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Judith Holofernes über Helden-Zeiten und ihr dunkelbuntes Album

Wir haben mit Judith Holofernes von „Wir sind Helden“ über ihre Solokarriere und das Chaos in ihrem Leben gesprochen.

Judith Holofernes, die Frontsängerin von „Wir sind Helden“ ist seit der Auflösung der Band solo unterwegs. Mit ihrem neuen Album „Ich bin das Chaos“ geht sie gemeinsam mit Musiker Teitur auf Deutschland-Tour. Wir haben uns zuvor mit ihr getroffen und über ihre neue Platte und frühere Zeiten gesprochen. 

Deine aktuelle Platte heißt „Ich bin das Chaos“. Welche Rolle spielt das Chaos wirklich in deinem Leben?

Eine große, wobei ich es, glaube ich, äußerlich ganz gut im Griff habe. Ich war als Kind wahnsinnig chaotisch, ein klassisches Träumerkind, auch noch bis in die späte Teenagerzeit und in den Studienanfang. Dadurch musste ich eine ziemlich harte Schule durchlaufen, ich musste lernen, mein Zeug zusammenzuhalten. Inzwischen kann ich es eigentlich ganz gut.

Und so bist du auch auf den Titel des Albums gekommen?

Ja und ich habe eine Faszination fürs Chaos, die sich durch die Songs zieht. Gleichzeitig ist es auch eine Sehnsucht nach dem Unkontrollierbaren und natürlich auch noch die Furcht und das Sicherheitsbedürfnis – die niedlichen Versuche, die wir Menschen immer unternehmen, um das Chaos irgendwie einzudämmen. 

Auf deiner Facebook-Seite konnte man vor kurzem ein Cartoon-Video über Trump sehen, in dem er die Erde und ihre Werte wie einen Boxsack malträtiert und du ihn als „Trumpelstiltskin“ bezeichnest. Stiftet Trump Chaos?

Ja auf jeden Fall, er stiftet sehr viel Chaos. Aber selbst bevor er ins Amt gehoben wurde, hat das Thema „Chaos“ in den letzten zwei Jahren in den Medien eine wahnsinnig große Rolle gespielt. Ich finde das immer spannend, weil ich das Gefühl habe, man muss manchmal versuchen, in so eine Vogelperspektive zu kommen, weil ja nicht immer nur das passiert ist, was gerade in den Medien groß aufgehängt wird. Ich weiß gar nicht, ob das Chaos auf der Welt mehr geworden ist oder ob wir gerade auch kollektiv so eine Sehnsucht danach haben, das herbeizureden.  

Wie würdest du die Grundstimmung deiner Platte beschreiben? Es sind schon sehr unterschiedliche Songs dabei wie „Der letzte Optimist“, der eher düster-melancholisch ist und dagegen „Unverschämtes Glück“ …

Es ist schwer zu sagen, aber ich habe das Gefühl, dass es dunkelbunt ist. Ich empfinde es eigentlich als sehr positiv und irgendwie so leuchtend, wie helle Farben vor dunklem Hintergrund mehr leuchten. 

Hast du zuerst die Melodien im Kopf und schreibst dazu die poetischen Texte oder andersherum?

Meistens passiert das parallel. Ich schreibe oft einen Text und in dem Moment, wenn ich denke, ich müsste mich jetzt mal um die Melodie kümmern, merke ich, dass sie schon da ist. Dann muss ich sie nur noch rausfummeln, mit den Akkorden.

Wie kommt es, dass du gerade solo unterwegs bist?

Ich habe versucht, mit meiner Band so lange es ging weiterzumachen und fünf Jahre lang daran festgehalten – auch wenn man es vielleicht schon hätte hinschmeißen können. Ich bin total froh, dass ich es nicht gemacht habe, ansonsten wären nicht noch die zwei schönen Platten entstanden. Ich dachte allerdings nicht: Wir hören jetzt mit den Helden auf und ich mache dann einfach solo Karriere. In dem Moment dachte ich eher, dass ich Bücher schreiben würde.

Ich war selber überrascht, dass sich die Musik so durchsetzt. Ich bin ja nicht alleine unterwegs, ich stehe mit sechs Leuten auf der Bühne. Und trotzdem ist es viel unkomplizierter und familienfreundlicher, kleiner und gemütlicher als es früher war. Und mein Leben funktioniert so sehr viel besser. 

Vermisst du etwas aus den damaligen Zeiten?

Ach, ich habe schon oft ein melancholisches Ziepen, wenn ich daran denke, weil es großartige Jahre waren. Aber ich glaube, wenn man mal was losgelassen hat, was schwer loszulassen war, dann ist es eher so ein großes Freiheitsgefühl. Ich bin jetzt nicht frei von „Wir sind Helden“, ich habe die Band ja total geliebt, aber ich habe das Gefühl, dass ich jetzt keine Erwartungen mehr erfüllen muss. 

Kommen denn auch einige „Wir sind Helden“-Songs mit auf Tour?

Ja, das erste Mal wieder. Auf der letzten Tour ging das noch nicht, weil sie für mich zu besetzt waren mit „Heldenbildern“. Jetzt ist es auch noch so, dass ich mir erst mal nicht vorstellen kann, „Denkmal“ oder „Aurelie“ zu spielen. Das würde sich nicht richtig gut anfühlen. Deswegen spiele ich jetzt zwei abseitigere Lieblingssongs, dazu habe ich die Fans bei Facebook und Twitter befragt. Lustigerweise hat sich das Ergebnis total mit meinen Ideen gedeckt. Ich glaube, ich habe zwei Songs gefunden, die einige Leute sehr freuen werden.

Aber verraten möchtest du sie noch nicht?

Nein, nein, nein! (lacht)

Auf deiner Tour kommst du auch nach Leipzig und Dresden. Hast du eine witzige Geschichte, die dich mit diesen Städten verbindet?

Oh Gott, ja, aber die ist nicht so witzig. Wir waren oft in Leipzig und ich mag Leipzig total, aber ich habe eine sehr drastische Geschichte aus dem Leipziger Zoo. In diesem sind wir nämlich leider einmal Zeugen davon geworden, wie einer der Schimpansen seine eigenen Exkremente gegessen hat. Seit dem Tag konnten wir leider nicht an Leipzig denken, ohne Pongoland und diesen Affen vor Augen zu haben (lacht). Ihr habt auf jeden Fall eine coole Club-Landschaft, wir mögen es sehr in Leipzig. 

Wir waren so oft in Dresden und Leipzig, ich habe da nur die allerschönsten Erinnerungen, auch von ganz frühen Helden-Konzerten, bei denen wir überhaupt nicht wussten, woher die Leute uns kannten. Und es war auch schon immer total euphorisch. Auf meiner letzten Tour hatte ich in Dresden und Leipzig das Gefühl, dass die Leute total offen dafür sind, dass ich es jetzt anders mache. Das ist ja nicht selbstverständlich, dafür bin ich auch dankbar.    

 LIVE:  Judith Holofernes könnt ihr live erleben am

16. März 2017 im Täubchenthal in Leipzig

23. April 2017 im Astra Kulturhaus in Berlin

25. April 2017 in der Scheune in Dresden. 

Wir verlosen 2×2 Tickets zum Konzert in Leipzig.

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