Erbensache Hinter den Kulissen: Horns Erben

Wir befinden uns in der Arndtstraße 33 der Leipziger Südvorstadt. Inmitten von Mietwohnungen fällt eine Fassade direkt ins Auge: die des Horns Erben.

Wir befinden uns in der Arndtstraße 33 der Leipziger Südvorstadt. Inmitten von Mietwohnungen fällt eine Fassade direkt ins Auge: die des Horns Erben. Die großen Fenster des ehrenamtlichen Kulturvereins erlauben einen tiefen Blick in das Kneipen-Wohnzimmer mit Aufgang zum Veranstaltungsraum vieler kultureller Höhepunkte. Wir haben Claudius Bruns, den 1. Vorsitzenden des Vereins, getroffen, und nehmen euch mit in die hornsige Welt.

© Oliver Bader

Als Claudius Bruns und Robert Herrmann 2004 in das Mietshaus der Arndtstraße ziehen, ahnen sie noch nichts von den historischen Räumlichkeiten im Erdgeschoss. Ein Jahr später stehen dank eines Wasserrohrbruchs zufällig die Türen zu diesen offen und hier beginnt sie: Die Wiedergeburt des neuen alten Horns Erben.

Back to the Horn

© Sophia Spiller

1923 eröffnet Wilhelm Horn „Horns Weinstube“ und bringt neben erlesenen Weinen, edlen Schnäpsen und Likören den traditionellen Leipziger Allasch unter das Volk. Bis zur Enteignung durch den Staat 1972 gab es 46 Filialen. Nach einem Neustart im Jahre 1991 endet die Erfolgsgeschichte der Spirituosenfirma mit einem Fabrikverkauf bis zum Jahr 2002. Drei Jahre später erhält das schlummernde Imperium durch die Wilhelm Horn Markenspirituosen GmbH am Bayerischen Bahnhof wieder neuen Aufschwung. Die Historie der traditionell charakteristischen Spirituosen verbindet seit 2005 Leipzigs Vergangenheit und Gegenwart.

Verstaubtes Aufpolieren

Geblieben ist nicht nur das Horn auf den Etiketten der Flaschen. Zusammen mit der riesigen Werbebeleuchtung und der originalgetreuen Glasfassade aus den 20er Jahren erstrahlt das Horns Erben der Neuzeit nun schon seit 2012. „Die Fassade ist unser Stolz. Sie hat der ganzen Straße eine gewisse Prägung wiedergegeben. So eine riesige Glasfassade gibt es nicht oft. Auch früher in den 30er Jahren war das etwas Besonderes.“ Das Horns hat jedoch eine Menge mitgemacht. Es hat die gesamte deutsche Geschichte, im Guten wie im Schlechten, zu spüren bekommen. Als Claudius und Robert 2005 das Erdgeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes betreten, fehlt von der pompösen Fassade jede Spur. Mit den ersten Berliner Wohnzimmerclubs als Vorbild begannen sie, gemeinsam mit zwei Freunden, mit der Konzeptionierung ihrer eigenen öffentlichen Stube. Das anfänglich noch schmale Veranstaltungspensum von einem Mal pro Woche wuchs mit langsam fortschreitender Renovierung der ersten Etage sowie der Erdgeschoßinnenräume kontinuierlich auf vier wöchentliche Veranstaltungsabende.

2011 wurde dann schließlich die Außenfassade rekonstruiert. „Die Schaufenster wurden mit ziemlich viel Aufwand und nach dem Vorbild alter Fotos und Filme handbemalt.“ Und so kam eins zum anderen: „Das kennt jeder, der schon mal angefangen hat zu bauen. Bei einem denkmalgeschützten Gebäude wie unserem, fängt man irgendwo an und merkt dann: Auweia, hier ist ja überall noch ganz schön was zu tun.“ Nach einem 7-jährigen Großumbau schließt sich der Kreis von der einstigen Weinstube Wilhelm Horns schlussendlich mit der Wiedereröffnung des Horns Erben. „Der Höhepunkt des Umbaus war für mich die Enthüllung der Fassade, als die ganze Straße voll mit Leuten war und wir drinnen noch gearbeitet haben. Wir haben einen solchen Marathon hingelegt, weil wir im Prinzip eine Woche durchgearbeitet haben zusammen mit vielen Helfern, denn terminlich wurde es sehr knapp und wir waren alle nur Ehrenamtler.“ Die Farbe war noch frisch, als die ersten Gäste, allesamt im 20er Jahre-Stil gekleidet, zum ersten Mal das neue Horns betraten. „Das war wirklich mega geil.“

Eifriger Ehrenposten

© Oliver Bader

Eine „Veranstaltungskneipe“ zu leiten, ist die eine Sache. Sie komplett ehrenamtlich neben dem eigentlichen Berufsalltag zu managen, eine ganz andere. Im Unterschied zu vielen anderen Veranstaltungsstätten Leipzigs, erhält das Horns Erben keine jährliche staatliche Förderung zur Gewährleistung seiner soziokulturellen Aufgaben. Und trotzdem machen die ERBEN ihre Sache überaus hingebungsvoll. „Ich habe mich unendlich in die Räumlichkeiten verliebt und in diese Geschichte und das ganze holzige Horns, das wie ein Schiff ist; es knirscht und atmet, wenn man es betritt. Und in das Soziale, denn es kommen hier so viele Menschen hin.“ Und dann ist da noch der 2012 gegründete Freundeskreis Horns Erben e.V. Dieser unterstützt das Horns nicht nur ideell, sondern sucht, neben neuen begeisterten Mitgliedern, vor allem nach finanziellen Unterstützern.

Die Horn’sche Kultur

In einem kleinen Team von etwa einem Dutzend Menschen stellt das Horns Erben jede Woche einen bunten Veranstaltungsmix auf die Beine. Claudius und Robert haben in Leipzig Klavier studiert und sind Fans der anspruchsvollen Bühnenkultur. Einen Veranstaltungsquerschnitt sucht man allerdings vergebens. „Wir wollten nie nur eine Spartenkultur machen. Was wir wollen ist Musik, die zu den kleinen Räumlichkeiten passt, die eine gewisse Qualität und Sensibilität hat, die handgemacht und live ist. Wir haben hier einen Flügel und inzwischen eine super Anlage und eine gute Akustik.“ Im Kern stehen deshalb die Genre Jazz, Indie und Singer/Songwriter. Donnerstags gibt es Jazz-Sessions und sonntags Swingtanz sowie die Tatort-Lounge. Neu am Dienstag ist der Balboatanz.

Nicht neu am

© Oliver Bader
Dienstag, aber ein ganz besonderes Glanzlicht der Horn’schen Bühne, ist das Kneipen-Improtheater von Adolf Südknecht. Eine seit fünf Jahren beständige Bühnenbesetzung erzählt in regelmäßigen Abständen Episoden-gemäß die Geschichte des Horns. Auch Claudius Bruns steht mit seiner eigenen Show „Allein am Elfenbein 2.0“ (der nächste Termin ist der 3. Februar 2018) auf der heimischen Bühne. Ansonsten gibt es auch mal Lesungen, Theater, Kabarett oder Klassik um die Ohren. Die ERBEN sehen es als ihre Pflicht, mit einem selbstgestalteten Programm Kulturarbeit zu leisten. Dieses Jahr ist das Horns Erben bereits das zweite Mal in Folge Preisträger des APPLAUS (Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten), vergeben von der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Das Horns erleben

Auf zwei Etagen gibt es sechs Tage die Woche nicht nur feinste Kultur, sondern auch gute Drinks. Catharina Herrmann sorgt seit 10 Jahren als Pächterin der Gastronomie für das leibliche Wohl im Horns Erben. Neben dem Leipziger Allasch und anderen liebevoll ausgewählten Köstlichkeiten kommt das Bier aus Fässern im Keller über den Zapfhahn direkt ins Glas. Für den tropfenden Zahn gibt es zudem leckere Snacks. Das Horns Erben steht für Gemütlichkeit, das Holzige und das Warme. Alles, was aus dem Horn(s) schallt, bleibt in den Köpfen. „Es gab schon die ein oder andere Perle, die man hier entdeckt hat. Und genau deswegen kommen die Leute immer wieder. Worauf wir sehr, sehr stolz sind, ist, dass wir das Horns Erben soweit aufgebaut haben. Und dass wir das eben immer noch machen und tatsächlich so viele Gäste kommen.“

Highlights im Januar 2018 (u.a.): 13.1. Gregor McEwan ++ 16.1. Sophia Bicking – HMT Abschlusskonzert: ++ 17.1. Caspian Sea Monster ++  26.1. Die Standups aus Berlin ++ 30.1. Adolf Südknecht Südknecht Impro-Schau: „Adolf macht Urlaub: Die Liaison