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Buchrezension: Ich bin mal eben wieder tot

Nicholas Müller ist Musiker, Person des öffentlichen Lebens und einer von zehn Millionen Menschen, die an einer Angststörung leiden. Mehr erfahrt ihr hier.

Nicholas Müller ist Musiker, Person des öffentlichen Lebens und einer von ungefähr zehn Millionen Menschen, die an einer Angststörung leiden. In seinem Debütroman „Ich bin mal eben wieder tot“ berichtet er von der Zeit, in der ihn die Angst fest im Griff hatte und wie es ihm gelang, den Spieß umzudrehen.

Man muss weder wissen wie er heißt, noch wie er aussieht, um seine Stimme – die auch heute noch regelmäßig im Radio zu hören ist – wiederzuerkennen. Nicholas Müller landete 2011 mit seiner Band Jupiter Jones einen Hit. Ihre Single „Still“ nistete sich für 52 Wochen in den deutschen Charts ein, wurde mit Dreifach-Gold ausgezeichnet und einem Radio-Echo belohnt. Für die Band aus der Eifel bedeutete das der Sprung auf die ganz großen Festivalbühnen, volle Clubkonzerte, ein Platz am deutschen Musikhimmel eben. Und immer ganz vorn dabei, mit dem Mikro in der Hand: Nicholas Müller mit seiner unverwechselbaren Stimme und den gehaltvollen und wunderbar formulierten, gesungenen Stücken Lyrik. 2014 war dann plötzlich Schluss, zumindest für Müller. Er verließ die Band, musste sich um sich selbst kümmern, wollte gesund werden. Denn was bis dato weder Fans noch Öffentlichkeit wussten: Müller litt seit Jahren unter einer Angststörung. Mit jeder Panikattacke hatte er das Gefühl zu sterben, bis ihm die eilig gerufenen Notärzte immer und immer wieder bestätigten, dass es ihm körperlich gut ging. Als ihn die Panik auch in seinem letzten sichergeglaubten Refugium – auf der Bühne – erreicht hatte, zog er schlussendlich die Reißleine. 

Auf das Leben 

In seinem Buch „Ich bin mal eben wieder tot“ schaut Nicholas Müller zurück und gibt Einblicke in sein Leben mit der Angst, in die guten und weniger guten Jahre davor und seine Gegenwart. Auch über eine unausweichliche Zukunft macht er sich so seine Gedanken. Seine Geschichte liest sich fesselnd und so leicht hintereinander weg, dass es sich nicht einmal wie lesen anfühlt. Als hätte Müller anstelle von Forrest Gump auf der Bank platzgenommen, der Leser neben ihm. Gemeinsam warten wir auf den Bus und um die Zeit totzuschlagen, erzählt Müller.  Auf rund 260 Seiten betreiben wir eine Art autobiografisches Hopping, ohne dabei je zu viel Abstand zum Thema Angst zu nehmen. Weniger linear, sondern vielmehr durch die Beschreibung einzelner Etappen und Episoden erschließt sich so ein Großteil von Müllers Leben. Schonungslos und gewohnt wortgewandt beschreibt er, wie Oma und Mutter dem Krebs erliegen, wie er seine erste Panikattacke auf der Trauerfeier seiner Mutter durchlebt, wie ihn die Panik von da an immer wieder heimsucht, die Diagnose, die Betäubung mit Medikamenten, das „Ich krieg das schon hin“ und das Einsehen, dass es so eben nichts wird. Bis hin zur Therapie, der Geburt seiner Tochter, der Gründung der neuen Band, Trennung und dem Finden neuer Liebe. Und überall dazwischen und immer mittendrin: die Angst. „Ich schreibe all diese Wörter, damit das irgendwann endet“, schreibt er. Lediglich die Ursache für seine Angststörung lässt Müller außen vor und das ist auch gut so, seine Geschichte ist ausführlich und tiefgehend genug. Schlicht, pointiert, eindrucksvoll und erstaunlich nachvollziehbar beschreibt Müller, was in jenen unvorhergesehen Momenten, in denen ihn die Panik fest im Griff hat, in ihm vorgeht – Gefühle, Gedanken, Wahrnehmung und wie er wiederholt tausende Tode stirbt. Wirklich beeindruckend ist, dass „Ich bin mal eben wieder tot“ in Summe und trotz all der schwierigen und traurigen Episoden, Optimismus ausstrahlt. Müller ist es gelungen, sich an ihm festzuhalten und dieses Gefühl auch auf den Leser zu übertragen. „Die Straße ist nicht immer eben, und grad‘ deswegen: Auf das Leben!“ – noch so ein Jupiter Jones Song aus der Feder von Nicholas Müller. 

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