Poker als Sport: Ein Glückspiel mit zweifelhaftem Image im Wandel

Poker ist in den USA wie inzwischen auf in Europa ein echter Sport, der heute in großen Turnieren mit hohen Preisgeldern ausgetragen wird. Im Januar 2020 findet in Berlin erneut das WPTDEEPSTACKS Event statt.

Wer an Poker denkt, hat sofort das Bild von verrauchten Hinterzimmern im Kopf, wo ein paar zwielichtige Gestalten mit Zigarren im Mund, Knarre unterm Tisch und dem Ass im Ärmel um die dicken Geldscheinbündel am Tisch zocken. Doch die Realität könnte nicht anders aussehen als wir das Kartenspiel aus alten Mafiafilmen kennen. Poker ist in den USA wie inzwischen auf in Europa ein echter Sport, der heute in großen Turnieren mit hohen Preisgeldern ausgetragen wird. Im Januar 2020 findet in Berlin erneut das WPTDEEPSTACKS Event statt, bei dem der Sieger stolze 500,000 Euro gewinnen kann.

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Wenngleich Glückspiel in Deutschland online noch immer verboten ist und Poker nur in echten Casinos um Geld gespielt werden darf, hat sich die Szene dennoch gewandelt. Website-Anbieter aus dem Ausland wie auch Spielseiten, auf denen man zwar kein Geld gewinnen, jedoch sein Geschick üben kann, machen Poker immer beliebter. So beliebt, dass das WPTDEEPSTACKS – Deutschlands größtes Poker-Turnier – über die vergangenen Jahre deutlich gewachsen ist. 2018 fand es zum ersten Mal statt und war damals noch ein Neben-Event der World Poker Tour Championship. 245 Teilnehmer generierten damals einen Preispool von insgesamt über 688,000 Euro, der 23-jährige deutsche Dustin Mangold bekam damals ein Preisgeld von fast 135,000 Euro  ausbezahlt. In diesem Jahr wird also um noch weitaus höhere Gewinne gespielt.

Die WPT (World Poker Tour) selbst unterteilt sich in die World Series of Poker sowie die European Poker Tour, die Turnierserie findet bereits seit 2002 jährlich statt und wird in der Saison 2010/2020 an verschiedenen Orten in den USA wie auch in Tokio, Kanada und Russland ausgetragen, sowie von vielen großen Sportsendern im TV übertragen. 

Poker ist nicht nur ein Männersport

Während Poker weitgehen den Ruf besitzt, in erster Linie von Männern gespielt zu werden, stimmt auch das schon lange nicht mehr – das WPTDEEPSTACKS, das vom 7. bis 20. Januar in Berlin ausgetragen wird, besitzt neben Short Deck und High Roller auch ein „Ladies Event“, bei dem Frauen unter sich spielen können. 4 Prozent der professionellen Pokerspieler sind weiblich, natürlich noch ein sehr geringer Anteil, doch die Tendenz ist steigend. Unter dem Hashtag #Queenrules werden Turniere speziell für Frauen abgehalten – „Queen Rule bezeichnet dabei eine neue Strategie des Spiels, bei dem die Königin höhere Wertigkeit besitzt als der König, ganz im Zeichen der Emanzipation. Um beim Poker erfolgreich zu sein, benötigt man strategisches Denken aber auch eine Geduld und Ruhe – Qualitäten, die natürlich nicht nur Männern vorbehalten sind. Pokerschulen bieten inzwischen Kurse zum richtigen Erlernen des Spiels an, und insgesamt erinnert die Szene mittlerweile mehr an Schachturniere als an anrüchiges Zocken.

Pokerspiel besitzt eine lange Geschichte

Bereits im 16. Jahrhundert wurde eine Variante von frühem Poker gespielt, unter dem heutigen Namen ist es seit 1836 bekannt und wurde zunächst von französischen Siedlern in New Orleans verbreitet. Während des Gold Rush dehnte es sich schnell über ganz Amerika hinweg aus, und wurde damals schon weitgehend als Spiel für Schummler bekannt, das vor allem auf Mississippi-Dampfschiffen gespielt wurde. Seit den 70er Jahren, mit Beginn der World Series of Poker, bekam das Spiel einen sportlichen Beigeschmack und verlor seinen weitgehend schlechten Ruf zunehmend. Durch die zunehmende Verbreitung im Internet, besonders in Ländern, wo online-Gambling legal ist, vergrößerte sich die Beliebtheit rapide. Das sprichwörtliche „Pokerface“ wird heute als die Fähigkeit erkannt, strategisch zu denken und durch das sorgfältige Beobachten der Mitspieler zu erkennen, wann man mit einem schlechten Blatt frühzeitig aufgeben sollte.

Sollte Online Poker legalisiert werden?

Das wiederum wirft die Frage auf, ob Poker denn überhaupt ein Glückspiel ist und rechtlich auch so behandelt werden soll, oder eher als Geschicklichkeitsspiel gewertet werden sollte, das ein neues Regelmuster bedarf. Nach den USA gilt Deutschland als die zweitgrößte Poker-Nation der Welt, der Staat behandelt das Spiel jedoch nach wie vor als klassisches Glücksspiel, das nur in lizenzierten Casinos erlaubt ist, sowie in geschlossener Gesellschaft und gelegentlich auch als „Homegames“. Sportwetten sind in Deutschland aber auch online erlaubt, was wiederum die Forderung nach neuen gesetzlichen Bestimmungen für Poker laut werden lässt – ein Spiel, das eben nicht nur Glück erfordert, sondern auch mathematisches, strategisches und psychologisches Geschick. 

Poker wird dank VR-Technologie zum beliebten Videospiel 

Ein weiterer Graubereich entsteht durch neue technologische Entwicklungen, besonders im Bereich Live-Streaming und Virtual Reality. Per VR können sich Spieler von daheim aus an Spielen direkt in Casinos beteiligen, und bekommen dabei sogar einen ganz realen Eindruck vom Geschehen dort – samt 3D- und 360-Grad-Erfahrung. Das wiederum lockt auch immer jüngeres Publikum zu Glückspielen, die so weitaus den Charakter spannender Videospiele bekommen. Moderne Technologie mag also neue Gesetzeslücken auftun, aber auch die Notwendigkeit strikter Regeln in diesem Bereich verdeutlichen, besonders im Hinblick auf Jugendschutz und Schutz vor Spielsucht. PokerStars, der weltweit größte Anbieter von Pokerspielen, trat bereits 2018 mit seinem Produkt „PokerStars VR“ eine neue Ära im Spiel an – eine Software, mit der Spieler per VR ganz in die Realität von Casino-Szenen wie „Macau 2050“ oder „Monte Carlo-Yacht“ eintauchen können. Das Spiel ging Ende November 2018 live und wird über verschiedene Spielplattformen wie Steam vertrieben, im November 2019 wurde es um „PokerStars VR Spies“ erweitert.

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Begeisterte Spieler in Deutschland, die sich natürlich auch Online daran beteiligen möchten, hoffen demnach auf eine Veränderung des Gesetzeslage, die sich den neuen Entwicklungen anpasst. International anerkannte Pokerturniere, die von den wichtigen Sportsenden ausgestrahlt werden, tragen dazu bei, das schlechte Image des Spiels zu wandeln, das sich allerdings über mehr als ein Jahrhundert in den Köpfen der Gesellschaft gefestigt hatte. Es wird also sicherlich dauern, bis auch der Staat die Notwendigkeit erkennt, die bestehende Situation zu überdenken. Bis dahin können sich Poker-Fans jedoch bei Spielen ohne Geldeinsatz, in lizenzierten Casinos oder eben dem Verfolgen von Pokerturnieren live im Fernsehen erfreuen.