Spieglein, Spieglein an der Wand ... Rezension Oper Leipzig: Kinderoper „Schneewittchen“

Bei der Kinderoper „Schneewittchen“ wird nicht nur Kulturgut vermittelt, sondern es werden auch aktuelle Themen unserer Gesellschaft kindgerecht verpackt und so den kleinsten Zuschauern näher gebracht.

Die Luft in der Oper Leipzig knistert. Während sich die Musiker im Orchestergraben noch einstimmen, hört man überall das aufgeregte Flüstern und Getuschel von Kindern. In schicken Kleidern und Hemden rennen sie aufgeregt zwischen den Sitzen umher, zappeln mit den Füßen und lauern darauf, dass das Licht ausgeht und der Premierenvorhang sich endlich öffnet.

© Tom Schulze
Und dann ist es so weit – die Bühne wird von einem großen, in Handarbeit hergestellten Bodentuch bedeckt. Darüber hängt ein riesengroßer Spiegel, der das Geschehen unten wiedergibt und so etwas Magie auf die Bühne zaubert. Die Szenen wechseln zwischen dem Wald und dem Haus der sieben Zwerge mit seinen sieben Bettchen, Stühlen, Tellerchen und Becherchen. Die Kostüme der Darsteller sind farbenfroh und aufwändig gestaltet und lassen die jeweiligen Rollen deutlich erkennen. Die böse Königin lacht oft gehässig, Schneewittchen ist freundlich zu Tier und Mensch und die sieben Zwerge laufen der Größe nach geordnet über die Bühne. Alles ist so wie es in einem Märchen sein soll – und doch schafft es Komponist Marius Felix Lange mit seiner Kinderoper, die Welt von Schneewittchen in die Moderne zu holen und bietet einen tollen Einstieg in die Welt der Oper für junge Zuschauer.

Singende Zwerginnen und große Herzen

Die Geschichte von Schneewittchen ist bekannt und ändert sich auch bei Marius Felix Lange nicht groß, mit ein paar kleinen Ausnahmen. So gibt es zwei weibliche Zwerge, die den männlichen Zwergen zwar in nichts nachstehen, was den Bartwuchs und den runden Bauch angeht, dafür aber den Chorgesang der Sieben erfrischend aufmischen. Im zweiten Versuch der bösen Königin, das Schneewittchen aus dem Weg zu räumen, setzt sie dem Mädchen eine zu enge Zipfelmütze auf. Und als der Jäger verzweifelt nach einem Herz sucht, das er der Königin als Beweis für Schneewittchens Tod bringen kann, weisen ihn viele Kinderstimmen aus dem Publikum laut darauf hin, dass auf der Bühne ein großes Lebkuchenherz liegt. Das lässt sich der Jäger nicht zweimal zurufen.

© Tom Schulze
Die Handlung wird von den Darstellern abwechselnd erzählt und gesungen, die Texte sind anspruchsvoll aber dennoch kindgerecht. Vor allem die Zwerge und die böse Königin sorgen im Laufe des Stückes immer wieder für Lacher und garantieren so die anhaltende Aufmerksamkeit der Kinder. Auch die Moral kommt am Ende nicht zu kurz. Das Märchen „Schneewittchen” greift aktuelle Themen unserer Gesellschaft auf – es verurteilt den wachsenden Schönheitswahn und zeigt, dass wahre Schönheit von innen kommt und ein gutes Herz wichtiger ist als ein faltenfreies Gesicht. Marius Felix Lange schafft es durch Witz, Charme, Farben und etwas Magie diese Botschaft auch den kleinsten Zuschauern nahe zu bringen.

© Tom Schulze
Zum Ende der Premiere lässt der Applaus lange Zeit nicht nach und die Schauspieler und Verantwortlichen hinter der Bühne kommen immer wieder heraus und verbeugen sich. Eine lohnenswerte Reise in eine zauberhafte Märchenwelt für Jung und Alt.

Spielzeiten und Preise: 8. & 9. Mai 2019 sowie 2. Juni 2019, jeweils 11 Uhr mit Einführung 45 min vor Beginn | für Kinder ab 6 Jahren | Tickets zw. 12 und 40 €