"Fußball ist nicht das Wichtigste" LOK-Torhüter Benjamin Kirsten über schwere Zeiten und neue Blickwinkel

Wir sprachen mit dem 29-jährigen Torhüter Benjamin Kirsten über schwere Zeiten, neue Aufgaben und andere Blickwinkel.

Seit dem 1. November 2016 gehört Torhüter Benjamin Kirsten offiziell zum Regionalliga-Team des 1. FC Lokomotive Leipzig. Der ehrgeizige 29-Jährige will nun nach einer monatelangen Leidenszeit in Probstheida endlich wieder zur Ruhe kommen. Wir sprachen mit dem jungen Familienvater über schwere Zeiten, neue Aufgaben und andere Blickwinkel.

Wie geht es Ihnen nach dem turbulenten Jahr mit dem Aus beim niederländischen Erstligisten NEC Nijmegen, dem geplatzten Vertrag bei DC United in Washington und der anschließenden Verletzung? 

Ich bin sehr froh, dass es jetzt bei Lok Leipzig geklappt hat. Ich habe mich ja in Leipzig im Sommer schon fit gehalten und kannte damit bereits die Mannschaft. Das Gesamtpaket passt hier einfach. Hier bei Lok bekommt man noch echte Wertschätzung zu spüren – sowohl vom Verein als auch von den Fans. Das gibt es im Profibereich nicht mehr so oft! Mir geht es im Moment sehr gut!

Haben Sie sich in den letzten Monaten verändert?

Ich habe jetzt sicher eine andere Sicht auf die Dinge. In den letzten Monaten war ich viel zu Hause bei meiner Familie. Das war eine sehr harmonische Zeit. Fußball ist nicht das Wichtigste. Die letzten Monate ohne Vertrag haben mich vor allem mental an meine Grenzen gebracht. Hier hat mir besonders meine Frau unheimlich geholfen und mir den Rücken frei gehalten. Von Leipzig aus kann ich jeden Tag nach Hause fahren und meine Tochter beim Aufwachsen erleben. Das ist mir sehr wichtig, diese Zeit gibt mir schließlich niemand wieder.

© Andreas Neustadt

In den ersten Wochen saßen Sie noch auf der Tribüne. Wann stehen Sie bei Lok das erste Mal zwischen den Pfosten?

Das wird sich zeigen! In der Wintervorbereitung werden die Karten neu gemischt. Ich freue mich riesig auf die Testspiele in der Vorbereitung, um endlich wieder Wettkampfpraxis sammeln zu können. Die kann man im Training nicht simulieren. Wichtig ist, dass ich wieder richtig fit bin und meine Explosivität inzwischen wiederhabe. Der Rest kommt dann.

Was ist mit dem Verein möglich?

Wir sind mit unserer jungen Mannschaft für einen Aufsteiger richtig gut dabei und haben viele entwicklungsfähige Spieler. Das ist in der Regionalliga eher ungewöhnlich. Hier ist vieles möglich. Wir haben gemeinsam hohe Ziele für die nächsten Jahre. Das ist auch wichtig, schließlich wächst man mit seinen Träumen. Der Verein erwacht gerade, das ist eine ähnliche Situation wie 2008 bei Dynamo Dresden. 

Welche Träume und Ziele haben Sie noch?

Ich will erst einmal wieder regelmäßig auf dem Platz stehen und dort meine bestmögliche Leistung abrufen. Außerdem stehen wir im Landespokal-Halbfinale, da ist also noch ein Titel zu vergeben. In der Liga steht bei uns weiterhin ganz klar der Klassenerhalt im Fokus.

Der Vertrag läuft vorerst bis zum Ende der Saison. Was wird danach?

Das werden wir sehen. Es hängt natürlich davon ab, wie die nächsten Monate laufen. Fakt ist, dass ich nicht hier bin, um nur das halbe Jahr rumzukriegen. Ich fühle mich hier sehr wohl und bin bereit, auch länger zu bleiben. Außerdem kann ich hier auch schon an meiner beruflichen Zukunft arbeiten.

Info: Rückrunde startet 1. FC Lok Leipzig gegen FSV Luckenwalde am 5. Februar 2017 um 14 Uhr im Bruno-Plache-Stadion

+++ Steckbrief Benjamin Kirsten +++

Geburtstag: 2.6.1987

Geburtsort: Riesa

Stationen als Profi: Dynamo Dresden (2009-2015), NEC Nijmegen (2015), FC Lok Leipzig (seit 2016)

Zusammen mit dem ehemaligen deutschen Fußballtorhüter und derzeitigen Dynamo Dresden-Torwarttrainer Thomas Köhler hat Kirsten dieses Jahr eine Torwart-Schule gegründet. Kirsten ist der Sohn des ehemaligen Nationalspielers und dreifachen Bundesliga-Torschützenkönigs Ulf Kirsten.