"Das Projekt SC DHfK ist Wahnsinn, die Mannschaft ist der Hammer. Ich fühle mich einfach mega wohl hier." SC DHfK-Handballer Franz Semper: „Leipzig hat Potenzial für Europa“

Franz Semper – eines der größten deutschen Handball-Talent – verrät uns im Interview, warum er sich gegen das Angebot vom THW Kiel entschied, was er mit dem SC DHfK Leipzig noch erreichen möchte und ob es ein Vorteil ist, den Bundestrainer gut zu kennen.

© Karsten Mann
Franz Semper gilt als eines der größten deutschen Handball-Talente. Der 20-jährige Rückraumspieler verrät uns im Interview u.a., warum er sich gegen das Angebot vom THW Kiel entschied, was er mit dem SC DHfK Leipzig noch alles erreichen möchte und ob es ein Vorteil ist, den Bundestrainer gut zu kennen.  

Der DHfK ist immer gut für eine Überraschung, z.B. beim Sieg gegen Flensburg. Woran liegt es, dass ihr oft auch Top-Mannschaften knackt?

Wir können gegen solche Mannschaften oft befreit aufspielen, aber wir arbeiten auch sehr akribisch. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass wir vor allem zu Hause eine Macht sind und unsere Fans hinter uns stehen. Es ist für jeden Gegner noch mal 10% schwerer, gegen uns zu spielen. 

Ihr habt letzte Saison auf dem 8. Tabellenplatz abgeschlossen. Könnt ihr, um dieses Ergebnis zu wiederholen, noch befreit aufspielen?

Klar, mit der letztjährigen Platzierung wachsen natürlich auch immer die Erwartungen der Fans und vielleicht auch die vom Verein. Wir haben uns selber das Ziel gesetzt, wieder einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen. Aber es wird dieses Jahr noch schwerer – man sieht ja, dass die Liga sehr ausgeglichen ist. Jeder kann jeden schlagen. Es gibt kaum noch richtige Favoriten. 

Auf welche Gegner und Spiele freust du dich besonders diese Saison?

Es gibt viele Mannschaften, auf die ich mich freue, bei denen ich mir vor drei Jahren noch gar nicht vorstellen konnte, gegen die spielen zu dürfen. Sicherlich war das Spiel im September 2017 gegen Kiel in so einer großen altehrwürdigen Halle vor 10.000 Leuten etwas Besonderes – aber auch zu Hause zu spielen, ist gegen jeden Gegner immer noch Wahnsinn.

Im Frühjahr stand im Raum, dass du nach Kiel gehst. Wie kam es dann zur Entscheidung, dass du bleibst? 

Ich hatte in Leipzig sowieso bis 2018 Vertrag. Außerdem waren sich unser Geschäftsführer Karsten Günther, mein Spielerberater und ich einig, dass Kiel vielleicht noch zu früh für mich käme. So habe ich jetzt ein Jahr mehr Zeit, mich persönlich weiterzuentwickeln. In Kiel spielt ein Weihnhold, ein Vujin, ein Zeits – es ist nicht ganz so einfach, daran vorbeizukommen und Spielzeiten zu bekommen. Aber genau die sind das Wichtige, wenn man 20 ist. Außerdem bin ich hier zu Hause. Das Projekt SC DHfK ist Wahnsinn, die Mannschaft ist der Hammer. Ich fühle mich einfach mega wohl hier.

Hast du einen Traumverein?

Früher als kleines Kind habe ich immer von Kiel geträumt und dann kommt wirklich das Angebot. Erst dann fängt man an, darüber nachzudenken, was es bedeuten würde, dorthin zu wechseln. Das ist schon etwas Besonderes für mich. Aber letztendlich habe ich versucht, alles ruhig anzugehen. Wenn ich so weiterarbeite, kommen bestimmt auch noch mal Angebote. 

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Was ist dein persönliches Ziel mit dem SC DHfK? 

Ich will mich weiterentwickeln und weiter um Spielanteile kämpfen. Ich möchte gerne auch – vielleicht in zwei, drei Jahren – um den Europapokal spielen. Das Potenzial ist in Leipzig auf jeden Fall da. Man muss nur schauen, wann der perfekte Zeitpunkt ist, den nächsten Schritt zu gehen. 

Du giltst als eines der größten deutschen Handball-Talente. Verspürst du durch solche Aussagen Druck?

Klar, manchmal spürt man einen gewissen Druck, z.B. wenn ich als jüngster Spieler der 1. Bundeliga auf einmal zu den erfahrensten Spielern der U21-Nationalmannschaft zähle. Dann liegt doch mehr Last auf mir als hier im Verein, bei dem ich immer noch der Jünsgte bin und befreit aufspielen kann. ich glaube, das war bisher immer meine größte Stärke, die ich auch versuche beizubehalten. 

Du wurdest in den B-Kader der Nationalmannschaft berufen. Ist das der Startschuss?

Es ist auf jeden Fall der nächste Schritt zur A-Nationalmannschaft. Wann der kommen wird, müssen wir sehen. Sicherlich gibt es da noch ein, zwei andere Kandidaten. Aber ich bin auch erst 20. Ich hatte jetzt vier Jahre lang keine Pause im Sommer. Wenn ich jetzt mal eine bekomme und danach noch mal eine richtig geile Saison spielen kann, wer weiß, was dann passiert. 

Du kennst den neuen Bundestrainer Christian Prokop gut. Ist es ein Vorteil, dass du unter ihm trainiert hast?

Ich denke, er weiß ganz genau, was ich kann und was meine Stärken sind. Er ist aber auch nicht Bundestrainer, weil er zu Länderspielen nach Sympathien einlädt, sondern er will für Deutschland das Beste rausholen. Wenn er mich irgendwann einlädt, ist es so, dass ich zu den Besten zähle und das ist das, was Christian machen sollte und auch tut. 

Wie hast du seine Entscheidung aufgenommen, den DHfK zu verlassen, um Bundestrainer zu werden? 

Auf der einen Seite freut man sich für den Menschen, mit dem man tagtäglich zu tun hat. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch schade, dass er uns nicht mehr trainieren kann. Ich denke, er hat für sich die beste Entscheidung getroffen. Deswegen ist es vollkommen in Ordnung. 

© Karsten Mann

André Haber ist euer Cheftrainer für die nächsten Monate. Wie macht er sich? 

Er macht sich sehr gut. Ich habe ja auch schon in der Jugend drei, vier Jahre unter ihm gespielt. Für mich ist es nichts Neues. Und die anderen kennen ihn genauso, weil er jahrelang Co-Trainer war. Da gibt es überhaupt keine Probleme und ich freue mich, dass es so gut läuft. 

Laut Plan wird ab Januar 2018 Michael Biegler das Traineramt übernehmen. Nach dem Flensburg-Sieg meinte er aber, dass er vielleicht gar nicht gebraucht werde. Gibt es Neuigkeiten?  

Die Mannschaft hat sich den Handball-Talk von Kretzsche noch mal angeschaut. Ich denke, für Spekulationen ist es zu früh. Wenn etwas intern geklärt wird, sind wir die ersten, die es erfahren werden. Man horcht natürlich auf. Aber es gibt einen Plan und ich denke, daran wird sich erst mal nichts ändern. 

Im Januar 2018 ist die EM in Kroatien. Kretzsche meinte, dass das Turnier für dich wohl noch zu früh käme, doch Prokop sich auch nicht scheue, weniger erfahrenen Spieler einzuladen. Hast du trotzdem Hoffnung eingeladen zu werden?

Das wäre natürlich ein Traum direkt nach den Junioren in die A-Nationalmannschaft zu rutschen. Ich lasse mich da überraschen. Auch schon in den erweiterten Kader zu kommen, wäre ein riesen Schritt. 

Was war bisher dein schönster Erfolg in deiner noch jungen Sportlerkarriere? 

Das auf eines zu begrenzen, ist sehr schwer. Der erste große Erfolg war der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Aber auch die ganzen Titel mit der A-Jugend mit André Haber darf man nicht vergessen: Drei Mal Deutscher Meister. Wir sind 3. bei der Junioren-WM in Brasilien und Vize-Europameister geworden, mit dem DHfK ins Final4 eingezogen. Dann sind wir dieses Jahr bei der Junioren-WM in Algerien am 3. Platz vorbeigeschrammt. Es ist eigentlich Wahnsinn! Man muss sich ab und zu mal eine Stunde Zeit nehmen und darüber nachdenken, was man schon alles erreicht hat. Ansonsten fliegt das Ganze so an einem vorbei. Man kann es eigentlich gar nicht so richtig fassen, weil alles Schlag auf Schlag geht.  

Scheint, als wenn dir das alles gerade bei der Aufzählung erst bewusst wird. 

(lacht) Ja, das stimmt. Man lebt halt einfach so sein Leben weiter und dann kommt vielleicht ganz schnell ein neuer Erfolg oder man hat so viel im Kopf, dass man das alles gar nicht wertschätzen kann.

Was war der enttäuschendste oder frustrierendste Moment?

Die frustrierendste Erfahrung der jüngeren Vergangenheit war das Aus im diesjährigen WM-Halbfinale gegen Spanien und danach direkt das verlorene Spiel um Platz drei. 

Du machst dieses Jahr dein Abitur. Gibt es schon Pläne, was du nach deinem Abschluss machst?

Ich möchte danach gerne studieren, wahrscheinlich Lehramt, sicherlich Sport und noch ein Kombinationsfach – vielleicht Politikwissenschaften oder direkt Grundschullehramt. Das weiß ich noch nicht so genau. Das hat auch noch ein bisschen Zeit. Vielleicht nehme ich mir auch ein Jahr und konzentriere mich komplett auf den Handball, um den nächsten Schritt zu schaffen.

Dein Tipp: Wer wird Deutscher Meister dieses Jahr? 

Das ist ganz schwer. Zu den üblichen Verdächtigen Flensburg, Kiel und Rhein Neckar Löwen, würde ich auch noch Berlin mit reinzählen. Hannover hat mit seinem Kader jetzt rausgeholt, was eigentlich schon vor zwei Jahren hätte drin sein können. Melsungen ist auch immer mit vorne dabei. Auch Magdeburg hat noch ein paar Wörtchen mitzureden. Zu diesem Zeitpunkt kann man es nur ganz schwer sagen. Vor der Saison waren sicherlich einer der drei großen Vereine die Titelanwärter. Aber mittlerweile hat jeder von denen schon verloren. Es ist noch mal richtig interessant geworden.

Heimspiele des SC DHfK Leipzig im Oktober 2017 in der Arena Leipzig:

SC DHfK Leipzig gegen TuS N-Lübbecke am 8. Oktober 2017 um 12:30 Uhr

SC DHfK Leipzig gegen HC Erlangen am 22. Oktober 2017 um 12:30 Uhr