Organisator Jens Schwan über den Zug der Liebe Zug der Liebe: Tanzen mit Haltung. Los geht’s!

Der zweite Zug der Liebe startet am 30. Juli und hat eine ganz klare Botschaft: Sich dem Rechtsruck der Gesellschaft entgegenzustellen. Gute Musik gibt’s natürlich auch!

Der zweite Zug der Liebe startet am 30. Juli und hat eine ganz klare Botschaft: Sich dem Rechtsruck der Gesellschaft entgegenzustellen. Gute Musik gibt’s natürlich auch! 

© Jan Grewe
Nicht „Loveparade“, sondern „Zug der Liebe“ …

… der Name ist nicht auf meinen Mist gewachsen! Das war Martin Hüttmann. Der kam mit der Idee um die Ecke, den „Zug der Liebe“ zu machen. Ich bin völlig vom Stuhl gefallen vor Lachen.

Du hast wegen des Titels gelacht?

Naja, komm … Im Nachhinein ist es eigentlich ein guter Titel. Als diese ganze Pegida-Scheiße kam und das auch immer näher an Bekannte und Freunde rückte, die diesen Mist nachplapperten, haben wir gesagt: Jetzt ist die Zeit reif, jetzt machen wir‘s einfach! 

Also war das politische Element der Auslöser und persönlicher Antrieb?

Ja, Pegida war definitiv der Auslöser. Die haben mich so genervt. Letztes Jahr war das für den Zug der Liebe der Grund für ein ganz lautes „Fuck You“ aus Berlin.
Dieses Jahr ist es für mich die AfD, denn ich will auf gar keinen Fall, dass die hier irgendeinen Fuß auf den Boden bekommt. Glücklicherweise ist Berlin zum größten Teil links. Die Brandenburger dürfen ja Gott sei Dank nicht mitwählen. (lacht)

© Jan Grewe
Wie setzt ihr das Politische um? 

Wir machen das wie letztes Jahr. Wir hatten angefangen mit der Frage: Was sind unsere Ziele? Dann haben wir alles aufgeschrieben, was uns genervt hat. Jeder Wagenbetreiber muss vorher ein Statement abgeben: Warum ist er dabei? So haben wir die ganzen Spinner aussortiert, die mit einem Riesentruck mitfahren wollten, um sich selbst abzufeiern. Die Wagenbetreiber dürfen nur 20 Prozent der Fläche für Eigenwerbung nutzen. Die restlichen 80 Prozent kommen den Vereinen zu Gute, sei es zum Beispiel die Tiertafel, Gangway (Sozialarbeit für Straßenkinder) oder Berlin21 (Plattform für verschiedene soziale Projekte). 

Hast du das Gefühl, die Leute nehmen das ernst? Oder geht es eher ums Feiern?

Schöne Frage. Grundsätzlich muss ich mir da selber nichts vormachen. Ich war auch im letzten Jahr nicht zufrieden, was die politische Aussagekraft anging. Witzigerweise war die Versammlungsbehörde sehr zufrieden. Die checken immer, wie viele Plakate und Transparente es gibt. Was das Feiern angeht: Für uns ist die Musik Mittel zum Zweck. Wir wissen ganz genau: Machen wir es ohne Musik, kriegen wir vielleicht so 200 Leute auf die Straße, die wirklich dahinterstehen. Letztendlich ist die Außenwirkung auf die Medien wichtig, wenn es dann heißt, wir hatten 100.000 gegen die AfD auf der Straße. Leider haben wir im letzten Jahr auch enorm viel Gift abbekommen, zum Beispiel auf Facebook. Da sind teilweise Leute, die so etwas sagen wie: „Finde ich geil, dass ihr wieder Love Parade macht, aber ihr seid ja gegen Pegida, jetzt komme ich nicht mehr.“ Wo du dir denkst: Hast du dir vorher jemals die Ziele durchgelesen? Ziel Nummer eins: Gegen Pegida. Steht ganz groß drauf!

© Jan Grewe
Was muss alles beim Organisieren bedacht werden?

Einmal haben wir jetzt das Crowdfunding gemacht. Dann die GEMA. Veranstalterhaftpflicht. Für die Sicherheit ist die Polizei zuständig. Außerdem haben wir zum Beispiel Funkstrecken, damit alle Wagen miteinander kommunizieren können. Technik der Wagen. Tausende von Sachen! 

Wie sieht die finanzielle Planung aus?

Beim Crowdfunding haben wir gesagt: Wenn wir 55.000€ haben, sind wir safe. Dann hätte jeder Wagenbetreiber sein Geld wieder. Bei 15.000€ haben wir die Schwelle gesetzt. Hier würden die Wagenbetreiber mit Minus rausgehen. Die Veranstalterhaftpflicht wird auch teurer dieses Jahr, weil wir mit viel mehr Leuten rechnen. Wir hoffen, dass bei der After-Show-Party noch Kohle reinkommt, sodass wir wieder bei plus minus null landen. Sponsoren und Werbung wollen wir nicht. Wir persönlich verdienen überhaupt kein Geld damit. Aber wenn uns die politische Demo nicht so wichtig wäre, würden wir uns das auch nicht antun, es ist super viel Arbeit. Glücklicherweise zeigt mein Arbeitgeber gerade sehr viel Verständnis. 

© Jan Grewe
Was für Leute möchtest du dabei haben?

Ich wäre sehr glücklich darüber, wenn mehr Leute mit Transparenten kommen. Und ich würde mir wünschen, dass die Leute schon im Vorfeld mitnehmen, dass man bitte nicht, wenn die Freunde irgendwelche politische Scheiße erzählen, einfach „jaja“ sagt. Vielleicht lernen die Leute auch die Vereine kennen und spenden. Letztes Jahr haben manche während des Umzuges den Vereinen das Geld direkt in die Hand gedrückt, was ich sehr geil fand. 

Kannst du schon sagen, wer von den Kollektiven dabei ist?

Das Ding ist, es hängt immer noch alles in der Luft wegen des Crowdfundings. Die Bewerbungsphase ist noch nicht durch. Es sind natürlich wieder viele vom letzten Jahr dabei, z.B. Hangartechno, Wummart, Zurück zu den Wurzeln. Dann haben wir Leute aus Rostock, Dresden, Köln, …

Wo verläuft die Route?

Letzten Endes hängt das immer von der Polizei ab. Geplant ist, in der Karl-Marx-Allee beim Kino International zu starten. Dann geht es rüber zum Holzmarkt bis zur Stralauer Allee und über die Elsenbrücke. Ziel ist die Arena. Ich glaube, wenn wir diese fünf Kilometer haben, sind alle glücklich. Ich laufe nämlich keine 10 mehr! 

Infos: 30.7., Start 12:30 Uhr, Karl-Marx-Allee 7, Afterparty: 30.7. ab 16 Uhr bis 31. Juli 14 Uhr im Magdalena, www.zugderliebe.org