Ein Gespräch über Farm-to-Table und den Einfluss des Wetters auf die häufig aktualisierte Speisekarte des Restaurants Vegetarier und Witterung | Bonvivant

Das Bonvivant im Schöneberger Akazienkiez hat sich gleich mit zwei starken Argumenten in der Berliner Gastro-Landschaft ins Gespräch gebracht: als innovatives vegetarisches Restaurant und als spannende Cocktail-Bar. Wir haben vorbeigeschaut und Chefkoch Ottmar Pohl-Hoffbauer im Nachgang ein paar Fragen gestellt …

© Augusta Leigh

Das Bonvivant im Schöneberger Akazienkiez hat sich gleich mit zwei starken Argumenten in der Berliner Gastro-Landschaft ins Gespräch gebracht: als innovatives vegetarisches Restaurant und als spannende Cocktail-Bar. Wir haben vorbeigeschaut und Chefkoch Ottmar Pohl-Hoffbauer im Nachgang ein paar Fragen gestellt …

Ihr seid zum ersten Mal auf urbanite vertreten: Erzähl doch bitte ein paar Takte zu eurem gastronomischen Konzept!

Als Bio-Spitzenkoch und Mitglied der Chef Alliance von Slow Food Deutschland vertrete ich mit vegetarischen Speisen Nachhaltigkeit mit Geschmack und ohne Verzicht. Die Produzenten kenne ich persönlich und stimme mein Angebot mit ihren Anbauplänen ab. Bio bedeutet für mich, im Einklang mit der Natur und mit den Jahreszeiten kochen, sodass die Generationen nach uns auch noch gesunde Nahrungsmittel und nutzbare Böden haben. Im Bonvivant sind die Gerichte immer vegetarisch und oft auch vegan.

Wie sieht dein eigener gastronomischer Hintergrund aus?

Meine Ausbildung habe ich im Altenberger Hof in Nordrhein-Westfalen absolviert. Dann ging es über das Weinbaus zur alten Schule Köln zum Hotel Traube Tonbach Baiersbronn und anschließend ins Restaurant Aubergine Köln. Es folgte die Tätigkeit im Restaurant La Société, welches auch einen Stern hat und im Restaurant Hummerstübchen Düsseldorf, das zwei Sterne trägt. Dann ging es für mich nach Berlin – nach Stationen im 40 Seconds und im COSMO Hotel fand ich den Job als Küchenchef im Bonvivant. 

Rein vegetarische Küche ist immer noch keine Selbstverständlichkeit – was gute und weniger gute Aspekte hat. Wo liegen für dich die Reize, die Herausforderungen, vielleicht auch die Hürden?

Die vegetarische Küche bietet eine unglaubliche Vielfalt – sie ist weit mehr als nur Salat, das wissen die Menschen in Berlin mittlerweile auch. Die Herausforderung und zugleich der Reiz sind dabei die saisonale Abhängigkeit, die wir durch das Farm-to-table-Prinzip haben. Klar kann ich nicht immer mit Blumenkohl arbeiten – auch wenn dieser durch die günstige Witterung dieses Jahr bis in den Dezember verwendbar war – doch das brauch ich auch nicht. Ich arbeite mit allem, was mir die Produzenten liefern können, und versuche so wenig Abfall wie möglich zu schaffen. Der Blumenkohl wir dann von Kopf bis Fuß verwendet. So fördere ich meine Kreativität. Manchmal ist weniger eben mehr.  

Auf der aktuellen Winterkarte hat uns die Schwarzwurzel begeistert – ein echter Soulfood-Hit! Woher kam die Inspiration?

Die Inspiration kam aus der französischen Küche, wo die Kombi aus Schwarzwurzel und Trüffel ein echter Klassiker ist. Wir machen dazu Feldsalat und Knöpfle (Spätzle) und haben damit eines unserer Lieblingsgerichte kreiert. Davon bekomme ich nie genug.

Faszinierend fanden wir auch das Bohnentatar, dem man seine Fleischlosigkeit kaum anmerkt. Viele in der vegetarischen Küche gehen ja gerade davon weg, Gerichte so zu gestalten, dass man „den Unterschied nicht merkt“. Wie stehst du zu diesem Thema?

Um ehrlich zu sein, habe ich mir dazu bisher gar nicht so viele Gedanken gemacht. Nach einem Fleischersatz suche ich nicht so fanatisch wie andere. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich kein 100 % Vegetarier bin, obwohl ich schon immer gerne fleischlose Gerichte gekocht habe. Am Anfang war das meist nur Gemüse mit Sauce Hollandaise. Mit der Zeit bin ich immer auf neue Ideen gekommen, also rate ich: einfach ausprobieren! Jeder fängt mal klein an, man muss sich nur was trauen. Zu Hause kochen ich auch fast ausschließlich vegetarische Küche und bei zwei Kindern muss man da echt schon sehr kreativ sein. 

Frisch an diesem Abend hinzugekommen war das Teltower Rübchen. Wie häufig passt ihr die Karte außerhalb der großen Jahreszeitenbewegungen an? Mit einer klassischen Tageskarte arbeitet ihr ja nicht?

Wie oft wir unsere Karte wechseln, hängt von Witterungszuständen, Jahreszeiten und dem Zufall ab. Mit der klassischen Tageskarte arbeiten wir nicht. Im Sommer wechseln wir häufiger als im Winter, in der Regel dann ein Gericht pro Woche. In der kalten Jahreszeit wechseln wir unsere Gerichte alle zwei bis drei Wochen und es kommen ein bis zwei neue hinzu.

Welches der neuen Gerichte stellt in der Küche die größte Herausforderung dar?

Eigentlich alle! Wir sitzen nicht Monate vorher an einer Karte. Die Entwicklung unserer Gerichte läuft parallel zum Geschäft und somit bleibt nie genug Zeit zum Ausprobieren. Das Gericht verändert sich und wird von Abend zu Abend besser. Dabei versuche ich mit meinem Küchenteam auf spannende Kompositionen, erstklassige Qualität und vielfältige Aromen zu setzen. 

Über euer Cocktails reden wir im Detail, wenn eure Barchefin wieder da ist. Nur eines: Auf der aktuellen Karte haben wir kein Tasting Menu entdeckt, für das sich Cocktail-Pairing ja anbieten würde. Damit habt ihr doch sicher schon experimentiert?

Ein Cocktail-Pairing in Abstimmung mit Barchefin Yvonne Rahm bieten wir zurzeit noch nicht an. Das wäre ein spannendes Projekt fürs neue Jahr. Der Service berät trotzdem gern, welcher Cocktail zu welchem Gericht passt. Yvonnes Drinks schmecken bisher jedem. Auch wenn wir keine Pairings anbieten, scheinen wir uns ganz gut – auf natürliche Art und Weise – abzustimmen. 

Bonvivant

Goltzstraße 32 | 10781 Berlin

www.bonvivant.berlin

© Augusta Leigh