In die dunklen Tiefen des menschlichen Unterbewusstseins Obskure Obsession: Carolein Smits „L’amour fou” im GRASSI-Museum für Angewandte Kunst

Die belgische Künstlerin erzählt mit 30 aufwändig glasierten Tonskulpturen eine fabelhafte Geschichte von Schönheit und Tod, Märchen und Albtraum und lässt dabei Realität und Fiktion raffiniert ineinanderfließen.

Silberner Mondglanz umspielt das von Carolein Smit (*1960) kreierte Kabinett der Kuriositäten, das euch im GRASSI-Museum für Angewandte Kunst erwartet. Die belgische Künstlerin erzählt mit 30 aufwändig glasierten Tonskulpturen eine fabelhafte Geschichte von Schönheit und Tod, Märchen und Albtraum und lässt dabei Realität und Fiktion raffiniert ineinanderfließen. 

© Esther Hoyer
Mit ihrer feinen Hand fürs Detail haucht sie ihren Kreaturen einen mystischen Lebensatem ein, der Gänsehaut zaubert. Uns sitzen die Augen eines mit Engelsflügen getarnten gefallenen Teufels im Nacken, während wir durch die Allee an merkwürdigen Kreaturen spazieren, uns von Zwillingswesen, apokalyptischen Reitern, Gnomen und schafsartigen Halb-wesen in den Bann ziehen lassen, die uns teilweise perlenübersät, teilweise blutüberströmt entgegenkommen. Die Wesen aus der Unterwelt scheinen uns ebenso kritisch zu beäugen wie wir sie. Unser Blick schweift über Edelsteine und Blutstropfen, verwunschene Waldgewächse und lodernde Flammen, unschuldige Mädchenaugen und verzerrte Skelettfratzen. Fast schon schmerzhaft wird uns der schmale Grat zwischen Traum und Realität, Schönheit und Tod, Erblühen und Verfall vor Augen geführt, was uns unwillkürlich zu der Frage nach dem Schmelzpunkt führt, an dem Faszination zu Abscheu, Verführung zu Verhängnis, Schönheit zu Hässlichkeit wird. 

Irgendwo zwischen Himmel und Hölle

© Esther Hoyer
L’amour fou – Das ist eine sich den Kriterien der Vernunft entziehende, süchtig machende, zwingende Liebe, die die Künstlerin mit ihren eigentümlichen Werken auslebt. Ihre offensichtliche Faszination für Morbidität und Melancholie entführt den Betrachter in die dunklen Tiefen des menschlichen Unterbewusstseins.  Kein Wunder, dass Carolein Smit mit ihren Kreaturen international für Furore sorgt, was die Künstlerin sowohl verwundert als auch amüsiert: „Ich forme meine Kreaturen für mich selbst – um mein Gehirn zu organisieren und gute Laune zu bekommen!“ Es scheint also hinter den verführerischen Zerrbildern ein unergründlicher Humor zu stecken, der schwer zu verstehen, und vor allem auch schwer zu verdauen ist. Ob ihr ihre geheime Botschaft entziffern könnt, findet ihr nur he-raus, wenn ihr euch auf die kleine Reise in die Unterwelt einlasst. 

INFO: Die Ausstellung ist noch bis zum 30. September 2018 im GRASSI-Museum für Angewandte Kunst zu sehen | geöffnet Di bis So 10 – 18 Uhr