So schreibt man Geschichte Gemeinsame Momente mit Sebastian Madsen

Sebastian Madsen stand uns im exklusivem Interview Rede und Antwort.

Sebastian Madsen ist ein sehr symphatischer und aufgeweckter 27-jähriger, der den Erfolg seiner Band Madsen im Rücken weiß und während unseres Gespräches im Probestress für den Bundesvision Song Contest steckte. Viel aufregender und interessanter ist aber das neue Album von Madsen, „Krieg im Frieden“, das zur bisher vielseitigsten Platte der Gruppe avanciert ist. Aber auch zur polarisierendsten: Selten hat ein deutschsprachiges Album im ersten Moment so furchtbar schlecht, planlos bis aufgesetzt geklungen, um sich dann nach mehren Durchläufen einem unausweichbaren Zauber, der „Krieg im Frieden“ zum finalen Meisterwerk machen könnte – Madsen, wie man sie noch nie gehört hat. Seinem neuen Werk steht der Sänger, Gitarrist und Songschreiber Sebastian aber in nichts nach.

© Ingo Pertramer
urbanite:

Nachtbaden ist eure erste Single und als solche, sagen wir mal, relativ ungewöhnlich. Teilweise schreist du sogar. Ein Reminiszenz an eure Vorgängerband „Hoerstuatz“?

Sebastian:

Nein, bewusst ist das überhaupt nicht. Zwar schaue ich persönlich mit Stolz auf diese Zeit zurück aber die Parallelen sind doch sehr gering. Viele vergleichen den Song mit Punk, was vielleicht gar nicht mal falsch ist. Als Johannes so 14 und ich zwölf Jahre alt waren, hörten wir viel The Clash und Sex Pistols. „Nachtbaden“ war eigentlich als eine spontane B-Seite gedacht. „Könnte ja ganz lustig werden…“ Und am Ende war das Lied dann sehr erfrischend und vor allem auch mal wieder etwas anderes. Wir hatten diesmal circa 30 Songs aufgenommen und „Nachtbaden“ war so ziemlich der letzte von ihnen. Es war schon spät und wir spielten mit der letzten Power. Aber genau das hat es wohl ausgemacht.

urbanite:

Ein anderes bemerkenswertes Stück, weil ebenfalls scheinbar Madsen-untypisch, „Vollidiot“: Eine Jazznummer etwa?

Sebastian:

Interessant, dass du das so siehst. Wahrscheinlich wegen der Bläser. Für mich ist es ein Soul-Song aber auch mit Jazz kann ich mich gut abfinden. Ich höre sehr viel Otis Redding zur Zeit und diese 60er-Jahre Soulballaden. Und bei „Vollidiot“ haben wir genau so etwas versucht aufzunehmen und das mit einem eigenen Thema konsequent auf Deutsch verfolgt. Wahnsinnig minimalistisch war es zuerst, es auch letztendlich relativ geblieben aber nun birgt es doch die 60er wirklich in sich.

urbanite:

Hast du keine Angst, dass alleine schon diese zwei Songs zuviel Neues für das Madsen-Publikum sein könnte?

Sebastian:

Ich hoffe mal, dass das gut ankommt. „Nachtbaden“ haben wir schon zweimal live gespielt und die Leute mochten es wirklich. Im Wesentlichen wollen wir uns aber selber nicht langweilen. Nur so langweilen wir auf Dauer auch nicht unsere Fans. Vielleicht können wir so ja auch welche dazugewinnen, denn neue Türen eröffnen wir uns damit auf jeden Fall.

urbanite:

Und wie hast du solche und die anderen neuen Songs geschrieben?

Sebastian:

Insgesamt ist „Frieden im Krieg“ für mich eine positive Platte. Ich habe beim Schreiben die Stücke oft spontan entwickelt, nicht selten auch gemeinsam mit den anderen. Es sind meine eigenen, persönlichen Themen, von denen ich dann schrieb.Ich wollte und will den Leuten sagen: „Tut etwas! Wehrt euch auch in scheinbar ausweglosen Situationen!“ Aber das ganze ohne große Politik machen zu wollen. Nicht billig sollte es wirken und schon gar nicht das „große“ Album werden. Im Moment höre ich die Platte auch oft, da ich sie sehr mag. Aber schon bald wird sich das ändern, da so viele Leute meine Songs quasi überinterpretieren werden. Das sollen sie aber nicht – es sind einfach meine Geschichten. Einfach Soul.

urbanite:

Der Vorgänger „Goodbye Logik“ konnte ja scheinbar nicht ganz an die Erwartungen nach dem Debüt „Madsen“ anknüpfen. Hast du den Druck bei den neuen Arbeiten gespürt?

Sebastian:

Irgendwie wurde das mit „Goodbye Logik“ tatsächlich immer so wahrgenommen obwohl die Single „Du schreibst Geschichte“ bis heute unsere erfolgreichste, weit etwa vor „Die Perfektion“, ist. Dennoch ist das eine schwierige Frage. Ich persönlich fand den Druck nach bei „Goodbye Logik“ schon größer, da wir mit „Madsen“ plötzlich bei MTV und auf den großen Festivals waren. Da wurde schon unwohl, was da alles im Jahre 2005 passierte. Und dann ein neues Album nach dem Überaschungserfolg aufzunehmen…

urbanite:

…das schwierige zweite Album also…

Sebastian:

Ja genau so! Also ich bin nach wie vor stolz auf die Songs vom zweiten Album aber rückblickend waren das wohl nicht 100% Madsen. Zu vorsichtig haben wir vieles gespielt. Diesmal geben wir eher zu viel Gas, die Stimme bricht häufiger, die Gitarren werden vollendens verzehrt und das Schlagzeug poltert. Da werden richtig Signale von uns abgeschossen. Wir sind einfach wieder wir. Die Platte ist dadurch angreifbar geworden, ja es menschelt richtig.

Am 7. März 2008 erscheint „Krieg im Frieden“ und am 11. April 2008 kann man Madsen in der Factory live erleben.