„Mir war als Sportdirektor nicht unbedingt langweilig“ Ralf Rangnick: Neuer Trainer bei RB Leipzig

Damit hatte keiner mehr gerechnet. RB Leipzigs neuer Trainer hört auf den Namen Ralf Rangnick. Lest hier, wie es dazu kam und wie es weitergehen wird.

Damit hatte keiner mehr gerechnet. Es wurde sogar gemunkelt, dass es gar nicht stimmt und heute um 11 Uhr statt Sportdirektor Ralf Rangnick dann doch Jürgen Klopp plötzlich vor der Leipziger Presse sitzt und so etwas sagt wie: „Ja, nach dem Sieg des DFB-Pokalfinals morgen, packe ich meine Sachen und komme nach Leipzig.“ Doch es kam anders. Nämlich die Bestätigung, dass die Sport BILD gestern Abend recht behielt. Ralf Rangnick wird in der nächsten Saison in Doppelfunktion Trainer und Sportdirektor bei RB Leipzig agieren.

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Der Presseraum ist gefüllt wie nie. In den letzten Wochen gab es bei RBL nur eine Frage: Wer wird neuer Trainer bei den Roten Bullen in der kommenden Saison. Nun ist es raus. RBL-Vorstandsvorsitzender Oliver Mintzlaff beginnt das Pressegespräch mit: „Heute ist ein guter Tag für RB Leipzig. Wir haben mit Ralf Rangnick eine 1A-Trainerlösung gefunden – für vorerst ein Jahr.“ Vor wenigen Wochen sagte Rangnick im Interview noch, dass er sich selbst nicht als Wunschlösung sehe. Laut Mintzlaff gab es viele Gespräche mit potenziellen Trainerkandidaten in den letzten Wochen und Monaten. Rangnick zufolge waren das zwar „nicht sehr viele, aber auch nicht nur zwei oder drei“. Und auch die Aussage Thomas Tuchels, er wolle nicht 2. Bundesliga machen, habe sich in Gesprächen zuvor anders angehört. Die Wunschkandidaten, die noch für die Posten in Frage gekommen wären, seien nicht mehr frei gewesen und hätten sich zu ihren derzeitigen Vereinen bekannt. 

„Mir war als Sportdirektor nicht unbedingt langweilig“

„Es war nicht so, dass ich als Sportdirektor nicht genug zu tun gehabt hätte – mir war nicht gerade langweilig. Aber wir haben am Dienstag gemeinsam zusammengesessen und sind übereingekommen, dass das die beste Lösung ist, weil ich die Situation und auch die Mannschaft kenne “, so Rangnick. Die Entscheidung sei nicht einfach gewesen – sowohl aus beruflicher als auch aus privater Sicht. „Als Trainer hat man eine ganz andere Präsenz als als Sportdirektor. Man muss rund um die Uhr verfügbar sein.“ Doch Rangnick habe das mit Familie und den Vereinsoberen besprochen. Mintzlaff sah man die Freude über die Entscheidung an: „Ralf Rangnick ist das sportliche Mastermind des Vereins und the best man for the job.“

Rangnick als Trainer hilft bei Transferverhandlungen

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Bereits ausgezahlt hat sich die Personalentscheidung beim Neuzugang Willi Orban. Der Verteidiger wechselt vom 1. FC Kaiserslautern nach Leipzig. Überzeugt werden konnte der 22-Jährige u.a. mit der Aussicht, dass Rangnick das Traineramt übernimmt, so Mintzlaff. Und weitere solche Neuzugänge sollen auf eben diesem Wege folgen. Für einige sei der Wechsel von beispielsweise einem Davie Selke in die 2. Bundesliga erst einmal ein Rückschritt, doch mit Ralf Rangnick als Trainer würde ein Zeichen gesetzt, wo die Reise hingehen soll.

Die Doppelfunktion Sportdirektor und Trainer birgt aber auch Risiken. Zum einen müssen nun typische Aufgaben des Sportdirektors zurückgestellt werden. Zum anderen kann diese Doppelfunktion zu einer großen Belastung werden – zeitlich, mental, physisch. Rangnick sagt, dass er damalige Fehler wie falsche Ernährung und fehlende Auszeiten behoben habe. „Außerdem ist es in jedem Job in diesem Geschäft nicht leicht, langfristig gesund zu bleiben, das passiert nicht einfach automatisch – egal ob als Trainer, Sportdirektor …“ Man müsse auf sich achten. „Ich fühle mich fit und ich übernehme Verantwortung.“
Wie nun der Sportdirektor und der Trainer kommunizieren und sich auch kritisch hinterfragen werden? „Das ist ja das Schöne – die Ziele und Vorstellungen von Sportdirektor und Trainer sind identisch“, antwortet Rangnick schmunzelnd.

Ziele für die Saison 2015/2015

Was die Ziele angeht, darüber muss nun nicht mehr diskutiert oder gar spekuliert werden. „Mehr Druck , als den, den wir uns hier selber machen, kann von außen gar nicht kommen“, so Rangnick und ergänzt, dass in Leipzig extrem erfolgsorientierte Menschen arbeiten – „anders geht das in dem Job auch gar nicht. Es geht nicht mit der Einstellung ‚gemach, gemach’“. Doch es mache auch keinen Sinn, nun zu sagen, es interessiere nur der Aufstieg. „Das wollen 10 andere Vereine in der 2. Bundesliga auch.“

Set-up bei RB Leipzig: Personalien 

Oliver Mintzlaff nennt den Umbruch bei RB Leipzig Set-up, was ziemlich passend ist, wenn man bedenkt, dass das in der EDV-Branche laut Duden bedeutet: Installation einer neuen Software auf dem Computer.

Zum RBLSet-up gehört:

  • • Achim Beierlorzer bleibt im Profibereich und wird Assistenztrainer.
  • • Torwarttrainer wird Frederik Gößling. Perry Bräutigam ersetzt Thomas Schlieck als Torwartkoordinator. Schlick verlässt den Verein aus privaten Gründen.
  • • Athletiktrainer wird Nicklas Dietrich und ersetzt damit Tim Lobinger. Lobinger wird ab der kommenden Spielzeit neuer Athletiktrainer des U23-Teams.
  • • Außerdem wird Rangnicks Vertrag über 2016 hinaus verlängert. 

Neuverpflichtungen:

• Bekannt war schon, dass der 20-jährige Davie Selke zum Roten Bullen wird. Der U-19-Europameister kommt vom Erstligisten SV Werder Bremen. 
• Auch Ken Gipson ist Neu-Leipziger. Der 19-jährige Außenverteidiger kommt von der U19 des VfB Stuttgart. 
• Mit Willi Orban ist nun der dritte Sommertransfer sicher. 

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Dass die Mehrzahl der Aufstiegshelden wie Daniel Frahn, Niklas Hoheneder und Sebastian Heidinger keinen neuen Vertrag bekommen bzw. ihnen aus sportlicher Perspektive empfohlen wurde zu wechseln, hinterlässt bei vielen RBL-Fans einen faden Beigeschmack. Doch Mintzlaff verweist darauf, dass ein Fußballclub auch ein Unternehmen sei und wenn Strukturen verändert werden müssten, um sie zu verbessern, man das tun müsse. Neutrainer Rangnick dazu: „Wichtig ist die Art und Weise. Klar bedient es das Klischee, dass wir hier das so im Vorgehen machen. Aber das stimmt nicht. Ich bin selber schon als Trainer entlassen wurden – das fühlt sich nicht gut an.“ 

Was sich allerdings gut anfühle, ist folgendes: „Ich habe ein Bild im Kopf, was in dieser Stadt passiert, wenn Leipzig tatsächlich mal eines Tages aufsteigt.“