Ein Mal Flugmodus, bitte Leipziger Bands im Fokus: 2ersitz

Dieses Mal gesellten wir uns zu 2ersitz, einem siebenköpfigen Haufen aus Humor, Ideen und musikalischer Freiheit.

Das Leben ist wie eine Bahnfahrt am Montagmorgen. Man kann sie allein, mit leerem Blick aufs Schlauphon starrend, zusammengequetscht zwischen den ganzen anderen mürrig dreinschauenden Fahrgästen verbringen. Oder aber man übersteht die Fahrt des Lebens mit guten Freunden auf dem altbekannten Doppelsitz, beobachtet die Welt da draußen, wirft den ein oder anderen ungläubigen Blick auf die Menschen um einen herum, freut sich aber genauso über Rücksicht beim Ein-, Aussteigen und Platz nehmen.

© 2ersitz / Campusfest Mittweida 2015
2ersitz begannen zu zweit. Joke (übrigens gesprochen, wie es geschrieben wird) und Lauritz, zwei Gitarren, zwei Stimmen. Das war ab 2005 in Bad Harzburg, 2010 zogen sie aufgrund der besseren Möglichkeiten nach Leipzig. Inzwischen haben sich sieben Bandmitglieder auf dem musikalischen Sitz breitgemacht. Alle haben sich in Leipzig gefunden, nach und nach kamen Till (Piano), Johannes (Drums), Felix (Bass), Micha (Alt-Saxophon) und recht neu Torben (Posaune) sowie Anselm (Tenor-Saxophon) auf Partys und durch Freunde hinzu. (Wer jetzt mitgezählt hat: Mitgründer Lauritz hat sich entschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen.) „In dieser Großband-Konstellation sind wir ca. seit 2012. Dazu gibt es auch eine Geschichte: Wir hatten eine Auftrittsanfrage vom Frannz Club in Berlin und da haben wir gesagt, ohne eine Band zu haben, dass wir da mit einer Band spielen. Und das haben die auch so angekündigt, dabei hatten wir noch nichts … zwei Wochen vor dem Gig. Und da haben wir das ganz schnell zusammengewurschtelt, zwei, drei Mal geprobt und los ging’s. Aber das war sehr cool und seitdem läuft das so.“

„Wir machen das alle neben dem Studium … naja, oder studieren nebenbei“

Seit April ist die Besetzung in der aktuellen Konstellation. „Mit den zwei neuen Bläsern kam natürlich nochmal einen ganz anderer Einfluss auf die Gesamtstimmung, brachte neuen Elan und Schwung rein. Insgesamt sind musikalisch viele Facetten hinzugekommen, seit wir mehr Leute sind. Jeder von uns hört anderes Zeug, da kann man sich gegenseitig beeinflussen. Wir haben zu zweit angefangen, haben viel gecovert, z.B. Jack Johnson, also viel Popmusik gemacht. Unser Grundbaustein ist zwar Pop geblieben, aber mit der Zeit und als sich die Band formiert hat, kamen verschiedene Einflüsse hinzu, Hip Hop, Funk, Reggae, Soul, Latin … Wir haben uns in viele Richtungen ausgetobt und machen das auch immernoch.“

Die Jungs zwischen 22 und 30 studieren noch oder sind in der Ausbildung. „Unser musikalischer Anspruch ist sehr hoch, aber wir machen das alle nur nebenbei. Naja, oder studieren nebenbei … Aber solange es nicht soweit ist, dass man davon leben kann, beschäftigen wir uns auch nicht damit, was wird, wenn es so wäre. Unser Projekt refinanziert sich jetzt so, wir freuen uns, dass wir Bier, Essen und Spaß haben und ein bisschen fürs Studio sammeln können. Auch ein Tourbus wäre ne tolle Sache. Solange heißt es einfach: spielen, spielen, spielen …“

Genre? Gutes Feeling.

© 2ersitz
Ein Genre? „Gutes Feeling. Wir haben keine Passagen, bei denen du dich schlecht fühlen musst. Was inzwischen aber sehr markant ist bei uns: wir schwenken in den Liedern gerne um. Werfen z.B. mitten im Song den Funk über den Haufen und ballern Latin dran. Du groovst dich also so ein, gehst einher mit der Musik, und plötzlich passiert etwas, der Song überwirft sich und geht in eine Richtung weiter, die du so nicht erwartet hast. Deine Gewohnheit ist gebrochen, und nun?“ Das ist es wohl, was die Band mit der kleinen Backpfeife, der kalten Dusche, mit einem Durchschütteln meint. „Verwirrung dort schaffen, wo man es nicht erwartet.“ Und das nicht nur musikalisch, sondern auch textlich. „Da gibt es immer einen Grad an abstrakt absurden Sachen, die dem Zuhörer gedanklich oder thematisch aber vieles offen lässt. Wir wollen nicht irgendwelche Türen öffnen oder den Zeigefinger heben, sondern generell wollen wir tanzbare Musik machen, die Spaß bringt, den wir schließlich auch absolut haben.“ Machen sie! 

Um den Text kümmert sich hauptsächlich Joke. „So wir wir als Band jammen, jamme ich mich auch mit Zettel und Stift ein, einfach runterschreiben funktioniert nicht. Aber wenn es passiert, refelektiere ich mich hinsichtlich des textes nicht so viel, habe keine bestimmte Richtung, in die es gehen muss.“ Zum musikalischen Songentstehungsprozess ergänzt Johannes: „Wir entscheiden demokratisch und arbeiten durch die sieben Leute und verschiedene Varianten oft recht lange an einem Song. Aber dafür ist er, wenn er dann fertig ist, auch echt gut.“

Vom Ich und Wir

© 2ersitz
Seit ca. einem halben Jahr werden die Proben und Jams mitgechnitten, um die Effizienz zu verfolgen und daraus auch neue Ideen zu entwickeln. „Wir haben einen hohen musikalischen Anspruch und sind alle voll hinterher. Allerdings funktionieren wir auch in abgespeckter Version, je nach Anlass. Es ist auch sehr interessant, herauszufinden, wie wir in unterschiedlicher Besetzung funktionieren. Das frischt das ganze ja auch auf, sich auf neue Situationen einzulassen und lockerer, spontaner, intuitiver zu sein.“

Das aktuelle Album „Zwischen Mütze und Schuh“ (2014) wurde mit gecrowdfunded und beschäftigt sich mit der eigenen Identität, dem Ausbruch aus der Generation Y. „Für 2015 planen wir, mit dem neuen Album zu beginnen. Dieses beschäftigt sich nicht mehr so mit dem Ich, sondern mehr mit dem Zwischenmenschlichen. Das Ich kommt aus sich heraus und findet andere Menschen, andere Eindrücke. So geht es auch uns mit der Band, wir stehen gerade mit vielen Musikern aus Leipzig und auch Berlin im Austausch, das sind auch alles nochmal Einflüsse und Kreativitätsschübe. Letztes Jahr war das noch nicht so präsent. Außerdem wollen wir ein oder zwei Musikvideos drehen und natürlich viele Konzerte spielen.“

Liebe Jungs von 2ersitz, was wollt ihr der Welt noch sagen? „Schützt den Regenwald! Liebt euren Nächsten! Glaubt an euch! Glaubt an uns!“ Okay. Und sonst? „Wir wünschen uns, dass unser Publikum die Handys in den Flugmodus stellt, wenn wir spielen. Einfach weg mit den Dingern. Und dann auch physisch in den Flugmodus wechseln.“ 

2ersitz könnt ihr am 15. August 20 Uhr zum Wasserfest live hören (Sachsenbrücke).
www.2ersitz.de