48 Stunden Neukölln: „Kafayı yemek / Ich esse meinen Kopf“ (23. bis 26. Juni)

Berlins größtes freies Kunstfestival 48 Stunden Neukölln findet vom 24. bis 26. Juni statt. Etwa 230 künstlerische Projekte an über 180 Orten setzen sich mit dem Festivalthema „Kafayı yemek / Ich esse meinen Kopf“ auseinander.

Funda Zeynep Ayguler, ENNUI, 2022, „Signal“, 48 Stunden Neukölln 2022. | Copyright: Funda Zeynep Ayguler

Die diesjährige Ausgabe der 48 Stunden Neukölln, Berlins größtes freies Kunstfestival, findet vom 24. bis 26. Juni (Freitag, 19 Uhr bis Sonntag, 19 Uhr) statt. Etwa 230 künstlerische Projekte an über 180 Orten setzen sich mit dem Festivalthema „Kafayı yemek / Ich esse meinen Kopf“ auseinander. Kafayı yemek ist eine der meistbenutzten Redewendungen in der türkischen Sprache und bedeutet übersetzt „seinen Kopf zu essen“.

Die Redewendung kann als heftige, unerwartete Reaktion in dramatischen Momenten genutzt werden, im Positiven wie im Negativen, und ihr Gebrauch im täglichen Leben ist sehr vielfältig. Die am Festival teilnehmenden Künstler*innen haben sich von diesem Thema zu Beiträgen in den unterschiedlichsten Sparten anregen lassen – von bildender Kunst bis hin zu Performances, Musik und Theater.

Im Fokus: Abbau von Barrieren und eine diversere Gestaltung

Seit diesem Jahr wird das Festival von einem neuen Leitungsteam verantwortet: Sharmila Sharma und Siri Ermert organisieren die 48 Stunden gemeinsam mit dem kuratorischen Team um Canberk Akçal, Laura Awad, Viviana Medina, Sadaf Vasaei und Elif Yildirim. Für die kommenden Ausgaben wollen sie sukzessiv neue Formate entwickeln. Der bisherige Fokus auf Kunst im öffentlichen Raum, darunter das bewährte Format der „Signals“, wurde schon für diese Festivalausgabe ausgebaut. Dem neuen Team ist es ein Anliegen, vor allem die dezentrale Struktur des in ganz Nordneukölln stattfindenden Festivals zu stärken.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit wird der Abbau von Barrieren generell sowie eine diversere Gestaltung des Festivals. Aus diesem Grund gibt es schon in diesem Jahr verstärkt Kooperationen mit verschiedenen Initiativen und Veranstaltungsformaten in Neukölln und darüber hinaus, darunter das IÇ IÇE-Festival für neue anatolische Musik und das Kunstbildungsprogramm Ubuntus e.V., das seinen Fokus auf politische Gegenwartskunst und unter anderem das Thema „Zugang zum Kunst-Sektor“ legt. Internationale Kooperationen wie die seit 2017 bestehende Zusammenarbeit mit dem dänischen Trekant-Festival werden fortgeführt.

Acht „Signals“ in Nordneukölln als Anlaufpunkte fürs Publikum

Verteilt über das gesamte Festivalgebiet in Nordneukölln bieten acht „Signals“ dem Publikum konkrete Anlaufpunkte für eigene Entdeckungen im vielfältigen Programm:

  • Die Augmented-Reality-Installation „ENNUI“ von Funda Zeynep Ayguler zeigt zwei digitale Figuren, die gelangweilt und müde auf einer verlassenen Tankstelle (Sonnenalle 9) sitzen.
  • Auf dem Richardplatz erkundet die neunkanalige Soundinstallation „I love you, Seni seviyorum, Ich liebe Dich“ von Shona Stark die diversen Bedeutungen und Emotionen hinter der wichtigsten Aussage unserer Sprache der Liebe.
  • „Du siehst mich mit einem Auge, ich seh‘ dich mit zweien“ ist eine interaktive Videoinstallation von Wael Toubaji in der Passage (Karl-Marx-Straße 131), die die Verlegenheit in den Blicken der Menschen Nordeuropas widerspiegelt.
  • Ebenfalls in der Passage installieren brustudio mit „WOMB“ einen mit Klang und Licht synchronisierten Ort, der es ermöglicht ganz man selbst zu sein.
  • Auf dem Balkon am Körnerpark (Schierker Str. 8) lädt das interdisziplinäre Team von Rurbane Realitäten dazu ein, die eigenen Emotionen in der gemeinsamen Installation „Entangled Emotions“ zu verweben und so die Gefühle der Nachbarschaft sichtbar zu machen.
  • Julia Frankenberg bietet mit dem „Squirt Eis“ Gelegenheit zu Gesprächen über weibliche Sexualität und den Gender Data Gap, ihre Squirt-Eis-Rikscha steht im Prinzessinnengarten Kollektiv Berlin (Neuer St. Jacobi Friedhof, Hermannstr. 99-105).
  • Am Sasarsteig sucht das Kiezkollektiv nach Zuckerwattemomenten, die uns immer wieder aufatmen lassen, und macht auf einer Memory-Wand die Nutzer:innen des vernachlässigten Treppenaufgangs sichtbar: „Sugarcoating Sasarsteig“.
  • Für ihr Projekt „Not on a Map“ sammelt das Kunstkollektiv Trial and Theresa mit umgebauten Fahrrädern Bilder und Stimmen aus Neukölln und projiziert sie an wechselnden Orten wieder zurück in den Kiez.

Neues Leitsystem und kostenlose Spaziergänge der Kunstvermittlung

In diesem Jahr wurde mit dem Architekturkollektiv Waschbeton ein neues Leitsystem entwickelt, um den Besucher*innen den Einstieg in das umfangreiche Programm zu erleichtern. Weithin sichtbare Infopoints sollen dem Publikum an drei Stellen im Festivalgebiet die Möglichkeit bieten, sich analog über das dezentrale Programm zu informieren. Die dreieckigen Strukturen finden sich am Hermannplatz, am Herrfurthplatz und an der Ecke Richardstraße/Jan-Hus-Weg.

Hier geben auch Helfer*innen Auskunft zu den Veranstaltungen aller Sparten im öffentlichen Raum, in Neuköllner Projekträumen, Wohnungen und Ateliers. An den Infopoints starten auch die kostenlosen Spaziergänge der Kunstvermittlung, die mit Moderationen in mehreren Sprachen – darunter Deutsch, Türkisch und Englisch – verschiedene Ziele im Festival ansteuern. Wer sich selbständig auf den Weg machen möchte, kann sich an den Infopoints und auf dem Festivalplan auf Papier über mögliche Routen durch das Festivalgebiet informieren.

Warm-up-Veranstaltung im Eisstadion Neukölln am 23. Juni

Das Festival beginnt in diesem Jahr bereits am Donnerstag, den 23. Juni mit einem Warm-up im Eisstadion Neukölln. Unter dem Titel „buzları eritmek / breaking the ice / das Eis brechen“ organisiert das Kunstfestival gemeinsam mit IÇ IÇE – Festival für neue anatolische Musik erstmalig eine Auftaktveranstaltung, bei dem sich lokale Kulturschaffende und Initiativen, Festivalmacher*innen und -besucher*innen untereinander vernetzen können.

Unter freiem Himmel findet auf der trockengelegten Eislaufbahn ein vielfältiges Programm mit Live-Musik, Spoken-Word-Performances, Kunst und einer Podiumsdiskussion zur Frage nach der Diversität im Berliner Kulturbetrieb statt. Die Veranstaltung ist Teil des Kultursommerfestivals und für alle kostenlos zugänglich.

Festival Warm-up
buzları eritmek / breaking the ice / das Eis brechen
Do, 23. Juni 2022, 17–23 Uhr
Ort: Eisstadion Neukölln, Oderstraße 182, 12049 Berlin
18 Uhr: Begrüßung durch Karin Korte, Bezirksstadträtin für Bildung, Schule, Kultur und Sport in Neukölln

www.48hnk.de