Zwischenbilanz Drei Jahre deutscher Glücksspielstaatsvertrag

Deutschland und sein Glücksspiel waren lange Zeit eine Geschichte voller Irrtümer und Fehleinschätzungen. Dies betraf vorwiegend die Auswirkungen des Internets auf die Branche, die hierzulande lange Zeit strikt abgeschottet war.

Die politischen Entscheidungsträger legten Wert auf ein Monopol, das mit dem „Öffnen der digitalen Grenzen“ durch das Internet nicht mehr zu halten war. Daneben drängten zahlreiche Anbieter aus dem Ausland auf die Einhaltung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, die es Unternehmen erlaubt, im ganzen Bereich der Europäischen Union tätig zu werden.

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Die deutschen Spieler:innen haben so viel Auswahl wie noch nie

Mehr Schutz und ein freier Markt

Die jahrelangen Rechtsstreitigkeiten endeten schließlich mit einem Sonderweg von Schleswig-Holstein, das als erstes Bundesland Lizenzen für ausländische Glücksspielanbieter vergab. Doch es sollte noch neun Jahre dauern, bis sich die restlichen deutschen Bundesländer diesem Weg der Öffnung anschließen.

Mit 1. Juli 2021 trat der neue deutsche Glücksspielstaatsvertrag in Kraft und brachte nicht nur eine Liberalisierung, sondern auch einen verstärkten Spielerschutz. Damit trugen die Ministerpräsidenten der faktischen Realität Rechnung, die das Internet zuvor geschaffen hatte. Seither haben deutsche Spieler die Möglichkeit, auf Casino.org für deutsche Spieler passende Casinos zu finden und auszuwählen. Die Marktöffnung hat zahlreiche Betreiber von ausländischen Online-Casinos dazu gebracht, um eine heimische Lizenz anzusuchen und sich der neuen gültigen Gesetzgebung zu unterwerfen.

Damit hoffte der Gesetzgeber, den seit jeher bestehenden Schwarzmarkt auszutrocknen und gleichzeitig den Spielerschutz für die Deutschen zu verstärken. Jetzt, mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des deutschen Glücksspielstaatsvertrages, ist der Zeitpunkt gekommen, ein erstes Resümee über die Wirksamkeit zu ziehen.

Das Resümee fällt gemischt aus

Immerhin sieht das Gesetz vor, dass die Maßnahmen im Jahr 2026 evaluiert werden müssen. Je nach Ergebnis dieser Evaluierung ist mit weiteren Anpassungen zu rechnen. Das Zwischenresümee fällt jedenfalls gemischt aus.

Einerseits konnte Deutschland mit der Beschlussfassung des Glücksspielstaatsvertrages den ewigen Streit mit der Europäischen Kommission beilegen, andererseits haben die Maßnahmen bisher nicht ihre volle Wirkung entfaltet. Studien zeigen, dass der Anteil des Schwarzmarktes in Deutschland immer noch sehr hoch ist. In den jeweiligen Sektoren des offiziellen Marktes gibt es sowohl Anstiege als auch Rückgänge zu verzeichnen.

Noch immer gibt es zahlreiche Betreiber von Online-Casinos, die zwar über eine Lizenz eines EU-Mitgliedsstaates verfügen, aber noch keine entsprechende Genehmigung in Deutschland beantragt haben. Da es hierzulande keine technischen Hürden, wie Netzsperren, gibt, können Spieler auch weiterhin auf diese Angebote zugreifen.

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Der Schwarzmarkt bleibt herausfordernd

Das macht die Eindämmung des Schwarzmarktes zu einer Herausforderung. Studien zeigen, dass die deutschen Spieler zu einem Drittel bei Anbietern mit EU-Lizenz spielen. Jeder Fünfte greift auf Online-Casinos mit einer Offshore-Lizenz zu. Noch deutlicher wird die Lage, wenn man die Umsätze betrachtet. So sollen rund drei Viertel der Gesamtumsätze auf dem Schwarzmarkt erzielt werden. Damit würden Deutschland als Lizenzgeber einige hundert Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen.

Diesen Zahlen widerspricht die in Halle (an der Saale) ansässige Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder allerdings energisch. Sie verweist auf interne Untersuchungen und schätzt den Schwarzmarkt als verschwindend gering ein. Gleichwohl weist sie darauf hin, dass es in Deutschland weiterhin mehrere hundert nicht lizenzierte Betreiber gäbe. Eine eigene White List weist die legalen Angebote auf der Webseite der Behörde aus.

Vorteil Ausland?

Doch davon abgesehen zeichnen sich nach drei Jahren Erfahrung mit dem Glücksspielstaatsvertrag einige Punkte ab, die einer Nachjustierung bedürfen. Die Glücksspielverbände weisen darauf hin, dass der Gesetzgeber in einigen Vorschriften übertrieben hat. Diese würde dazu führen, dass ausländische Anbieter einen Vorteil gegenüber in Deutschland lizenzierten Betreibern haben und diesen für sich nutzen können.

Dies beginnt bei einer größeren Vielfalt bei Sportwetten und Casinospielen. Diese sind derzeit durch das Gesetz massiv eingeschränkt, das leitet die Kundenströme in den Schwarzmarkt um. Die Wartezeit, die entsteht, wenn Spieler von einem Betreiber zum nächsten wechseln wollen, ist zu lange. Dies gilt sinngemäß auch für die Genehmigung neuer Anbieter durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder.

Die Begrenzung der Spieleinsätze bei Spielautomaten sei zu niedrig angesetzt, auch diese Grenze bevorzuge ausländische Betreiber. Die Besteuerung solle, wenn es nach dem Willen der Branche geht, zukünftig auf Basis der Bruttospielerträge, statt wie bisher auf Basis der Spieleinsätze erfolgen.

Diese derzeit gültigen Werbebeschränkungen kämen vorwiegend den nicht lizenzierten Anbietern zugute. Sie sind keinerlei Einschränkungen unterworfen, das verschaffe ihnen einen unfairen Vorteil. Google hat darauf bereits reagiert und verbietet seit Kurzem kommerzielle Werbeanzeigen nicht lizenzierter Online-Casinos in Deutschland.

Das Netz droht zu reißen

Zudem haben sich staatliche Spielbanken die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages zunutze gemacht und ermöglichen es ihnen in den Bundesländern Bayern und Schleswig-Holstein, online Tischspiele wie Roulette zu spielen. Damit konkurrenzieren sie Online-Casinos, denen diese Möglichkeit laut Gesetz verwehrt ist. Schleswig-Holstein vergibt sogar eigene Lizenzen dafür, diese gelten jedoch nur für Spieler aus diesem Bundesland. Damit eröffnet der Glücksspielstaatsvertrag neuerlich die Möglichkeit, unterschiedliche Regeln in unterschiedlichen Bundesländern zu erschaffen.

Diese Entwicklung kann nicht im Sinne der Erfinder sein, daher sollte es im Zuge der vorgeschriebenen Evaluierung zu einer Neubewertung dieser Paragrafen kommen. Rheinland-Pfalz hat bereits festgestellt, dass es sich einer Weiterentwicklung des Glücksspielstaatsvertrages nicht in den Weg stellen wird. Dieser ist noch bis zum Jahr 2028 gültig, bis dahin sollten sich die Länder über die weitere Vorgangsweise einigen. Schließlich wäre eine neuerliche Zersplitterung von Vorschriften nicht hilfreich, wenn es darum geht, einen geregelten Markt mit klaren Vorschriften aufrechtzuerhalten.

Die Attraktivität der deutschen Angebote muss mit jenen aus dem Ausland mithalten können, sonst bleibt der Schwarzmarkt in der jetzigen Form bestehen.