Eine Karl, viele Karls und Karl die Große Leipziger Bands im Fokus: Karl die Große

Von Sängerin Wencke und Drummer Clemens erfuhren wir viel vom Leben als Musiker, von den Irrungen, Wirrungen und unersetzlichen Momenten.

Was passiert, wenn sich die 1,56m-Redakteurin und die 1,86m-Sängerin des frühen, regnerischen Morgens in einem Café zusammensetzen? Na was wohl! Dann wird über Musik gequatscht und das Leben gegrübelt. Karl die Große, das ist die Band und das ist auch Sängerin Wencke. Von ihr und Drummer Clemens erfuhren wir viel vom Leben als Musiker, von den Irrungen, Wirrungen und unersetzlichen Momenten. 

© Sandra Ludewig
Die sechs Bandmitglieder haben sich während ihres Musikstudiums in Leipzig gefunden und im März 2013 gegründet. Clemens plaudert aus: „Ich kam nach Leipzig, lernte Wencke und die anderen kennen und dann hat Wencke diesen Abend gemacht, an dem sie ihre Songs performt hat. Wir sagten alle: ,Wow, das ist ja echt schönes Zeug, Wencke, was hast du da noch so?’ Und dann hat sie uns das gezeigt und war erst ein bisschen schüchtern … (grinst) Und dann haben wir das in einen Bandkontext gebracht.“ Und das auch sehr schnell, erklärt Wencke. „Von Anfang an hat unser Pianist Simon gesagt: ,Bands müssen spielen!‘ und hat sich hinters Booking geklemmt. Dann haben wir in den ersten zwei Jahren wirklich 50 bis 60 Konzerte gespielt.“

Erfolgreich, wie sich zeigen sollte, denn letztes Jahr wurde Karl die Große zu den Leipziger Bands des Jahres gewählt. A propos, wer ist denn nun Karl?  Wencke: „Ich war immer Karl. Das ist ein Spitzname, den ich von Simon bekommen habe, bevor es die Band überhaupt gab. Und jetzt sind manchmal alle Karl und manchmal nur ich, je nach Situation.“ Clemens ergänzt: „Dieses Gefüge ist auf jeden Fall auch Karl. Und da Wencke so ein bisschen der Motor ist, die Texte schreibt und Songgrundideen liefert, ist sie so der innere Kerl … äh Karl … oder Kern … oder sowas.“ (lachen) 

Das Leben für die Musik

© Michael Lange
Bei beiden kommt raus, dass die Entscheidung für das Musikstudium als „brotlose Kunst“ nicht an allen Ecken unterstützt wurde, aber dennoch eine bewusste war. Was es dafür braucht? Besondere Momente, das Verlieben in die Musik. Für Wencke waren es u.a. bestimmte Konzerte, auf denen sie war: „Da stand ich dann drin und dachte: ,Sowas muss ich auch machen.’“, für Clemens war es der Jazz. „Ab 14 habe ich hin und wieder einen Jazz-Workshop besucht. Und bei einem dieser Workshops, ich war 19, da hat jemand zu mir gesagt: ,Hey, du bist gut, du bist so locker und aufgeschlossen, du könntest doch Musik studieren!’“ Also wurde das ganze ausprobiert. Und bis heute nicht bereut. Clemens: „Es ist immer noch viel reizvoller, ein toller Mensch zu sein mit wenig Geld als irgendwie ein ausgelutschter Typ, der frustriert ist und depressiv wird. Obgleich natürlich viele Künstler auch nicht vor Selbstzweifeln gefeit sind, das will ich jetzt nicht unter den Teppich kehren.“

Die offizielle Musikrichtung von Karl die Große lautet Pop mit Jazzeinflüssen. Hat sich da etwas verändert seit Beginn? Wencke erzählt: „Für mich schon, ja. Ich würde sagen, wir machen vielschichtigen Pop mit deutschen Texten. Man hört uns natürlich unsere Jazzwurzeln an, aber irgendwie ist mir jetzt wieder aufgefallen, auch auf der neuen EP*, dass sie nicht tragend sind. Am Anfang waren wir sehr vorsichtig mit diesem Wort ,Pop‘, weil das ja in manchen Bereichen doch negativ behaftet ist. Wo man uns den Jazz noch richtig anmerkt, ist live.“ Jazzverfechter Clemens fügt hinzu: „Die Leute brauchen aber keine Angst vor dem Wort Jazz haben. Das bedeutet ja nichts anderes, als dass es sehr vielfältig und vielschichtig ist, und das ist ja ein Reichtum.“ Stimmt!

Kleine Zusatzaufgabe: Wencke und Clemens, vervollständigt die folgenden Sätze!

Von der Jahrszeit her ist Karl die Große …

Beide: … Herbst über Winter zu Frühling und manchmal bis in den Sommer.

Leipzig ist für mich …

Wencke: … eine Stadt, wo ich immer bleiben könnte.

Clemens: … eine schöne Stadt, in der man viel Raum und Möglichkeiten zur freien Entfaltung hat.

Ich singe am liebsten …

Clemens: Das kann ich kurz machen: unter der Dusche. Und ausschließlich!

Wencke: … zur Musik.

Das Konzert, vor dem ich am meisten Bammel hatte, war …

Clemens: … meine Aufnahmeprüfung. Aber das ist kein Konzert in dem Sinne. Also wir waren mal mit dem Goethe-Institut unterwegs, ich war 19/20, da sind wir nach Indien geflogen und vor dem allerersten Konzert, das gleich so ein großes Festival war, mit 1.200 Leuten, da war ich doch schon sehr aufgeregt.

Wencke: … das Plan-B-Konzert, unser erstes Konzert. 

Wenn ich nicht Musik mache, dann …

Wencke: … strick ich oder organisier alles drum herum. Und studiere natürlich – falls  meine Eltern das Interview lesen (lacht).

Clemens: … koch ich sehr gerne, beweg mich gerne und halte mich gerne in der Natur auf.

Wenn ich nich hier bin, bin ich …

Wencke: … auf Tour. Das passt zu den letzten zwei Jahren. Selten zu Hause und selten im Urlaub.

Clemens: Dem kann ich mich nur anschließen.

Meine Gedanken drehen sich die meiste Zeit um …

Wencke: … die letzten vier Wochen waren es die Bachelorarbeit, unsere neue CD und die ganze Flüchtlingsproblematik. Das switcht von sehr direkten bis zu weltpolitischen Themen.

Clemens: … ähnliches, also außer die Bachelorarbeit. Meine aktuellen musikalischen Projekte, ansonsten sind diesen Sommer echt sehr viele Kinder geboren. Ich bin tatsächlich in meinen Gedanken gerne bei meiner Nichte und bei den süßen kleinen Erdenbürgern, hab bestimmt schon drei Mal das Kind der Nachbarin gewickelt … Aber aus dieser Distanz heraus kann ich das noch besser genießen. Und das geht einher mit Lebensgestaltung, da schießt also viel los.

Ich mag keine Menschen, die …

Wencke: … nicht hinterfragen.

Clemens: … aus einem Prinzip heraus andere Menschen nicht mögen. 

Ich mag Menschen, die …

Wencke: … offen sind für Neues und mich zum Lachen bringen. 

Clemens: Na da hab ich ja Glück gehabt! (lachen) Bei mir … Ich mag und bewundere Menschen, die ihren Weg suchen oder gefunden haben.

Wenn ich jetzt etwas verändern könnte, wäre es …

Wencke … naja, dann würd ichs machen!

Clemens: … etwas Kleines, das auf ein großes Ziel hinaussteuert. Man sollte nicht scheuen, klein anzufangen, aber im Hinterkopf haben, wo man hin will. 

Wencke: Meine andere Antwort wär die Weltpolitik gewesen … (lacht)

Clemens: Siehst du! Und das ist genau das, wovon ich gesprochen habe (lacht).

Ich bin glücklich, wenn …

Clemens: Das klingt jetzt wirklich kitschig, aber: wenn ich auf der Bühne bin und Musik mache. Oder mich mit Leuten umgebe, die ich sehr auf sehr vielfältige Weise schätze.

Wencke: Ja, da geh ich mit. Und ich bin richtig glücklich …

Clemens: … wenn die scheiß Bachelorarbeit abhehakt ist! (lacht) 

Wencke: (lacht) … Ja, aber … Im Bezug auf Karl: wenn man einen neuen Song mitbringt, den in der Probe zeigt und es heißt: Jap, den mögen wir. Dann bin ich immer wieder glücklich.

COMING HERBST: *Die neue EP „Dichter bei den anderen“ bei Analogsoul (mehr über das Label? HIER)

Karl die Große hört ihr live am 25. Oktober 2015 im UT Connewitz

www.karldiegrosse.de