Nimo "K!K!" und Husky "Punchbuzz" Hingehört – Plattenkritik: Nimo & Husky

Was das Besondere an den Alben „K!K!“ von Nimo und „Punchbuzz“ von Husky ist, erfahrt ihr in unserer Plattenkritik.

Hingehört I: Nimo – K!K! (VÖ 16.6.2017)

Vom Knast zur Kunst 

© Lennart Brede
Knast, mit 15 Jahren. Zwei Geburtstage feierte der heute 21-Jährige mit iranischen Wurzeln im Jugendgefängnis. Die dunklen Früchte einer verpfuschten Jugend: Kiffen, Schwänzen, Scheiße bauen – das volle Programm eben. Nach der Zeit hinter Gittern will er sich ändern. Es folgt ein Straßenrap-Märchen: Nimo, wie er sich nennt, wird beim Rappen mit einem Smartphone gefilmt. Das Video landet im Internet und erregt die Aufmerksamkeit einiger Produzenten. Jetzt erscheint sein Debütalbum.

 „Michelangelo“ heißt der erste Track und hat eine selbstbewusste Message: „Ich bin Deutschrap!“ Die 16 Titel des Albums sind geprägt von düsteren Backingtracks, Hooklines mit viel Autotune und biografischen Texten. Bekifft in der Schule, Stress mit Polizei und Richter – soweit, so Deutschrap. Das Besondere: Nimos stakkatohafter Flow. Immer wieder setzt er harte Breaks, nur um einen Moment später mit einer Punchline in irrwitzigem Tempo nachzutreten. Das ist stellenweise virtuos, irgendwann aber auch nervig, kurz gesagt: Geschmackssache. Auch wenn auf „K!K!“ einige Mütter ungehobelt diskreditiert werden, sind Nimos Texte meist gechillt, selten aggressiv. Vielleicht unterscheidet ihn das von den Möchtegern-Gangstern. Für gelungene Abwechslung sorgen Gastauftritte, u.a. von Haftbefehl. Unabhängig vom persönlichen Gusto kann man hier ein Ohr riskieren, denn: So klingt die neue Deutschrap-Generation. Live-Tipp: 10. Oktober 2017 im Täubchenthal.

Hingehört II: Husky – Punchbuzz (VÖ 2.6.2017)

Psychedelische Nachtmusik

© Lisa Businovski
Punchbuzz! Moment, Punchbuzz? Die Wortneuschöpfung ist der Titel des dritten Albums des Indie-Folk-Und-Was-Auch-Immer-Duos Husky, ersonnen von Sänger Husky Gawenda während des Einschlafens – welch Ironie, denn der Titel steht für die Neudefinition der Australier: Schneller, härter und risikofreudiger wollen sie sein. Inspiration ist neben einem erlebnisreichen Jahr, das die beiden im 13. Stock eines Berliner Hochhauses verbrachten, vor allem eines: die Nacht.

Psychedelische Keyboard-Flächen und folkige Gitarrenriffs bilden hier die Grundlage für eingängige Gesangsmelodien, die mit ihrem britischen Charme nicht selten an die Beatles erinnern. „Nothing in the night is true“ heißt es im Titeltrack der Platte und beschreibt sehr gut die Atmosphäre der 10 Songs: indifferent, mystisch und häufig auf dem schmalen Grat zwischen eingängig und banal. Das ändert sich ab der zweiten, deutlich spannenderen Hälfte des Albums. Der – anders als angekündigt – zahme Indierock wird nun mit surrealen Texten und Klangexperimenten á la Pink Floyd angereichert. Diese hypnotischen Balladen zeigen die Stärken des Duos: Endlich gibt es Spielraum für düstere Harmonien und mehrstimmige Gesangsarrangements jenseits des engen Pop-Song-Korsetts. Wer auch in die poppig-psychotische Nachtmusik eintauchen will, kann Husky am 7. Oktober 2017 live im Naumanns erleben.