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Hingehört: John Legend und Yalta Club

Wir haben uns für euch die neuen Alben „Darkness and Light“ von John Legend und „Hybris“ von Yalta Club angehört.

Hingehört I: John Legend – „Darkness and Light“

 

Die Ökonomie der Mittel 

Auch wenn der Name etwas aufdringlich nach Superstar klingt, hat sich John Legend diesen Titel wohl redlich verdient. Der 37-jährige Sänger und Songwriter ist nicht nur mehrfacher Grammy-Preisträger, sondern durfte sich sogar einen Oscar für den besten Filmsong ins Regal stellen. Nach nunmehr drei Jahren kommen wir in den Genuss seines 5. Studioalbums. „Darkness and Light“, quasi das Dokument seiner Abkehr vom ehemaligen Mentor Kanye West, ist ein klassisches Soul- und R&B-Album geworden. Gleich der erste Track „I Know Better“ macht keinen Hehl daraus. Dezent eingesetztes Klavier und eine smoothe Hammond-Orgel entfesseln zusammen mit der ungemein souligen Stimme mehr emotionale Kraft als so manch gehypte Club-Hymne.

Auch wenn alle Songs der Scheibe unaufgeregt und zurückhaltend bleiben, gibt es hier einiges zu entdecken. Etwa den kultigen Kopfstimmengesang des Titeltracks oder das durchweg stilsichere Gespür für elektronische, aber immer warme Beats. Es sind die teilweise schrägen Stücke, die dem Album Identität geben. Das von Chance the Rapper mit Sprechgesang gewürzte „Penthouse Floor“ zum Beispiel, das mit vielen Dissonanzen in der Begleitung überrascht, oder der a-capella-Song „Drawing Lines“, der mit seinen Choreinlagen schon fast ein wenig an Björk erinnert. Auf einem Triple-A-Album darf natürlich auch eine Singleauskopplung („Love Me Now“) nicht fehlen, die zwar effektiv komponiert ist, aber bei weitem nicht die Originalität anderer Stücke aufweist. Dieser Scheibe haftet etwas Besonderes an. Es ist die emotionale Power, die viele Stücke trotz ihrer sehr sparsam eingesetzten Mittel entfesseln, die John Legend einen Platz in der Oberliga der Popmusik sichert. Ein Wermutstropfen bleibt allerdings: Eine Über-Ballade à la „All Of Me“ ist leider nicht mit an Bord. 

 

 Hingehört II: Yalta Club – „Hybris“ 

Willkommen im Club!

Derzeit kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Welt zunehmend in ideologischen und irrationalen Grabenkämpfen zerfällt, während in der Politik das Zeitalter der Populisten eingeläutet wird. Yalta Club aus Paris haben sich auf die Fahnen geschrieben, diesen Entwicklungen mit einer musikalischen Liebesbotschaft zu begegnen. 

Und die klingt streckenweise wie ein bunter Flickenteppich. Gewohnt griffiger Indie-Pop wird hier mit Klangfarben aus aller Welt ausgemalt. Hybride Beats mit Schlagzeug und indischen Taplas treffen auf pulsierende Synthieflächen und Südseepercussion. Auch einen guten Schuss 80er-Flair haben die Pariser Weltverbesserer getankt. Der etwas an Britpop erinnernde Gesang bleibt dabei immer Englisch und lädt, spätestens wenn sich der unvermeidbare Refrain anbahnt, zum Mitsingen ein. Auch Sounddesignelemente haben ihren Weg in die Tracks gefunden. So etwa bei dem sich langsam aufbauenden „Exile“, das Geräusche und indianische Chöre geschickt zu einer mystischen Klanglandschaft verschmelzen lässt. Was spannend klingt, verliert über die gesamte Laufzeit eines Studioalbums dann aber doch etwas an Reiz. Das ohne Frage große Potenzial des Ethno-Ansatzes wird leider nicht konsequent ausgenutzt und so sind sich viele Songs in Atmosphäre und Dynamik etwas zu ähnlich – nichts, was das nächste Album nicht wiedergutmachen könnte! Yalta-Club ist eine Band wie eine Hippie-Kommune: demokratisch, multikulturell und grenzenlos optimistisch. Hört man „Hybris“, juckt es einem direkt in den Fingern, sich einfach das nächstbeste Instrument zu krallen und Teil der großen Party zu werden. Ihr habt genug von apokalyptischen Wirtschaftsnachrichten? Willkommen im Club! Beitreten könnt ihr am 28. Januar 2017 in der Moritzbastei.

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