Das Schäbige im Schönen | Italo-Pop | Melancho-Minimal 3x neue Musik aus Berlin: Bettina Köster, Luca Vasta, Dirty Doering

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Juli…

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im Juli…

Bettina Köster: „Kolonel Silvertop“

© Klaus Pichler
Wer unter unseren Lesern beim Namen Malaria! nicht nur an die gern in den Tropen und Subtropen eingefangene Infektionskrankheit denkt, kriegt ein Sternchen. Die Band um Sängerin Bettina Köster hatte Anfang der Achtziger ordentlich Krach in Berlin gemacht, ehe sich die Formation (zu deren Gründungsmitgliedern auch die heute nicht minder bekannte Gudrun Gut gehörte) anno 1984 auflöste. Köster, die „Hildegard Knef des Punk“ (Der Standard, 2009) war jedoch auch solo erfolgreich, und mehr als ein paar Hörern dürfte sie durch den Chicks On Speed-Rework ihres 1991er-Songs „Kaltes klares Wasser“ begegnet sein. Nun erscheint mit „Kolonel Silvertop“ ihr jüngstes Album, das nach einer Straße in Antwerpen benannt ist. Nach einem Gedicht von Pablo Neruda zeigt sich Köster, die unter anderem von ihrer einstigen Malaria!-Kollegin Cristine Hahn unterstützt wurde, von ihrer besten Seite: knarzig, rauchig, mit Blick fürs Schäbige im Schönen, altersweise im besten Sinne des Wortes. Klasse!

Luca Vasta: „Modica“

© Philipp Steinke
Einen Ausblick auf ihr zweites Album liefert unterdessen die Wahlberlinerin Luca Vasta. Die Halbitalienerin dürfte manchem noch mit ihrem Hit „Cut My Hair“ aus dem Jahr 2014 in Erinnerung sein, wendet sich auf ihrem neuen Stück aber ihren Wurzeln zu. Der gemeinsam mit Produzent Philipp Steinke (bekannt unter anderem für seine Arbeit mit Boy) aufgenommene Song ist ein zartes Stück Italo-Pop, das auf einer herzrührend flirrenden Mandoline aufbaut und über viel Herzschmerz schließlich in ein leicht berauschtes Finale mündet. Vasta: „Modica erzählt von meiner Liebe und gleichzeitig auch meiner Zerrissenheit zu meiner Heimat Sizilien. Es ist wie das Durchblättern eines Fotoalbums meiner Jugend: Erinnerungen an die langen Tage am Meer, die Mittagshitze auf der Piazza und Rollerfahren ohne Helm“ – Geschichten, die auch das wunderbare Video erzählt. Nur ein Gedanke: Vielleicht sollte man sich in Italien mal mit dem Gedanken anfreunden, Luca Vasta für eine Teilnahme am Eurovision Song Contest zu erwärmen. Das Timing zumindest stimmt: Die neue LP ist für Anfang 2018 angekündigt.

Dirty Doering: „I Don’t Think So“

Velten Döring, besser bekannt als Dirty Doering, hat es wieder getan. Der Katermukke-Labelgründer und einstige Resident der Bar25, der aber auch in jedem anderen Schuppen von Namen in Berlin an Knöpfchen und Platten gedreht hat, legt mit „I Don’t Think So“ (bereits im Juni erschienen) eine Compilation aus zwei Mixes vor, die es gemeinsam auf stolze 160 Minuten Laufzeit bringen – gerade genug, um die Clubbing-Kernzeit von 2 bis 5 Uhr vor der heimatlichen Anlage zu bestreiten, wenn einem das miese Sommerwetter mal wieder die Party versaut. In der Tracklist der zwei CDs finden sich neben etlichen Eigenproduktionen des gebürtigen Leipzigers auch Tracks von unter anderem Kollektiv Ost, Nu, Rafael Cerato, Jan Mir oder Iannis Ritter & Christopher Schwarzwalder. Melancho-Minimal vom Feinsten.