Direkt auf der Warschauer Straße betreibt der Urberliner Alexander Markusch sein Domizil. alexguitars hat er sein Gitarrengeschäft für Reparatur, Tuning und Bau getauft, und der Name ist Programm: Alex ist am Alex in der Alexanderstraße aufgewachsen. Seit fünf Jahren betreibt er seine Werkstatt am Rand von Friedrichshain und nahe Kreuzberg, mitten drin in der Musikerszene.
In der DDR, Anfang der achtziger Jahre, fing Alex an, Gitarren zusammenzuschrauben: „Aufgrund der Mangelwirtschaft fehlte hier und da etwas, man musste viel erfinden – Abteilung Jugend forscht“, erinnert er sich. Über Verwandte hat sich Alex damals Tonabnehmer aus dem Westen liefern lassen.
In Weimar hat er später Musik studiert und sich schon damals als Gitarrenbauer bei den Kommilitonen beliebt gemacht. Als dann Buzz Dee von den heutigen Metal-Ulknudeln Knorkator Ende der achtziger Jahre auf ihn zu kam, stand Alex seine Zukunft glasklar vor Augen. „Ich sollte ihm eine super Stratocaster mit Humbucker, tausend Schaltern und Floyd Rose bauen. Aus irgendeinem Holzscheit habe ich alles mit der Hand ausgesägt.“ Aber dass man E-Gitarren baut, durfte man damals in Weimar nicht erwähnen. „Brettgitarren, damit warst du eine völlige Pfeife – wie Gokart für den Formel-Eins-Fahrer.“
Hölzer aus aller Welt
Heute arbeitet Alex mit dem Gitarrenhersteller Gibson in Deutschland zusammen und trifft dadurch auf Musiker aller Coleur, vom Todesmetaller bis bis zum Bluesspieler. „Seit mehreren Jahren arbeite ich für Slash. Er ist ein super-sensitiver Künstler, er merkt jede kleinste Veränderung an seinen Gitarren – im positiven Sinne. Letztes Jahr fragte er mich in der Zitadelle, ob ich es schaffe, alle seine Gitarren in zwei Tagen zu justieren. Das war ein Riesenkompliment.“
Alex betreut aber nicht nur, sondern baut Gitarren auch selbst: „Nagelneue Teile – Telecaster, Gallagher- Stratocaster.“ Die richtigen Hölzer besorgt er sich in aller Welt. „Wenn wir Instrumente bauen, dann mit richtig alten, abgelagerten Hölzern.“ Dafür reist Alex durch die Welt und klopft Bretter ab. „Vom Auftrag bis zur Fertigstellung inklusive Wartezeit braucht unsere Gitarre ein gutes halbes Jahr.“ Stolze Besitzer der von Alex gebauten Gitarren sind so große Musiker, dass man schlucken muss: Metallica-Gitarrist und -Sänger James Hetfield hat sich eine anfertigen lassen, Björn Gelotte von In Flames ebenso wie Richie Faulkner von Judas Priest. Und der Berliner hilft Bands wie Slipknot und Limp Bizkit.
Alex kümmert sich um Kinder mit Ikea-Gitarre ebenso wie um Gitarrengötter
In seiner Werkstatt hat er selbst Hilfe, „Sascha und meine Praktikanten nehmen vom Tagesgeschäft was ab. Saiten runternehmen, Instrumente putzen, Griffbretter pflegen.“ Wenn die Gitarre dann vorbereitet offen liegt, kann er wie ein Chefarzt in den OP treten. „Gerade bei zickigen Lötsachen und alten Instrumenten ist das Chefsache.“ Kunden sollten für einfache Setups und Grundeinstellungen zwei bis drei Werktage einplanen, für „größere Operationen im Schnitt fünf bis sieben Werktage. Wenn jedoch irgendwo die Jacke brennt und morgen Mucke ist, machen wir auch mal eine Nachtschicht.“ Akustik- und E-Gitarren, Alex macht alles.
Aber wenn es um Restaurierungen von Lauten geht, verweist er an Kollegen. „Technisch kann ich das sicher auch, aber das ist meine Philosophie: Es geht um mehr. Instrumente und ihren Sound zu begreifen. All die Feinheiten – die Lackrezepturen der einzelnen Italiener, das ist ja alles eine Wissenschaft.“ Was noch Teil seiner Philosophie ist: Nicht nur auf hochempfindliche Prüfgeräte verlassen, zum Beispiel für die Saitenlage. „Das ist nur die Basis, von dort aus startest du mit der subjektiven Einstellung. Manchmal lachen mich die Leute aus und sagen, das sei Voodoo- Scheiß“, grinst der Sympath verschmitzt. Trotz all der Größen, für die Alex arbeitet, muss man keine Scheu vor ihm oder seinem Laden haben. Ein Setup kostet 50 Euro, Reparaturen fangen beim Fünfer an. Einen guten Rat bekommt man von Alex auch immer. „Wir beraten die Leute sauber und passend, nicht nachdem, was angesagt ist. Es gibt so viele falsche Mythen. Ich selbst habe als junger Mensch so viel Geld in die Tonne getreten, weil ich alles geglaubt habe.“
Im gleichen Hinterhof von alexguitars liegen Proberäume, deren Punk- und Thrash-Metal-Bands auch gern vorbeikommen. Das Motto ist: Hauptsache Gitarre. „Ein Gitarrist wie James Hetfield hat 15 Gitarren auf der Bühne und zu Hause vielleicht zehn Mal so viele. Wenn da eine Gitarre nicht in Ordnung ist, nimmt er die Nächste. Wenn Mutti mit Tochter kommt, die nur eine Gitarre von Ikea hat und die kaputt ist, kann sie eine Woche lang nicht üben. Das hat für das Kind die zehnfache Wichtigkeit als für einen Slash. Oder wenn du nur einmal im Monat deine Mucke vor 50 Leuten hast – darauf arbeitest du hin! Alles dreht sich darum, für die Leute ist dieser Moment das Wichtigste.“
Mehr Infos: www.alexguitars.de