„Ein Nein heißt für uns: Jetzt erst recht!“ Zwischen Sanierungsplänen und Selbstverwirklichung: 25 Jahre ANKER

Im März wird das Soziokulturelle Zentrum „der Anker“ 25 Jahre und macht sich selbst wohl das schönste Geschenk: Vorderhaus und Kneipe sollen in diesem Jahr wieder nutzbar werden.

Der Anker wird wieder gelichtet! Nach über 20-jährigem Kampf um eine komplette Restaurierung des Gebäudekomplexes aus Büro- und Vereinsräumen, der Kneipe und dem Veranstaltungssaal, Jahren voller Ungewissheit und Bangen um die Zukunft des Ankers sollen 2016 und 2017 die Jahre der Jahre werden. Im März wird der Verein 25 Jahre und macht sich selbst wohl das schönste Geschenk: Vorderhaus und Kneipe sollen in diesem Jahr wieder nutzbar werden.

© Bianca Rositzka
Für unseren Blick hinter die bunten Kulissen des Soziokulturellen Zentrums in Möckern / Wahren machen wir uns auf zum „Übergangsanker“ in der Gustav-Kühn-Straße 8. Hier hat man sich nach dem Umzug im April 2014 inzwischen auch schön eingerichtet. Im Kern arbeiten ca. 15 Leute für den Anker, Annett Franke zeigt uns die Werkstätten, Tanzräume und das Fotolabor. „Trotzdem sind wir so froh, wieder nach Hause zu kommen.“, erzählt sie. Man spürt sofort ihr Herzblut für die Sache. „Uns ist es wichtig, dass die Besucher unserer Kurse nicht nur herkommen und dann wieder jeder für sich ist, sondern dass sie sich darüber hinaus auch treffen, echte Zusammengehörigkeit im Wohngebiet entsteht. Das gilt genauso für die Familien und Jugendlichen untereinander, weswegen wir zahlreiche Angebote abdecken.“

Der Anker

Veranstaltungen: Konzerte, Lesungen, Theater, Kinder- und Seniorenveranstaltungen

Kinder- und Jugendarbeit mit Kulturarbeit und Werkstätten: Bereich darstellende Kunst – Tanz und Theater, Bereich Kreativarbeit – Töpfern, Schwarz-Weiß-Fotolabor, Bereich Medien – Mediencenter

Seniorenangebote: Bildung, Tanz Bewegung

© Anker Leipzig
Am 26. März 1991 wurde der „Stadtteilzentrum Anker e.V.“ gegründet – allerdings war die Gründung eher ein Wurf ins kalte Wasser. Zuvor wurde dort ein Jugendklubhaus betrieben. Die Häuser waren damals in kommunaler Hand und von der Stadtverwaltung wurde eine Vereinsgründung empfohlen, um den Komplex zu retten. Die Häuser hätten sonst geschlossen werden müssen. „Die Sanierungsarbeit oder –notwendigkeit hat ja schon 1991 begonnen. Es war unklar, was passieren würde und ob das Haus überhaupt zu erhalten ist. Ziel und Zweck der Vereinsgründung war es, das Haus gut zu bewirtschaften und in Stand zu setzen“, erklärt Heike Engel, Geschäftsführerin des Ankers. Man hat also einfach erstmal weitergemacht, Veranstaltungen durchgeführt. „Der Zustand wurde natürlich kontrolliert. Ein Mal im Jahr kam der Leiter des Bauordnungsamts vorbei und hat des Öfteren ein Auge zugedrückt. Es war von Anfang an klar, dass wir etwas tun müssen.“ Damals gab es noch Öfen im Saal, die Fenster waren kaputt, auch in Sachen Brandschutz und Be- und Entlüftung war ein Update nötig. Stück für Stück wurde in Angriff genommen, was finanziell möglich war.

„Schon mit der Vereinsgründung wurde ein Nutzungskonzept für die Gesamtsanierung des ganzen Objekts entworfen, aber wie das eben mit den Finanzen so ist … Trotzdem sind wir immer am Ball geblieben, und immer über die Politik am Ball geblieben, das war uns wichtig.“ Ein erster Schritt war der Neubau eines Kinder- und Jugendzentrums mit Spielplatz, Freisitz und Garten im Jahr 2000. Der Verein hat seine Wichtigkeit im „unterversorgten Norden“ immer hervorgehoben und Reparaturarbeiten vorgenommen, die sich einrichten ließen. Mit Aktionen und Unterstützern aus der Politik wurde stets weiter für die Grundsanierung der Gebäude gekämpft, doch die Jahre vergingen und vergingen, das Kulturamt konnte keine großen Summen bereitstellen – bis eine Sanierung schließlich nicht mehr möglich war. „Unser größtes Problem war die Zeit. Wir wollten ja schon 2013 anfangen zu bauen, aber mit der öffentlichen Hand gab es immer wieder Probleme wie Fördermittel, Ausschreibungen und es muss vieles beachtet werden. Wir wussten nie, wann und was geschieht – deswegen konnten wir schon 2013 kaum noch Konzerte im Saal machen. Das nächste Problem war, dass wir lange nicht wussten, wo wir überhaupt hin sollen. Unser jetziges Interim haben wir selbst entdeckt und uns darum bemüht. Mit dem Vermieter war schon alles geklärt, dann haben wir das dem Kulturamt mitgeteilt, woraufhin es eine große Runde gab und es erstmal hieß: Nein. Wir haben ja ganz böse Jugendliche … naja, geh mal mit so einem Haus irgendwo hin! Für uns bedeutet ein Nein: Jetzt erst recht! Aber natürlich waren unsere Kursteilnehmer verunsichert, weil alles eine gefühlte Ewigkeit in der Schwebe war.

Land in Sicht!?
 

© Bianca Rositzka
Schließlich sollten für die geförderte Summe von 3,1 Mio.€ Eckgebäude und Kneipe abgerissen und die Kapazität des Saals erhöht sowie die Galerie erneuert werden. „Ende März 2014 hatten wir noch vier Tage am Stück Veranstaltungen, dann direkt vier Tage Umzug, parallel haben wir unser Interim etwas renoviert – und das bei laufendem Geschäftsbetrieb. Also wir waren echt fertig.“ Auch wurde dass naheliegende Pfarramt für Kurse angemietet. „Wir waren natürlich traurig, der Abschied war tränenreich, aber gleichzeitig waren wir glücklich, dass es endlich losgeht.“ Dann der Schock nach ein paar Tagen im Saal: „Alles war voller Risse, alles war komplett durch – das hieß: Baustopp.“ Ein Statiker musste entscheiden, ob man auch das Gebäude komplett abreißen muss, was sich letztendlich bis zum September 2014 zog. „Das war die schlimmste Zeit. Es gab so viele Gerüchte, jeder hatte was dazu zu sagen und jeder wusste es natürlich besser … Wir haben uns aber nicht beirren lassen und trotzdem weiter gearbeitet für den Saal. In dieser Zeit hat uns auch die Baubürgermeisterin unheimlich unterstützt. Am 15. September wurde mit dem Abriss begonnen, was uns wieder neue Hoffnung gegeben hat.“
Auch die zwischen Vereinsgebäude und Veranstaltungssaal liegende Kneipe konnte schließlich abgerissen werden, allerdings wurde sie 1:1 rekonstruiert. „Unser Publikum wollte auf jeden Fall seine alte Kneipe zurück, und man sieht wirklich keinen Unterschied. Einiges konnte sogar erhalten werden.“ Die Eröffnung ist diesen Sommer im Juni geplant, die Schlüsselübergabe soll in der Geburtstagswoche stattfinden. Die Renftstraße wird außerdem zum Renftplatz, eine Endfertigstellung ist dann für Juni 2017 geplant, man hofft, den Saal in einem Jahr übernehmen zu können.

„Wir müssen natürlich auch jetzt am Markt bleiben, was nicht einfach ist, wenn man neben dem Alltagsgeschäft auch noch den Bau zu managen und zu planen hat. Eine Veranstaltung außerhalb durchzuführen, ist außerdem fünf oder zehn Mal aufwendiger, als sie im eigenen Haus zu haben. Die Agenturen haben uns nicht vergessen, aber oft muss ich sagen ,Ich weiß es nicht`. Aber: Unsere erste feste Konzertzusage haben wir schon getätigt, die Mail wollen wir uns aufhängen: Anne Clarkes Abschiedstour im November 2018.“

Jubiläumswoche 25 Jahre Anker vom 26. März bis 3. April 2016

© Veranstalter
In der Geburtstagswoche wird nicht nur ein Vierteljahrhundert des Vereinsbestehens, sondern auch „55 Jahre Renft“ gefeiert. „Renft ist eine Band, die mit uns aufgewachsen ist und in dem Haus ihre ersten Gehversuche gemacht hat. Schon 1961 haben sie das erste Mal bei uns im Haus gespielt und sind bis zum heutigen Tag mit uns verbunden.“ Der Auftakt der Geburtstagswoche findet am 26. März 2016 mit dem Renft-Konzert im Stadtbad statt. 

Weitere Termine:

• 18.3.2016, 10 Uhr: Lesung anlässlich von „Leipzig liest“ in der Gustav-Kühn-Str. 8 – Regina Nössler „Endlich daheim“

• 29.3.2016, ab 14 Uhr: Stündliche Führungen durch das Anker-Interim

• 2.4.2016, 20 Uhr: Konzert Duo Infernale – Zöllner & Gensicke in der Alten Handelsbörse

• 8.4.2016, 20 Uhr: Konzert Ulla Meinecke „Wir waren mit dir bei Rigoletto, Boss“ – Reformierte Kirche Tröndlinring

• 16.4.2016, 20 Uhr: Reinhardt Repkes Club der toten Dichter – Charles Bukowski – Gedichte neu vertont mit Peter Lohmeyer in der Peterskirche

Abschließend sagt Heike Engel: „Es ist doch eigentlich Wahnsinn, dass man 25 Jahre kämpfen musste, um eine Komplettsanierung zu erreichen.“ Aber, manchmal lohnt es sich eben … „Wenn wir wieder in den Saal gehen, wird das eine Woche Party.“

WEB

www.anker-leipzig.de