„Ich persönlich denke nicht, dass ein Spieler über 200 Millionen Euro wert sein kann” RB Leipzig: Kevin Kampl über Wunsch-Mitspieler, Millionenbeträge im Fußball und ein Wembley-Tor

Kevin Kampl spielte als Fußballprofi unter anderem bei Red Bull Salzburg, Borussia Dortmund und zuletzt bei Bayer Leverkusen. Seit September 2017 ist er bei RB Leipzig unter Vertrag und kommt zumeist Rechts- oder Linksaußen zum Einsatz.

Kevin Kampl, 27 Jahre alt, ist in Solingen geboren. Er spielte als Fußballprofi unter anderem bei Red Bull Salzburg, Borussia Dortmund und zuletzt bei Bayer Leverkusen. Seit September 2017 ist Kevin Kampl bei RB Leipzig unter Vertrag und kommt zumeist Rechts- oder Linksaußen zum Einsatz. Ein Gespräch mit Florian Eib über Wunsch-Mitspieler, Millionenbeträge im Fußball und ein Wembley-Tor. 

Wie zufrieden bist du persönlich mit deinem ersten halben Jahr bei RB Leipzig – würdest du sagen, du bist angekommen? 

© motivio / Florian Eisele
Ja definitiv. Ich habe mich ja eigentlich von Anfang an sehr wohl gefühlt hier. Habe jetzt auch eine schöne Wohnung ein bisschen außerhalb, im Grünen. Ich glaube, dass die Mannschaft mich sehr gut aufgenommen hat, dass ich keine langen Anlaufschwierigkeiten hatte hier im Verein. Und dadurch, dass ich das sowieso schon ein bisschen in der Art kannte von Red Bull Salzburg damals, weiß ich, dass mir das liegt – die Spielart und wie das hier aufgebaut ist – und deswegen glaube ich schon, dass ich ganz gut integriert bin in der Mannschaft. Ich kannte ja einige Spieler schon und dann hat man sich gerade am Anfang auch viel zu erzählen und dann braucht man auch nicht lange, um vertraut und warm zu werden. Aber auch mit den anderen Spielern, die ich nicht kannte, war es von Anfang an sehr positiv. Wir sind aufeinander zugegangen, sie waren sehr offen und das passt einfach.

Gibt es etwas, was bei RB Leipzig ganz anders läuft als bei den anderen Bundesliga-Vereinen, wo du bereits warst? 

Ich finde das super, wie hier versucht wird, junge große Talente langsam aufzubauen, und aus ihnen dann Top-Spieler werden. Talente, die vielleicht bei anderen großen Vereinen so nicht zum Zug gekommen sind. Dass man auf diesen Weg vertraut, ist etwas, wofür RB steht und wo auch super Arbeit geleistet wird. Das ist im Gegensatz zu anderen Vereinen, bei denen ich war, der größte und maßgebliche Unterschied.

Wie fällt dein Fazit für eure Hinrunde aus, warst du mit Platz Fünf zufrieden? 

Ich denke man hat schon gemerkt, dass uns gegen Ende hin ein bisschen die Kräfte gefehlt haben. Das ist glaube ich auch normal bei dem Aufwand, den wir in jedem Spiel betreiben und bei den vielen Spielen, die wir hatten. Aber wir haben auch sehr viele Punkte verloren durch Standardsituationen. Wir haben auch in den Spielanalysen selbst bemerkt, dass das wahrscheinlich unsere größte Schwäche war. Wir waren in diesen Situation oftmals einfach nicht konzentriert und konsequent genug. Hätten wir nur die Hälfte der Gegentore bei Standards bekommen, dann wären wir wahrscheinlich besserplatziert in die Winterpause gegangen. Und das ist einfach so eine Sache, an der wir arbeiten müssen.

Was ist bis zum Saisonende für euch noch drin, auf den Plätzen 2-6 sind ja derzeit fast alle gleichauf? 

© motivio / Thomas Eisenhuth
Ich denke, dass es bis zum Ende sehr knapp werden wird. Die anderen Teams sind auch sehr gut. Wir werden alles versuchen, um unter die ersten vier zu kommen. Bis Mai müssen wir alles aus uns rausholen. Keine Mannschaft schenkt uns etwas, viele Teams sind anders auf uns eingestellt und man merkt einfach, dass dieses Jahr die Top-Mannschaften wieder dort stehen, wo sie eigentlich hingehören. Anders als in der letzten Saison, wo es für Leverkusen und Gladbach zum Beispiel nicht so gut lief. Auch Schalke hat sich stabilisiert und deswegen wird es sehr schwer für uns werden. Aber wir tun natürlich alles, um unsere Ziele zu erreichen. Gut ist, dass alle Mannschaften, die auch mit oben stehen – Dortmund, Leverkusen, Hoffenheim – noch zu uns ins Stadion kommen müssen. Da müssen wir sehen, dass wir mit unserer Heimstärke und mit unseren Zuschauern im Rücken versuchen, das auf unsere Seite zu lenken. Auch gegen die Bayern wollen wir nach dem dramatischen Spiel, dem bitteren Ausscheiden hier im DFB-Pokal, punkten.

Neben der Bundesliga stehen im Februar ja auch die beiden Europa League Spiele im Sechzehntelfinale gegen den SSC Neapel an, die Champions League war dieses Jahr vielleicht noch eine Nummer zu groß. Siehst du in der Europa League bessere Chancen für euch? 

Wir haben natürlich gleich ein Top-Los bekommen. Neapel ist sicherlich eine der besten Mannschaften, die jetzt noch in der Europa League sind. Sie haben eine sehr erfahrene Mannschaft. Wir werden da natürlich Chancen bekommen, aber wir müssen auch aufpassen. Es werden, denke ich, zwei sehr knappe und gute Spiele, wo wir alles geben müssen. An solchen Mannschaften kann man sich auch messen. Und weiter – und da sprechen ich glaube ich auch für meine Kollegen – denken wir noch nicht. Wenn du gegen so eine Mannschaft wie gegen Neapel spielst, dann kannst du sicher noch nicht ans Achtelfinale denken. Wir müssen uns da erst einmal voll fokussieren, denn wenn wir da keine Top-Form abrufen, dann sind wir definitiv nicht mehr dabei.

Mit wem würdest du gern mal in einem Team zusammenspielen? 

(überlegt) Also wen ich überragend finde im Moment und mit wem ich gerne mal zusammenspielen würde, ist Kilian Mbappé von Paris St. Germain, weil er einfach total uneigennützig spielt, obwohl er Stürmer ist und natürlich viele Tore machen will. Aber er legt genauso gerne Tore auf und ist ein echter Teamplayer. Er ist noch sehr, sehr jung (19 Jahre, Anm. d. Red.) und ist trotzdem jetzt schon für mich einer der besten Spieler der Welt. Und ich denke, er wird sich irgendwann noch einmal den Titel zum besten Spieler der Welt sichern. Er ist einfach ein kompletter Spieler, zweikampfstark, technisch stark, im Torabschluss in der Torvorbereitung, und ich glaube, man würde mit ihm als Mitspieler einfach richtig viel Spaß haben.

Naby Keita wird RB Leipzig im Sommer verlassen, dadurch wird auf der Spielmacher-Position ein Platz frei. Siehst du da für dich eine neue Rolle? 

© motivio / Thomas Eisenhuth
Das weiß ich nicht, es wird sich sicherlich zeigen, wie die Rolle dann genau übernommen wird, weil Naby schon eine Lücke in unserem Spiel hinterlässt. Aber so ist das immer. Wenn Top-Spieler reifen und sie sich gut präsentieren, dann werden andere Klubs auch auf sie aufmerksam und man kann die Spieler dann irgendwann auch nicht mehr halten, weil sie vielleicht andere Träume haben. Wie bei Naby jetzt: In Liverpool zu spielen, ist bestimmt ich auch eine große Ehre für ihn selbst und verdient hat er es sich auch auf jeden Fall. Er ist ein überragender Spieler und auch ein super Kerl, ich kenne ihn ja noch aus Salzburg. Welche Rolle ich dann einnehmen soll und werde, das weiß ich jetzt noch nicht. Darüber mache ich mir auch noch keine Gedanken, denn vor uns steht erst einmal eine sehr schwierige Rückrunde.

In der Zentrale ist aber schon deine eigentliche Lieblingsposition oder? 

Ja schon. Ich bin gerne sehr aktiv im Spiel. Ich treibe gerne den Ball von hinten nach vorne und nehme gerne die Spieler vor mir mit und bringe sie in Aktion. Ich glaube, dass die Position mir am besten liegt und deshalb spiele ich da auch am liebsten.

Neymar wechselte im Sommer für 222 Millionen Euro nach Paris, Coutinho in diesem Winter für 160 Millionen Euro zu Barcelona – was sagst du als Profifußballer zu solchen Transfers? Was geht einem da durch den Kopf? 

Wir als Spieler können das natürlich gar nicht beeinflussen. Wenn manche Vereine meinen, so viel Geld für Spieler ausgeben zu müssen, dann können Sie das machen. Ich persönlich denke nicht, dass ein Spieler über 200 Millionen Euro wert sein kann. Früher gab es so etwas auch nicht im Fußball und da gab es auch Legenden: Ein Maradona hat nicht im Ansatz so viel gekostet, ein Zidane, Ronaldo und wie sie alle heißen. Die haben nie so viel Geld gekostet und jetzt werden die Summen auf einmal so utopisch, dass man da eigentlich nur mit dem Kopf schütteln kann. Es gibt so viel Leid auf der Welt – und dann für einzelne Leute so viel Geld auszugeben, das kann ich nicht verstehen. Das ist aber meine persönliche Meinung, andere Leute denken darüber anders.

Hast du da auch manchmal Bedenken, dass der Bogen irgendwann überspannt ist, dass die Zuschauer das vielleicht auch gar nicht mehr so mitmachen und sich vom Fußball abwenden? 

Ja, man merkt es ja schon jetzt, wenn Barcelona zum Beispiel für Coutinho 160 Mio. Euro ausgibt. Ich meine: Solche Summen sind für die meisten nicht mehr nachvollziehbar. Klar, auch Fußball muss sich weiter entwickeln, aber nicht unbedingt auf diese Weise. Man darf die Fans auf diesem Weg nicht verlieren.

© RB Leipzig / Christian Geidus
Leipzig war für dich eine komplett neue Erfahrung, du bist vorher nur selten in den neuen Bundesländern gewesen. Hast du schon ein paar Lieblingsorte außerhalb vom Trainingszentrum? 

Ich gehe gerne zum Markkleeberger See. Wir gehen da oft spazieren mit Hund und wären da auch fast hingezogen. Ansonsten gehe ich gerne Sushi essen in Leipzig – im Shiki in der Innenstadt. Da schmeckt es mir am besten und da bin ich auch relativ häufig anzutreffen. Ansonsten bin eher ich nicht so der Stadtgänger, aber Leipzig hat mir von Anfang an gefallen. Ich konnte mir nicht viel unter Leipzig vorstellen, weil ich nur einmal da war, als wir mit Leverkusen hier gespielt haben. Da hat mir die Innenstadt aber auch schon gut gefallen. Ich wusste über die Region ziemlich wenig, aber ich muss echt sagen: Ich fühle mich schon seit dem ersten Tag sehr wohl hier.

Wenn du abends die Wahl hast mal wegzugehen, wo würde es dich dann am ehesten hinziehen? Eher Club oder Bar oder was Kulturelles? 

Also in Leipzig war ich bisher nur ein Mal in einer Bar, aber noch nie in einem Club. Dafür haben wir einfach keine Zeit. Aber wenn ich frei oder Urlaub habe, mache ich mit meinen Jungs in Düsseldorf dann schon auch mal eine Bar unsicher und dann gehen wir zum Beispiel in einen Club. Das gehört ja auch dazu im Leben. Auch als Fußballer.

Noch was Aktuelles: Zum neuen Jahr gibt es ja oft Vorsätze – hast du dir persönlich was vorgenommen für 2018? Wenn ja, was? 

Ja. Meine Vorsätze sind, dass ich weiter erfolgreich sein will. Ich will weiter meiner Mannschaft helfen, bin jetzt schon mehrere Monate hier und ich weiß, dass ich noch nicht an meinen Grenzen bin. Da will ich unbedingt noch hinkommen. Obwohl ich schon einer der älteren in der Mannschaft bin, kann ich hier trotzdem noch viel lernen.

Ein weiterer Wunsch ist, gesund zu bleiben, auch dass die Familie gesund bleibt. Wenn da privat zum Beispiel gesundheitliche Probleme sind, dann kann man sich auch nicht voll auf seinen Job konzentrieren. Und deswegen hoffe ich, dass alles so bleibt, wie es im Moment ist.

Ich habe nun noch ein paar Ergänzungssätze vorbereitet. Ich gebe einen Satz vor, den du ergänzt, bereit?
Ja, okay.

Erste Runde: Das mache ich morgens nach dem Aufstehen als erstes … 

Zähne putzen, danach waschen und dann fahre ich ins Trainingsgelände zum gemeinsamen Frühstück.

Darüber kann ich mich so richtig ärgern … 

Hmm … (überlegt lange) … über Schiedsrichter. Manchmal ist man ja nicht so im Reinen mit den Entscheidungen, die die treffen und dann fängt man da Diskussionen an. Das kann ich ab und zu mal ganz gut (grinst). Ich kenne schon einige Schiedsrichter in der Bundesliga, mit denen ich schon die ein oder andere Diskussionen hatte. In Action, wenn du dann voll auf Adrenalin bist, bringt dich das schon auf die Palme.

Und ja, am Ende gibt man sich immer die Hand und entschuldigt sich auch(grinst).

Meine Lieblingsband oder mein Lieblingssänger oder -sängerin ist …

Michael Jackson. 

Diese Serie schaue ich mir regelmäßig an …

Game of Thrones. 

Wenn ich nicht Profifußballer geworden wäre, dann wäre ich heute wahrscheinlich … 

Berufsangler (lacht). Ich war zwar hier noch nicht Angeln, weil ich keine Zeit dafür habe. Aber ich war jetzt in meinem Urlaub wieder Forellen angeln und ich glaube ich wäre, wenn ich nicht Fußballprofi wäre, Hochseeangler oder sowas.

Mein schönstes Tor habe ich geschossen, als … 

Das werde ich nie vergessen. Das ist das Tor im Wembley-Stadion, wo wir mit Leverkusen gegen Tottenham gewonnen haben, 1:0 vor 90.000 Zuschauern. Und wir haben uns durch den Sieg auch für das Achtelfinale in der Champions League qualifiziert. Das war bisher schon das größte Erlebnis in meiner Karriere. Da sind dann auch die Emotionen übergekocht. Das war einfach Wahnsinn.

Diese Reporterfrage kann ich nicht mehr hören … 

… Wie oft gehst du zum Friseur?

Und zuletzt: Die Leipziger sind … 

… sehr nett. Das ist mir von Anfang an aufgefallen. Ich wurde hier immer sehr freundlich empfangen, überall wo man hinkommt. Egal ob die Leute dich jetzt kennen oder auch nicht. Sie hören ja an meinem Dialekt, dass ich aus einer anderen Region komme und sind trotzdem sehr freundlich und offen. (lacht)

Nächstes Heimspiel: RB Leipzig – FC Augsburg am 9.2.2018 um 20:30 Uhr in der Red Bull Arena