Blackbox #10 – Krautrock im Bröhanmuseum

Eine Ausstellung im Bröhan-Museum zeichnet ab dem 2. März in rund 80 Konzertplakaten ein lebendiges Bild der Musikszene einer bewegten Dekade

Plakat Pop Festival Berlin 72, Eckhart Bauer (1972). Sammlung POPDOM Siekmann. Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Unter dem Begriff „Krautrock“ wurde die Musik der westdeutschen Subkultur der 1970er-Jahre international populär. In der Ausstellung im Bröhan-Museum in Charlottenburg zeichnen ab dem 2. März rund 80 Konzertplakate aus einer privaten Sammlung ein lebendiges Bild der Musikszene dieser bewegten Dekade.

„Krauts“ war während des Zweiten Weltkriegs das gängige Schimpfwort für die Deutschen. Mit Beginn der 1970er Jahre setzte die Plattenindustrie „Krautrock“ als Schlagwort für ihre Werbekampagnen ein. Die 68er-Bewegung hatte auch der deutschen Musik zu einem neuen Aufbruch verholfen. Die Protagonisten des Krautrock kamen meist aus bürgerlichen Familien, waren vielfach vom linken, teils radikalen, Geist von 68 angesteckt – alles wurde zur Disposition gestellt, alles sollte neu und anders werden.

Lustvolle Selbstverwirklichung, anarchische Klangexperimente

Bands wie Amon Düül, Guru Guru und Kraan lebten in Kommunen, Musiker experimentierten mit Drogen, suchten nach spiritueller Erfahrung und der freien Liebe. Man definierte sich als Kollektive, die ihre Musik zum Teil über eigene Plattenlabel im Selbstvertrieb verkauften. Ein neuartiger Sound entstand oft schon durch das Fehlen von professionellem Equipment, das durch selbstgebaute Instrumente ersetzt wurde. Die Abgrenzung vom Etablierten und die lustvolle Selbstverwirklichung führten zu anarchischen Klangexperimenten wie bei Kluster, Can und Faust und exzessiven Performances von Limpe und Paul Fuchs.

Direkte Konfrontation mit dem politischen System

Andere, wie Floh de Cologne und Ton Steine Scherben, suchten die direkte Konfrontation mit dem politischen System. Obwohl Krautrock als genuin deutscher Beitrag zur Musikgeschichte gilt, war das Krautrock-Universum keine geschlossene Gemeinde. Bands wie Brainticket, Xhol, Emergency und Lucifer‘s Friend spielten in internationaler Besetzung. Embryo unternahmen mit ihren Bandbussen weite Reisen, um mit Musikern anderer Länder und Kontinente zu fusionieren und sich neue Klangwelten zu erschließen.

Versierte Gestalter, wie Jürgen Spohn, Reinhard Hippen, Karl Oskar Blase, Holger Matthies, Jürgen und Falk Rogner, Günther Kieser und Emil Schult, schufen ikonografische Plakate von großer visueller Kraft. Oftmals wurden Konzertplakate aber auch mit dem trotzigen Mut des Autodidakten selbst gebastelt. So entstanden Zeitdokumente mit einer ganz eigenen Ästhetik, die erstmals in einer Ausstellung thematisiert werden.

Die Ausstellung läuft bis zum 24. April 2022.

www.broehan-museum.de