegern-Gärtnern leicht, das eigene Stück Acker nicht nur sinnvoll, sondern gleichzeitig nachhaltig zu gestalten.Was bleibt ist die Qual der Wahl, welche der über 50 Gemüse- und Kräuterarten oder unzähligen  Pflanzensorten wir letztendlich frisch ernten und genießen möchtenSchneller geht es mit einem vorgepflanzten Beet. Wer absolut keinen Gefallen an der eigenen Planung findet, kann sich ab Mai beispielweise an die Pflege eines „Wenig Arbeit, viel Gemüse“-Beets machen. Dank dieses Konzepts bleiben euch die zwei Stunden Arbeitsaufwand erspart, die ihr einplanen solltet, um ein 20m² großes Beet anzulegen. Wir nutzen die Zeit, um mit Selbsternter und Wellbeing-Coach Henry ins Gespräch zu kommen, der seit einiger Zeit Mitglied der Gemeinschaft ist und betont, wie positiv sich die interaktive Zusammenarbeit an der frischen Luft auf das Wohlbefinden auswirkt.

© Anne Gahlbeck
 

erntefrisch verarbeitet

© Anne Gahlbeck
Sein selbstkreierter Kräuter-Dip, kombiniert mit frischen Möhren und Pastinake, ist obendrauf das i-Tüpfelchen unserer Landpartie. Im Gegensatz zum klassischen Kleingarten könnt ihr eure kostbaren Naturmomente bei ernte-mich direkt mit den schönen Dingen des Gärtnerns verbinden, anstatt mit nervigen Arbeitseinsätzen. Ausreichend Zeit für die wöchentliche Beet-Pflege solltet ihr trotzdem einplanen. Da die kleine biologische Gemüselandwirtschaft längst nicht nur Städtern wie uns Raum bietet, ökologischen Landbau zu betreiben, bleibt Richard, Susann und Birgit neben den eigenen Kulturen keine Zeit, fremde Feldflächen zu bewirtschaften. Nebenher versorgen sie Restaurants mit ihren Erzeugnissen, betreiben eine eigene Pflanzenzucht und haben die Bio-Kiste ins Leben gerufen, die, mit saisonalem Gemüse und einem passenden Rezept bestückt, an acht verschiedenen Stationen in Leipzig regelmäßig verteilt wird. Kurzum: Egal ob mit oder ohne Selbsterntegarten, um das biologische und leckere Gemüse von ernte-mich solltet ihr in Leipzig keinen Bogen machen.

 

© Anne Gahlbeck

Übrigens: Am 13. Mai 2018 findet in Wolks eine große Saisoneröffnungsfeier von 11-18Uhr statt, auf der u.a. ein großer Jungpflanzenverkaufund ein Tomaten- und Gurkenworkshop angeboten wird. Vor Ort könnt ihr regionale und saisonale Köstlichkeiten der Brasserie Frederic und Elbweiderind vom Grill genießen. Tatendurstige können sich im Nistkastenbau üben, Kräutersammeln mit Claudia von der Heldenküche, eine Ziegenwanderung im Biotop (mit Voranmeldung) starten, einen Schnupperkurs beim Imker wagen oder einfach das entspannte Miteinander auskosten.

Info: www.erntemich.de

UPDATE vom 30.06.2020 // 

In unserem „Best of Made in Leipzig“ der Support Your Leipzig-Sonderausgabe vom Juni 2020 haben wir bei einigen Leipziger Unternehmen nachgefragt, wie es sich seit unserem letzten Besuch für sie entwickelt hat und wie es ihnen in der aktuellen Situation ergeht. Auch Richard und Susann standen uns Rede und Antwort:

 

1. Wie hat sich ernte-mich seit unserem letzten Besuch bei euch entwickelt? 

Ernte-mich hat im letzten Jahr an Kontinuität gewonnen würde ich sagen. 🙂 Wir haben die Bio-Kiste etwas ausgebaut, waren regelmäßg auf Wochenmärkten und sind auch von Beginn an beim Samstagsmarkt in Plagwitz dabei. Die Permakultur wurde weiter ausgebaut und ein Erdkeller befindet sich nun auf dem Grundstück. Nicht zu vergessen ist auch der Wasseranschluss.

2. Wir habt ihr Corona zu spüren bekommen?

Generell haben wir das nicht so stark wie andere Branchen zu spüren bekommen. Auch an unserer eigentlichen Arbeit, dem Gemüseanbau, hat sich erst einmal wenig geändert. Im Homeoffice gärtnern wäre auch schwierig geworden. 😉 Dennoch war einiges an Flexibilität gefragt,da die ganzen tollen Frühjahresveranstaltungen (Kranwerk, Botanischer Garten, etc.) ausgefallen sind und auch weiterhin ausfallen werden. Zudem haben Restaurants natürlich auch nicht mehr bei uns bestellen können. So haben wir versucht, einfach anderweitig für unsere Kunden erreichbar zu sein, haben den Onlineshop mehr kommuniziert und unser Hoffest in einen Markt umgewandelt.

3. Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Da gibt es für uns nur eine richtige Antwort: Sonne und Regen im Wechsel. 🙂