„Es ist oftmals so, dass man nach außen hin noch argumentiert, aber innerlich schon weiß, was man machen wird.“ Interview: MIA

Seit 25 Jahren macht die Band Mia Musik und ist momentan mit ihrem siebten Album „Limbo“ auf der gleichnamigen Tour. Am 9. Dezember spielen sie auch in Leipzig im Täubchenthal. Wer so lange schon im Musikgeschäft arbeitet, hat eine Menge zu erzählen. Wir haben mit Sängerin Mieze gesprochen.

© Anna K.O

Ihr macht seit Ende der 90er Jahre Musik und vor 20 Jahren erschien euer erstes Album „Hieb und StichFEST“. Wie unterscheidet sich die Musik, die MIA heute macht, zu der von früher?


Was, glaube ich, ein eklatanter Unterschied ist, ist, das wir alle unsere Instrumente besser beherrschen. Also von der Gitarre über das Schlagzeug bis zur Stimme sind wir alle Profis an unserem Instrument geworden. Ich finde, man hört auch auf der ersten Platte, wie ich meine Stimme suche. Ich singe Deutsch, Englisch, viel Kopfstimme und experimentiere mit der Bruststimme. Heute ist das anders. Außerdem finde ich, dass sich Platte und Live immer mehr angenähert haben. Früher waren da die Unterschiede viel größer.

Die Band ist nicht nur beruflich miteinander verbunden, sondern auch in einer jahrelangen Freundschaft. Was ist euer Rezept dafür, dass es bei euch harmonisch zugeht?


Ich würde sagen Bewegung. Da gehört natürlich auch ganz viel Glück dazu. Bei uns in der Gruppe hat sich auch wahnsinnig viel getan. Also wer für was zuständig ist und wer was macht und ich finde, jeder kann immer besser und immer weiter seinen Talenten nachgehen. Sollte jemand das Gefühl haben, etwas anderes machen zu müssen, dann geht das und wir machen dafür Raum. Andy und Bob haben auch beispielsweise viele andere Projekte, wo sie mitwirken. Es herrscht da schon sehr viel Freiheit bei uns. Da versuchen wir, alles unter einen Hut zu bekommen. Wir haben auch immer darauf geachtet, dass es sich, so gut es geht, mit unseren Familien und den Kindern vereinbaren lässt. Denn das ist für uns alle das Wichtigste. Wenn man innerhalb der Familie froh ist, kann man auch guter Dinge auf Arbeit gehen. Das wissen, glaube ich, auch alle.

Was würdest du im Rückblick auf deine Karriere anders machen und was nicht?


Wir hatten da mal zehn Monate Pause und die habe ich nicht genutzt. Ich fand das vollkommen unangemessen, dekadent und unangenehm, so lange nicht zu arbeiten. Da habe ich mir die zehn Monate wirklich vollgeballert mit Arbeit. Ich war so am Ende und kaputt, dass ich zu unserem ersten Treffen gegangen bin und fragen wollte, ob ich noch mal sechs Wochen Urlaub haben kann. Alle anderen haben natürlich die Zeit richtig genutzt und waren tiefenentspannt. Aber man muss auch sagen, ohne diese Zeit hätte ich wahrscheinlich „Fallschirm“ nicht geschrieben. Es heißt ja „Ich zurück von einer Reise um die ganze Welt“ und ich liebe den Song so sehr. Es ist eines meiner Lieblingslieder und deshalb kann ich dieser Zeit auch nicht sauer sein. Ich hätte es vielleicht nur gerne anders gemacht.

Welchen Tipp hättest du als Newcomer gerne bekommen?


Was mir sehr geholfen hat, war Musik mit den unterschiedlichsten Menschen zu machen. Ich habe lange auch in Studios gesungen, ohne Geld dafür zu bekommen, einfach, um Erfahrungen zu sammeln. Da habe ich die verschiedensten Stile ausprobiert, bis ich meine Stimme gefunden habe. Vielleicht ist der wichtigste Tipp: seinem Bauchgefühl zu vertrauen. Wenn du meinst, es stimmt etwas nicht, dann stimmt etwas nicht. Wenn du das Gefühl hast, du musst etwas Bestimmtes machen und du spürst, das wäre der nächste Schritt, dann mach das. Das sind deine Erfahrungen und die kann dir niemand nehmen. Das ist so individuell. Ich würde beispielsweise nie Tipps zum Thema Veröffentlichungen geben, weil es unendlich viele Möglichkeiten gibt und jeder seinen eigenen Weg finden muss.

Wir haben aber darüber hinaus auch gelernt, mit Kritik umzugehen und dass man sich schon genau seine Leute suchen muss, von denen man Kritik annimmt. Ich glaube, Kritik ist im Internet noch mal ein anderes Thema, als es bei uns war. Wir haben da unsere Lehren eher aus der Presse gezogen, wo es ja sehr viel Feedback gab, welches nicht immer positiv war. Wir waren vielen Leuten zu laut, zu wild, zu unberechenbar und da zu begreifen, dass man nicht jedem gefallen muss, ist sehr wichtig. Jede Anpassung, nur um ja keinem auf dem Schlips zu treten, wird auch Musik hervorbringen, die kein Rückgrat hat. Also, darum darf es nie gehen.

Ihr holt eure Tour zum Album „Limbo“ gerade nach. Am 9. Dezember kommt ihr nach Leipzig. Worauf freust du dich?


Ich liebe Leipzig! Meine Freundin Anna hat auch lange dort studiert und wir haben oft die Gelegenheit gehabt, eine gute Zeit in der Stadt zu verbringen. Wir kennen dadurch auch ganz viele Ecken und wenn wir dort spielen, weiß ich auch immer schon genau, wo ich hingehen möchte und schau, ob die alten Cafés, bestimmte Brücken und Graffitis noch da sind. Ich weiß das auch sehr zu schätzen, also die Menschen und die Stadt. Die Konzerte sind dort auch immer total bunt. Die Leute kommen mit Glitzer geschminkt, verkleidet, textsicher und mit richtig viel Bock auf
Tanzen.

Was ist das Absurdeste, was euch vor, während oder nach einem Auftritt mal passiert ist?


Wir haben mal in Wien gespielt und alles lief super, bis zu der Sekunde, als wir auf die Bühne sollten. Genau in dem Moment ist nämlich der Strom ausgefallen. Das war im Flex, einem ziemlich kleinen Laden in Wien und aus Sicherheitsgründen mussten dann alle raus. Ich glaube, es war Januar und keiner wusste so wirklich, ob wir spielen. Und ich hatte so ein Megafon und eine Sirene und erinnere mich daran, wie ich irgendwann auf dem Dach unseres Nightliners gestanden und gerufen habe „Leute, es geht weiter!“ Und dann sind alle wieder in den Club und wir haben gespielt. Das werde ich bestimmt nicht vergessen.

Im ersten Song, der auch „Limbo“ heißt, singt ihr „Zwischen Übermut und Verstand“. Wer ist bei euch der Typ, der aus dem Bauch raus Entscheidungen trifft und wer durchdenkt die Dinge mehr und entscheidet rational?


Ich glaube, man hat das immer mal, dass man sich den Kopf zerbricht. Es ist oftmals so, dass man nach außen hin noch argumentiert, aber innerlich schon weiß, was man machen wird. Ich glaube, wir sind in der Band da eine gute Mischung. Andy sagt immer, er sei der Optimist, ich die realistische Optimistin, Bob der pessimistische Realist und Gunnar der Pessimist. Wenn du ihn fragst, haben wir in der Band eigentlich alles vertreten und das macht es, glaube ich, aus.

Ihr verarbeitet in eurer Musik auch Probleme des Alltags auf eine sehr positiv- optimistische und zuversichtliche Art und Weise. Was lässt euch gerade aktuell den Kopf nicht in den Sand stecken? Wie bleibt ihr immer noch optimistisch?


Das frage ich mich manchmal selbst und ich bin auch nicht immer optimistisch. Wahrscheinlich, so wie es allen Menschen geht, habe ich diese Sehnsucht, dass es gut weitergeht. Ich habe eine tolle Familie, die es mir unheimlich erleichtert, morgens aufzustehen und loszulegen. Wenn man weiß, wofür, ist das schon sehr viel wert. Ich selber höre ja beispielsweise auch Musik, um in bestimmten Situationen Kraft zu schöpfen. Und deswegen machen wir ja auch Musik. Wir stecken da Kraft und Liebe rein und das ist dann das, was da rauskommt.

Worauf dürfen sich die Fans beim Besuch eurer Tour freuen?


Wir haben natürlich alle Lieblingslieder vorbereitet. Aber auch heiß geliebte Kostüme, die sehr viel Bock gemacht haben beim Vorbereiten. Es wird eine neue musikalische Phase zu entdecken geben, die man so nicht erwartet. Etwas, was mich als Facette von mir besonders glücklich macht. Aber ich will nicht zu viel verraten.

Was können die Fans in Zukunft von euch erwarten? Ist das mittlerweile achte Studioalbum schon geplant?


Musik ist schon im Kopf und auch schon in Planung, aber soweit möchte ich gerade noch nicht vorausdenken. Ich habe das starke Bedürfnis, diese Tour zu spielen und denke auch nur bis zum 31.3.2023. Dass die Tour so stattfindet, ist überhaupt keine Selbstverständlichkeit und da will ich einfach im Moment sein.

Instagram: @mia.official | www.miarockt.de