Groove-Pop | Klassik meets Electro | Krautrock-Dub | Atmosphärischer Dreampop-Folk 4 x neue Musik aus Berlin: Alice Merton, Nils Frahm, Die Türen, Wolf & Moon

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Januar …

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Januar …

Alice Merton – Mint

© Tim Brüning
Alice Merton hätte schon vor einigen Jahren groß rauskommen können. Die hibbelige Globetrotterin mit Wohnsitz in Berlin hat aber ihren eigenen Kopf und keine Lust auf ein Leben als Pop-Marionette. Also zog sie es einst vor, sämtliche Major-Offerten in den Wind zu schlagen, ihr eigenes Label zu gründen und ihre knackigen Pop-Tunes genauso zu veröffentlichen, wie sie es wollte: unbearbeitet und befreit von jeglichem Kalkül-Schnickschnack. Heute hat ihr erster Hit „Roots“ 7-fach Platin eingefahren, und auch der Rest ihres fulminanten Debütalbums „Mint“ braucht sich vor ähnlich gestrickten Klängen der internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken. Mit authentischer Attitüde, dem richtigen Gespür für langlebige Harmonien und einem erfrischenden Florence-And-The-Machine-meets-Lana-Del-Rey-Sound-Mix im Gepäck zieht Alice Merton im glitzernden Pop-Olymp ihre Runden. Da stehen wir gerne Spalier.

Nils Frahm – Encore 2

© Manuel Wagner
Auf der Suche nach den hellsten Sternen am Firmament der Neoklassik kommt man um den Wahlberliner (und Funkhaus-Booker) Nils Frahm nicht herum. Für seine neue EP „Encores 2“ machte es sich der Tastenzauberer in einem alten Steinbrunnen auf Mallorca gemütlich. Ähnlich intim wie die Vorgänger-Produktion („Encore“) beginnt auch „Encore 2“ mit lieblichen Piano-Harmonien ohne Zusatz. Erst mit Beginn des dritten Tracks („Talisman“) vereint sich Frahms klassische Gerüst mit sphärischen Einschüben aus der Electro-Welt. Während der letzten zwölf Minuten brechen dann urplötzlich alle Dämme: Flirrende Synthies übernehmen das Kommando und verwandeln das eben noch brave Klangbild in ein spaciges Soundgemälde, eingehüllt in Trockebeisnebel und beleuchtet von bezirzenden Strobo-Lichtern. 

 

Die Türen – Exoterik

© Markus S. Fiedler
In Zeiten, in denen Genre-Schubladen in imaginären Klangmuseen verrotten, haben Kunterbunt-Kollektive wie Die Türen Hochkonjunktur. Alles ist erlaubt. Und noch viel mehr. Je skurriler und wahnwitziger sich die Songs aus den Boxen schälen, desto besser. „Exoterik“, das mittlerweile zehnte Studioalbum der Band um Sänger und Medien-Tausendsassa Maurice Summen ist ein Paradebeispiel für detailverliebt arrangierte High End-Experemtierkunst. Auf satten 19 (!) Songs predigen die Berliner die künstlerische Freiheit. Im gänzlich konventionsbefreiten „Exoterik“-Universum trifft verkopfter Krautrock auf hibbeligen Dub-Pop. Und im „Gasthof zur alten Eisenbahn“, da wo zweimal die Woche der „Regionalexpress“ vorbeirauscht, steppt der Psychedelic-Bär. Zwischen schnittigen HD-Sounds und schrulligen Klangfarben aus „Oma“s altem Klang-Farbkasten tanzend, öffnen Die Türen alle Pforten. Während der Mainstream-Konsument irritiert mit dem Kopf schüttelt, dreht der Kenner und Liebhaber alle Regler auf 10. Maurice Summen beschreibt das musikalische Hier und Jetzt als „gelebten Situationismus“. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. 

Wolf & Moon – Before it Gets Dark

© Bake Photography
Der stetige Kampf zwischen Licht und Schatten spielt innerhalb des Klangbildes von Wolf & Moon eine große Rolle. Stets auf der Suche nach einer fein justierten Balance, wagt sich das niederländische Duo mit Wohnsitz in Berlin in Dream-Folk-Pop-Sphären vor, in denen Leichtigkeit und Melancholie einen atmosphärischen Bund geschlossen haben. Die wärmenden Songs ihres Debütalbums „Before It Gets Dark“ erinnern an intime Ausrufezeichen aus den Häusern Bon Iver, The XX und Oh Wonder. Die beiden Wolf & Moon-Protagonisten Stefany und Dennis klonen aber keineswegs nur, sondern garnieren ihre Einflüsse mit eigenständigem Liebreiz und authentischer Frische. So präsentieren sich beispielsweise Songs wie der poppige Handclap-Groover „Getaway“ und das atmosphärische Mystik-Drama „Static Pair“ als Genre-Lichtblicke, die in puncto Detailverliebtheit und Intensität keine Wünsche offen lassen. Freunde dichotomischer Gesänge und stimmungsvoller Klang-Brückenschläge kommen hier voll auf ihre Kosten.