Smacznego! Deftiges aus Osteuropa Gastro-Test: Fein(k)ost

Wir haben uns durch die herzhafte Küche Ungarns, Polens, Tschechiens und der DDR gefuttert. Es war nicht nur deftig, sondern teils auch richtig lecker.

Für untrainierte Mägen kann die osteuropäische Gastronomie mit ihrer Vorliebe für herzhafte Mahlzeiten und alkoholische Flüssigkeiten durchaus eine Herausforderung sein. Wir haben für euch Ungarn, Tschechien und Polen besucht und sogar eine Zeitreise in die DDR unternommen. Jetzt ernähren wir uns erstmal nur von Schonkost. Lecker war‘s trotzdem.

Unser Testsieger: Poniatowski

© Marinus Seeleitner

Speisen & Getränke: 5 von 5

Ambiente & Service: 5 von 5
Preise: 4 von 5

Życzenia! Unser Gewinner kommt aus Polen! Das Poniatowski überzeugt mit niedlichem Interieur und einer modernen Interpretation der polnischen Küche. Uns gefällt nicht nur die hölzerne Möblierung, sondern ebenso die überschaubare Speisekarte. Qualität statt Quantität! Wir bestellen das Nationalgericht Bigos, ein Sauerkrauteintopf mit Wurst, Fleisch und Pilzen, für 9,40€ und mit Fleisch gefüllte Teigtaschen namens Pierogi mit Rindergulasch für 12,50€. Nach kurzer Wartezeit werden uns Teller serviert, die wir so schön angerichtet nicht erwartet haben. Deftige Hausmannskost kann tatsächlich auch dem Auge schmeicheln. Der Gaumen wird anschließend ebenso wenig enttäuscht, denn das Essen ist vorzüglich gewürzt, das Fleisch sehr zart und alle Komponenten stimmig kombiniert. Dazu kann man polnisches Bier bestellen oder gleich zum Schnaps greifen, denn hier wurde die Wein- mit der Wodkakarte ersetzt, sodass man sich durch eine große Auswahl an original polnischen Wodkasorten probieren kann. Zudem gibt es regelmäßig Abendveranstaltungen wie eine Open-Mic-Night, eine Slawische Lesebühne und Live-Konzerte. Das Poniatowski ist nicht nur gastronomisch, sondern auch kulturell wertvoll. Sehr empfehlenswert!

Fazit: Schnuckeliger polnischer Hybrid aus Restaurant und Bar mit vorzüglichen Produkten für Magen und Geist.

Kreuzstraße 15, 04103
www.poniatowski-bar.de
Mo-Do: 12-14 Uhr & 17:30-23 Uhr / Fr: 12-14 Uhr & 17:30-1 Uhr / Sa: 17:30-1 Uhr / So: 17:30-23 Uhr

Gaststätte Kollektiv

© Lisa Schliep

Speisen & Getränke: 2 von 5

Ambiente & Service: 4 von 5
Preise: 4 von 5

Spitzendeckchen, Fransenlampe, hier und da liebevoll arrangierter Nippes – Stunden braucht es im Kollektiv, um überhaupt erstmal das Inventar zu erleben. Da die Glubscher auf der Karte zu lassen, ist eine Herausforderung. Wir dinieren in der selbst ernannten guten Stube und machen es uns unter Tage gemütlich. Wie bei Oma trifft es ganz gut, aber es hat was! In der Karte tummeln sich klassische thüringische und sächsische Spezialitäten zwischen Ostberliner Hausmannskost und osteuropäischer Deftigkeit. Insgesamt 28 Hauptspeisen finden im kompakten Menü Platz. Wir entscheiden uns schließlich für die geschmorten Schweinebäckchen mit Apfelrotkohl und Kartoffelklößen für 13,90€. Dazu gibt’s eine Portion Leninschweiß, in Gestalt einer Himbeerbrause, die wirklich viel zu süß ist. Die Bäckchen sind zart, recht mächtig und vor allem eine kleine Geduldsprobe. So präsent wie unsere Bedienung zu Anfang scheint, so oft stielen wir hoffnungsvoll in die leeren Gänge, als es um das Servieren unseres dampfenden Bäckchens geht. Der Apfelrotkohl lässt Finesse durch fehlendes Kernobst und eine versierte Gewürzhand vermissen, und einer der Knödel ist innen noch kalt – die anderen sind nicht perfekt, aber immerhin genießbar. Enttäuschend!

Fazit: Halbgares Nostalgie-Feeling inmitten von Karli-Trubel.

Karl-Liebknecht-Str. 72, 04275
www.gaststaette-kollektiv.de
Mo-So: 11 Uhr – open end

Váradi Csárda

© Marinus Seeleitner

Speisen & Getränke: 4 von 5

Ambiente & Service: 4 von 5
Preise: 3 von 5

Lust auf einen kulinarischen Ausflug an den Balaton? Dann auf in die Südvorstadt zu Váradi Csárda! Direkt an der Haltestelle Steinplatz gelegen, kann man Gulasch, Lángos und Co. problemlos mit Bus und Straßenbahn erreichen.
Zugegeben: von außen wirkt das Ganze wenig einladend. Das ungarische Restaurant liegt im Erdgeschoss eines mehrstöckigen grauen Wohnbunkers und die Markise in Rot-Weiß-Grün über der Terrasse dient eher der Identifizierung denn der Ästhetik. Innen wird man dann aber von einer gemütlichen, beinahe mediterranen Einrichtung empfangen, die auch dank des etwas altmodischen Ambientes 90er-Jahre-Urlaubsgefühle hochkommen lässt.
Viel ist mittags unter der Woche nicht los und so werden wir mit dem ersten Schritt in die Lokalität sofort empfangen und an einen Tisch geleitet. Sobald wir die Speisekarten zugeklappt haben, wird auch schon die Bestellung von einem ruhig-zurückhaltenden, aber sehr höflichen Kellner aufgenommen. Wir entscheiden uns für das Szegediner Gulasch mit Serviettenknödeln für 9,90€ und die Schweinemedaillons im Baconmantel mit Letscho und Zigeunerkartoffeln für 12,90€. Die eh schon überschaubare Wartezeit von 20 Minuten wird uns mit Weißbrot und drei verschiedenen Dip-Sorten (Paprika, Knoblauch und Champignon) aufs Haus verkürzt. Die Hauptgänge sind wie die vorangegangenen Aufstriche gut gewürzt und sehr lecker. Vor allem das Fleisch ist einwandfrei zubereitet, sodass es auf der Zunge beinahe zerfällt. Nichts für sensible Mägen, aber ein Fest für Freunde der deftigen, scharfen Küche Ungarns.
Minuspunkte gibt es aber für die Getränke. Leider befinden sich weder ungarische Biere noch landestypische Flüssigkeiten ohne Alkohol auf der Karte. Und der Preis für einen 0,4l-Softdrink ist mit 4,30€ doch etwas teuer.
Tipp: Samstags gibt es ein Mittagsbüfett, wo man sich für 8,99€ richtig satt essen kann.

Fazit: Plattensee trifft Plattenbau – wer seinen Magen gerne vor Herausforderungen stellt, ist hier genau richtig.

Arthur-Hoffmann-Str. 111, 04275
www.varadi-csarda.de
Di-So: 11:30-14:30 Uhr & 17:30-23 Uhr Fr-Sa: bis 24 Uhr

Wenzel Prager Bierstuben

© Lisa Schliep

Speisen & Getränke: 4 von 5

Ambiente & Service: 4 von 5
Preise: 3 von 5

„Wir tun einfach das, was wir am besten können: authentische böhmische Küche servieren“, so steht es in der Karte.
Ja, und wie sie das können! Die Wenzel Prager Bierstuben liegen etwas versteckt in einer der vielen verwinkelten Passagen am Ende des malerischen Barfußgässchens. Die Bierstube fasst mit 200 Sitzplätzen einige hungrige Mäuler, die sich aber durch die abgebrochene U-Form des Lokals wunderbar verteilen können. Wer schon mal Gastfreundlichkeit á la Česká genießen durfte, weiß, dass die Lokale, in denen der gemeine Tscheche einzukehren pflegt, urig, rustikal und einfach anmuten. Wenzel hingegen wirkt eher ein bisschen karg und etwas zu sehr Ton in Ton, da helfen auch keine großen (und wirklich schönen) Holztafeln und tschechische Bierreklame an den gelbgetupften Wänden.
Dennoch: Wohlfühlen tun wir uns nicht zuletzt durch die wirklich nette Bedienung, die uns schon beim Eintritt mit charmantem Akzent und einem extrabreiten Lächeln willkommen heißt.
Die Karte aufgeschlagen, sehen wir uns zunächst an der üppigen Bierkarte satt – die lässt es ordentlich krachen. Wir kommen in den Genuss eines dunklen Kruŝovice. Die Speisekarte ist fleischreich gefüllt und die Preise recht gesalzen – vor allem die Vorspeisen und die vegetarischen Gerichte schießen etwas übers Ziel hinaus. Wir futtern eine Riesenhaxe für 16,90€ (ja, sie war wirklich exorbitant groß) mit Semmelknödeln, Sauerkraut und Senf. Und das schmeckt! Knusprige Kruste, würzige Knödel und sämige Soße. Nach Hause rollen ist vorprogrammiert!
Tipp: Einen ausgewählten Mittagstisch gibt es Montag bis Freitag von 11:30 bis 14 Uhr für lächerliche 7,90€ oder wenn ihr länger als acht Minuten warten müsst sogar gratis!

Fazit: Geschmackvolles Speisen ohne großen Schnickschnack – original böhmisch.

Kleine Fleischergasse 8, 04109
www.wenzel-bierstuben.de
So-Do: 11-22 Uhr / Fr-Sa: 11-23 Uhr